Kopf der Allianz-Gruppe ist die Holding. Sie führt die Gruppe und ist ihr wichtigster Rückversicherer. Die Funktion als Rückversicherer hat zwei Gründe: Einerseits wird so der Bedarf an Rückversicherung konzentriert. Für eine weitere Rückversicherung (Retrozession) hat die Gruppe eine gute Verhandlungsposition. Andererseits ist die Rückversicherung eine gute Gewinnquelle für die Holding. Das zeigen die positiven versicherungstechnischen Ergebnisse – also Ergebnisse im reinen Risikogeschäft ohne die Erträge aus Kapitalanlagen – des Rückversicherungsgeschäfts, was für einen Rückversicherer sehr ungewöhnlich ist. Die Allianz hat das mit Abstand dichteste Vertreternetz der Branche. Mit Ausnahme des Direktvertriebs, gegen den sich die einflussreichen Allianz-Vertreter heftig wehren, nutzt die Allianz alle Vertriebswege. Schon früh begab sie sich in die Allfinanz: Seit vielen Jahren kooperiert sie mit der größten deutschen Bausparkasse, der Wüstenrot. An ihrer Lebensversicherung ist die Allianz Lebensversicherung mit 40 Prozent beteiligt. Unter den Banken sind die Partner die Dresdner Bank, die Bayerische Hypotheken- und Vereinsbank und die bayerischen Raiffeisenbanken. Mit ihnen arbeitet die Allianz in bestimmten Regionen zusammen.
Machtzentrum Allianz: Befreundete Kontrolleure gesucht
Die Lebensversicherungen gehören zu den größten Vermögens-verwaltern Deutschlands. Mit den über 20 Milliarden €, die die Allianz jedes Jahr neu anlegen muss, könnte sie die Mehrheit bei einem der drei deutschen Chemiegiganten Bayer, BASF und Hoechst übernehmen oder sogar ein Drittel an Daimler kaufen. Im Aufsichtsrat der Allianz AG Holding sitzt die Elite der deutschen Wirtschaft – allerdings ohne viel zu sagen. Vertreten sind beispielsweise der Vorstandssprecher der Dresdner Bank, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH und der Vorstandssprecher der Bayerischen Hypo Vereinsbank. Rund 70 Prozent des Grundkapitals der Allianz Holding liegen in diesen festen Händen. Doch die festen Hände sind mehr oder weniger gebunden: Der Allianz-Aufsichtsrat gilt als vornehmster Ja-Sager-Club Deutschlands. Was Wunder: Die Allianz ist an den meisten ihrer Kontrolleure maßgeblich beteiligt.
Die Aktionäre der Allianz AG Holding | ||
Aktionäre | Anteil der Aktionäre an der Allianz (in Prozent) | Anteil der Allianz an ihren Aktionären |
Münchener Rück | 24,9 | 25,0 |
Dresdner Bank | 10,8 | 21,7 |
Hypo Vereinsbank | 6,8 | 17,4 |
Deutsche Bank | 4,1 | 5,0 |
Bosch | 3,9 | unbekannt |
DaimlerChrysler | 3,1 | 1,1 |
Siemens | 3,0 | 2,6 |
Summe | 49,0 | |
Der Rest ist unter rund 262 000 Aktionären breit gestreut. |
Der andere unauffällige Weg der Allianz zu Macht und Einfluss ist die Gründung von Aktionärs Vereinigungen. Die Gesellschaft für Finanzwerte mbH, Frankfurt, zum Beispiel hat als einzigen Daseinszweck die Bündelung der Aktienanteile mehrerer Partner (Hoechst und mehrere Versicherungen) zu einem Paket von 10 Prozent an der Dresdner Bank, was den Einfluss natürlich vergrößert. Die Vermo Vermögensverwaltung mbH hält ebenfalls 10 Prozent an der Dresdner Bank. Dahinter stehen Hamburg-Mannheimer Versicherung, Deutsche Krankenversicherung (beide Allianz), Victoria, Bayer, Linde und RWE – alles gute Bekannte. Durch die Bündelung der Aktienanteile wird zugleich die Meldegrenze für Beteiligungen wirkungsvoll umgangen. Die Daimler-Beteiligung an der Allianz beispielsweise wird von den Stuttgartern als Kleinstbeteiligung heruntergespielt. Doch durch Bündelung mit Aktienpaketen befreundeter Unternehmen könnte die Allianz durchaus zu gewissem Einfluss kommen. Außerdem ist das Daimler-Paket zum Börsenkurs rund 1 Milliarde € wert. Das Beispiel Allianz zeigt, wie sich Versicherungen systematisch gegen fremde Einflussnahmen abschotten. Das beginnt bei zahlreichen Überkreuzbeteiligungen und hört auf bei der Vinkulierung des Aktienkapitals. Die Allianz Holding als größter deutscher Börsenwert und mit einem Gewicht von rund 10 Prozent im Deutschen Aktienindex (Dax) hat lediglich vinkulierte Namensaktien ausgegeben. Sie können nur mit Genehmigung der Allianz übertragen werden. Wenn die Allianz einen Aktionär ablehnt, dann wird ihm die Eintragung in das Aktionärsregister verweigert.
Dass die Allianz dieses Mittel auch nutzt, hat sie bereits 1954 gezeigt, als das Münchener Bankhaus Merck, Finck & Co. versuchte, seinen Aktienanteil zu vergrößern, und schließlich mehr als 40 Prozent erworben hatte.
Die Allianz lehnte die Eintragung als Aktionär ab, dadurch waren die Aktien nicht stimmberechtigt und damit einflusslos. Der Versuch der Eroberung der Mehrheit endete mit einem Vergleich. Auch in Kleinigkeiten zeigt sich der Widerstand der Versicherer gegen jede Offenlegung. Nach Meinung kritischer Aktionäre sabotiert die Allianz das gesetzliche Einsichtsrecht des einzelnen Aktionärs in das Aktionärsregister. Der Blick in das computergespeicherte Aktienbuch ist zwar gestattet, doch um zu erfahren, welcher Aktionär wie viele Aktien hält, muss jede einzelne Aktie auf den Bildschirm geholt werden. Bei rund 18 Millionen Namensaktien ist das fast eine Lebensaufgabe. Die Münchener Rück hat das gleiche System. Schwestern halten zusammen.