Die deutsche Sozialversicherung gliedert sich im Wesentlichen in fünf Zweige. Sie unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihres Leistungskataloges, der Höhe des Beitragssatzes und der Beitragsbemessungsgrenzen. Für die Versicherten von geringerer Bedeutung sind Unterschiede bei den Trägern und Organisationsformen.
a) Krankenversicherung:
Die Krankenversicherung ist schwerpunktmäßig für die Krankenbehandlung zuständig, Vorsorge- und Präventionsmalinahmen gewinnen erst allmählich größere Bedeutung. Neben den versicherungspflichtigen Arbeitnehmern sind Ehepartner, die selbst weder gesetzlich versicherungspflichtig noch privat krankenversichert sind, sowie Kinder im Rahmen der Familienversicherung kostenlos leistungsberechtigt. Für Krankenhausaufenthalte, quartalsweise Arztbesuche und Medikamente müssen die Versicherten Zuzahlungen leisten, ebenso für Hilfs- und Heilmittel. Es gibt Überforderungsklauseln, die die Gesamtzuzahlungen während eines Jahres auf maximal 2% des Bruttoeinkommens begrenzen.
Versicherungspflicht besteht bis zur Versicherungspflichtgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung. Wessen Einkommen seit mindestens drei zusammenhängenden Jahren oberhalb dieser Grenze liegt, kann sich ersatzweise privat versichern. Bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze wird ein einheitlicher Prozentsatz des Bruttoeinkommens als Versicherungsbeitrag fällig (14,6%, je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tragen (Stand 1. Januar 2009). Hinzu kommt ein 0,9-prozentiger Beitrag für die Versicherung von Zahnersatzleistungen, der vom Arbeitnehmer allein zu tragen ist. Ein Risikostrukturausgleich soll durch Transferzahlungen zwischen den Kassen Unterschiede in der Krankenstruktur ausgleichen. Die von den Kassen erhobenen Beiträge werden seit 2009 in einem Gesundheitsfonds gesammelt, der diese zentral verwaltet und zur Finanzierung medizinischer Leistungen nach Risikoklassen bemessene Pauschalbeträge an die Kassen zurück überweist. Kassen, die damit nicht auskommen, dürfen aber nach definierten Spielregeln einen Zusatzbeitrag erheben.
Die Festlegung eines für alle Kassen einheitlichen Beitragssatzes geht zurück auf das Gesundheitsreformgesetz (eigentlich: Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung, bzw. kürzer: GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, GKV-WSG) vom Frühjahr 2007.
Bereits seit 1. April 2007 sind die Kassen verpflichtet, Kooperations- und Hausarztmodelle anzubieten, durch deren Nutzung die Versicherten sich Beitragsnachlässe oder Prämien sichern können. Die Kassen dürfen darüber hinaus Tarife mit Selbstbehalten oder reduziertem Leistungsspektrum anbieten. Zum 1. Juli 2007 wurde eine allgemeine Krankenversicherungspflicht eingeführt, sodass alle früher schon einmal gesetzlich Versicherten wieder einer gesetzlichen Krankenkasse beitreten müssen.
Die Versicherungspflichtgrenze liegt (2008) bei 48.150 € Jahreseinkommen, die Beitragsbemessungsgrenze beträgt 43.200 €. Träger der Krankenversicherung sind neben den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) vor allem Ersatzkassen. Betriebskrankenkassen und Innungs-Krankenkassen. Seit den 90er Jahren nutzen vorher geschlossene, das heißt auf bestimmte Personengruppen beschränkte, Kassen (vor allem Betriebskrankenkassen) die gesetzlichen Möglichkeiten zur Öffnung für alle Versicherten und zur Fusion, sodass ihre Zahl sich auf rund 240 (2008) reduziert hat und die frühere Bindung an bestimmte Betriebe oder Berufsgruppen nur noch eine geringe Rolle spielt.
b) Rentenversicherung:
Die gesetzliche Rentenversicherung zahlt in der Hauptsache Altersrenten an ehemals rentenversicherungspflichtige Rentenbezieher, daneben auch Hinterbliebenen- und Erwerbsminderungsrenten. Berufsunfahigkeitsrentenzahlungen erfolgen nur noch an Versicherte, die vor 1961 geboren wurden. Weiterer Schwerpunkt der Leistungserbringung sind Rehabilitationsmaßnahmen, soweit sie nicht von der Krankenversicherung getragen werden. Seit 2005 ist die Trennung der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und derjenigen der Angestellten aufgehoben. Seither sind die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung unter dem Dach der Deutschen Rentenversicherung Bund zusammengefasst.
Die Leistungshöhe errechnet sich in Abhängigkeit von der gegenüber dem Durchschnittsbeitrag aller Arbeitnehmer gewichteten eigenen Beitragszahlung; dafür werden jährlich Entgeltpunkte dem Versicherungskonto des Arbeitnehmers gutgeschrieben. Die Entgeltpunkte stellen eine fiktive Verrechnungseinheit und keinen Anspruch im Sinne eines Sparguthabens dar. Seit dem Rentenreformgesetz von 2002 soll ein demografischer Korrekturfaktor die Steigerung der Rentenansprüche begrenzen, um die sich verschlechternde Relation zwischen aktiven Beitragszahlern und Rentenbeziehern zu berücksichtigen. Die Anpassung an die aktuelle Lohnentwicklung geschieht mithilfe des aktuellen Rentenwertes, der jährlich angepasst wird.
Die Finanzierung erfolgt einerseits durch paritätische, also hälftige Beitragszahlung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, andererseits durch Bundeszuschüsse aus allgemeinen Steuermitteln. Beitragspflichtig ist ein Jahreseinkommen bis zum Höchstbetrag (Beitragsbemessungsgrenze) von 64.800 € in den alten und 54.600 € in den neuen Bundesländern mit einem Beitragssatz von 19,9% (2008).
c) Arbeitslosenversicherung:
Hauptaufgaben der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung sind zum einen die Zahlung von Arbeitslosengeld bei fehlender Beschäftigungsmöglichkeit, zum anderen die Unterstützung der Arbeitslosen bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz durch Vermittlung von Information zwischen arbeitsplatzanbietenden Unternehmen und Arbeitslosen, aber auch durch die Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen und die Finanzierung von Maßnahmen, die die Schaffung von Arbeitsplätzen stimulieren sollen.
Anspruchsberechtigt ist, wer bereits eine gewisse Zeit lang arbeitslosenversichert war, der Stellenvermittlung tatsächlich zur Verfügung steht und einen Antrag auf Leistungen stellt. So gelten beispielsweise Berufsanfänger, die noch keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben, nicht als arbeitslos im Sinne dieser Definition.
Die Zahlung von Arbeitslosengeld ist, je nach Lebensalter, auf die Dauer von maximal 24 Monaten begrenzt. Seit 2005 ist die daran anschließend gezahlte – niedrigere – Arbeitslosenhilfe als Leistung der Arbeitslosenversicherung entfallen und im Rahmen der Hartz-IV-Gesetzgebung in einen Bestandteil der allgemeinen Sozialhilfe umgewandelt worden (so genanntes Arbeitslosengeld II).
Die Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung entspricht der Grenze der gesetzlichen Rentenversicherung. Der zu gleichen Teilen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber getragene Beitragssatz liegt bei 3,3% (2008). Träger der Arbeitslosenversicherung ist die Bundesagentur für Arbeit mit Sitz in Nürnberg.
d) Unfallversicherung:
Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung werden nur durch Arbeitsunfälle ausgelöst, das sind Unfälle, die in ursächlichem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehen. Dazu gehören neben Unfällen am Arbeitsplatz auch solche, die auf dem Weg zur und von der Arbeit passieren, ebenso nachteilige Langzeitfolgen in Form von Berufskrankheiten.
Die Leistungen betreffen die Regeneration der Arbeitsfähigkeit, wie auch Hilfe für den Verletzten und seine Angehörigen bei längerfristigen Schäden oder Unfalltod. Wichtig ist daneben die Prävention durch Unfallverhütung und die Durchsetzung arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften am Arbeitsplatz.
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind Berufsgenossenschaften, denen Betriebe je nach Branchenzugehörigkeit verpflichtend angehören müssen. Die Beiträge bemessen sich auf der Basis von Unternehmenskennzahlen, beispielsweise der Bruttolohnsumme aller Beschäftigten eines Unternehmens.
e) Pflegeversicherung:
Die gesetzliche Pflegeversicherung ist der jüngste Zweig der Sozialversicherung. Ihre Leistungen gehörten ursprünglich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. 1995 wurde die Pflegeversicherung aus der Taufe gehoben. Nach einer Vörlaufphase von fünf Jahren, in denen die Pflichtbeiträge zum Aufbau einer Finanzreserve verwendet wurden, begann die Auszahlung von Leistungsbeihilfen an Pflegebedürftige.
Die Leistungen erfolgen als Geldzahlungen, die die Erbringung von Pflegeleistungen unterstützen sollen. Es gibt drei Kategorien der Bedürftigkeit, die über die Höhe der Leistung entscheiden. Die Eingruppierung in eine der drei Kategorien wird anhand eines Punktekatalogs vorgenommen, der die Fähigkeit zur Lebensgestaltung durch standardisierte Alltagsverrichtungen, wie Körperpflege, Ankleiden etc. bewertet. Auch ob externe Hilfe in Anspruch genommen oder die Pflege durch Angehörige geleistet wird, spielt bei der Bemessung der Leistungshöhe eine Rolle.
Die Pflegeleistungen sind seit Wirksamwerden der Pflegeversicherung erstmals zum 1. Juli 2008 angehoben worden, was ihren Charakter als Ergänzungsleistung unterstreicht. Auch deutet die stetig steigende Zahl der Leistungsberechtigten in Verbindung mit der allmählichen Aufzehrung der Finanzreserve auf Finanzierungsprobleme hin.
Der von Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch finanzierte Beitragssatz beträgt ab 1 .Juli 2008 1,95%; Kinderlose zahlen einen 0,25-prozentigen Aufschlag. Der Beitrag wird maximal bis zur Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung erhoben.
Im Unterschied zu den anderen Zweigen der Sozialversicherung wird diese nicht nur von den gesetzlichen Trägem, in diesem Falle den gesetzlichen Krankenkassen, angeboten, sondern auch über standardisierte Produkte der privaten Krankenversicherung abgedeckt. Regelbeitragessätze in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung (Stand:1. Januar 2009)
Krankenversicherung (inkl. Zusatzbeitrag für Zahnersatz) | 15,5% |
Pflegeversicherung (ohne Zuschlag für Kinderlose) | 1,95% |
Arbeitslosenversicherung | 3,3% |
Rentenversicherung | 19,9% |