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Beratungs- und Dokumentationspflichten, Haftung beim Versicherungsvertrag

Zur Verbesserung des Verbraucherschutzes und um die unter altem Recht häufige Streitfrage zu entschärfen, ob der Kunde vor Vertragsabschluss seinen Auskunftspflichten gegenüber dem Versicherer nachgekommen ist, umfasst die Neufassung des VVG weitreichende, von der EU- Vermittlerrichtlinie inspirierte Beratungs- und Dokumentationspflichten seitens des Versicherungsvermittlers. So soll eine adäquate Beratung erreicht werden, obwohl der Vermittler keine Vertragspartei des zwischen Kunde und Versicherungsunternehmen vereinbarten Versicherungsvertrages ist.

Zunächst sind Versicherungsvertreter verpflichtet, den Kunden darüber zu unterrichten, welche(s) Versicherungsunternehmen sie vertreten und auf welche(s) Unternehmen sich ihre Beratung bezieht. Makler können die Auswahl der von ihnen berücksichtigten Versicherungsunternehmen beschränken, haben dies dem Kunden jedoch vor einem Vertragsabschluss deutlich zu machen (§60(2) VVG).

Grundsätzlich hat der Vermittler den Kunden soweit nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen, wie es für eine sachgerechte Beratung erforderlich ist. Dabei hat er die Fähigkeiten des Kunden, diese Bedürfnisse einzuschätzen, zu berücksichtigen. Ein komplexes Versicherungsprodukt wie eine Lebensversicherung erfordert daher im Allgemeinen mehr Beratungsaufwand als ein einfaches Standardprodukt. Ebenso sind offensichtliche persönliche Umstände des Kunden zu berücksichtigen. Der Beratungsaufwand darf grundsätzlich in angemessenem Verhältnis zur zu erwartenden Versicherungsprämie stehen. Der Vermittler ist also nicht verpflichtet, in jedem Fall eine umfangreiche Nachforschung anzustellen. Er hat jedoch jeden dem Kunden erteilten Rat zu begründen (§61(1) VVG).

Die oben genannten Informationen müssen dem Kunden rechtzeitig vor einer Empfehlung bzw. vor Vertragsabschluss in Textform übermittelt werden. Der Text muss klar und für den Kunden verständlich sein (§ 62 (1) VVG). Dafür dürften die Versicherer im Laufe der Zeit Musterprotokolle entwickeln, um die Dokumentation zu standardisieren. Der Kunde darf gemäß §§ 60(3) und 61 (2) VVG auf die Beratungsleistung verzichten, sofern er diesen Verzicht ausdrücklich schriftlich bestätigt. Er darf sich auch mit der nachträglichen Mitteilung des Informationstextes einverstanden erklären (§62(2) VVG).

Der Begriff der Textform hat auch an vielen anderen Stellen Eingang ins VVG gefunden und die früher geforderte Schriftform abgelöst. Dadurch wurde den neuen Möglichkeiten der Informationsübermittlung und -aufbewahrung Rechnung getragen und beispielsweise E-Mail oder Datenaustauschverfahren wie PDF-Dokumente als rechtssichere Verfahren des Geschäftsverkehrs zugelassen. Selbstverständlich bleibt die Schriftform in Gestalt der signierten Papierurkunde auch da zulässig, wo sie nicht mehr ausdrücklich vorgeschrieben ist.

Teilweise geändert haben sich mit der VVG-Novellierung die Haftungsgrundsätze für Versicherungsvermittler. Bis dahin galt für Vertreter vor allem die gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung des Versicherers, nach der dieser für alle wesentlichen Erklärungen des Versicherungsvertreters zu haften hat, also insbesondere für Beratungsfehler des Vertreters (§280 BGB). Nach §278 BGB muss sich das Unternehmen auch schuldhaftes Verhalten des Vertreters zurechnen lassen. Der Vertreter selbst haftet nur in Ausnahmefällen. Dies bedeutet beispielsweise, dass der Kunde auf Aussagen zu Versicherungsprodukten und Voraussetzungen für einen Vertragsabschluss grundsätzlich vertrauen darf.

Als Sachwalter des Kundeninteresses ist der Versicherungsmakler auch schon nach altem Recht Rechtsanwälten oder Steuerberatern gleichgestellt, seine Haftung darum als Berufshaftung zu sehen. Er haftet dem Kunden gegenüber persönlich für verschuldetes Fehlverhalten. Die disziplinierende Wirkung dieser Regelung war auch bisher schon erheblich, sie wurde durch die erweiterten Beratungs- und Dokumentationspflichten lediglich präzisiert.

§63 VVG fixiert allerdings ergänzend eine Schadenersatzpflicht, falls der Vermittler nicht im bereits erläuterten Sinne umfassend beraten hat. Die Beweislast dafür liegt beim Kunden, sofern die Beratung schriftlich dokumentiert wurde; andernfalls wird zugunsten des Kunden angenommen, dass dieser sich bei korrekter Beratung richtig verhalten hätte und die Beweislast geht auf den Vermittler über.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang die neu geschaffene Erlaubniserteilungspflicht für gewerbliche Versicherungsvermittler. Grundsätzlich haben die Industrie- und Handelskammern (IHK) vernetzte Register zu führen, in die alle zugelassenen Vermittler einzutragen sind (§ 11 a GewO). Versicherungsunternehmen dürfen umgekehrt nur mit zugelassenen und registrierten Vermittlern kooperieren.
Die Zulassung ist nach § 34d GewO im Wesentlichen an folgende Kriterien geknüpft:
• Geordnete finanzielle Verhältnisse und Zuverlässigkeit,
• Sachkunde, die durch eine erfolgreich absolvierte IHK-Prüfung nachgewiesen wird, vergleichbar der Ausbildung zum Versicherungsfachmann,
• Vorhandensein einer Berufshaftpflichtversicherung.

Von der Erlaubnispflicht können so genannte Ausschließlichkeitsvertreter ausgenommen werden, die nur Produkte eines Unternehmens oder mehrerer nicht konkurrierender Unternehmen vermitteln, wenn das oder die Unternehmen die uneingeschränkte Haftung für den Vermittler übernehmen.

Ebenfalls erlaubnisfrei arbeiten dürfen so genannte produktakzessorische Vermittler. Sie betreiben die Versicherungsvermittlung nur nebenbei, sind im Hauptberuf aber Händler oder Lieferanten von Waren- und Dienstleistungen. Typisches Beispiel ist der Kraftfahrzeughändler, der ergänzend zum Autoverkauf auch Kraftfahrzeugversicherungen vermittelt. Voraussetzung für die Erlaubnisfreiheit des produktakzessorischen Vermittlers ist unter anderem der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung. Sachkunde muss nicht umfassend gegeben sein, sondern nur im Hinblick auf das in der Regel sehr eingeschränkte Produktspektrum.
Die Beratungs- und Dokumentationspflichten des Vermittlers werden ergänzt durch umfangreiche Informationspflichten, deren Erfüllung in der Verantwortung des Versicherungsunternehmens liegt. Darauf wird in unserem Versicherung-Ratgeber näher eingegangen.

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