Unter dem wirtschaftlichen Erfolg (genauer: finanzwirtschaftlichen Erfolg) eines Versicherungsunternehmens soll im Folgenden die Fähigkeit des Unternehmens verstanden werden, seine Gewinnziele zu erreichen. Alle vorgestellten Kennzahlen sind Instrumente zur Messung eines relativen finanzwirtschaftlichen Erfolges, bei dem eine finanzwirtschaftliche Absolutgröße des Erfolges in Relation zur Gesamtgröße des Unternehmens betrachtet wird. Hierdurch sind insbesondere objektive Vergleiche mit anderen Versicherungsunternehmen der gleichen Sparte möglich. Im Gegensatz zu den eher bilanzorientierten Kennzahlen zur Sicherheitslage basieren die Kennzahlen zum wirtschaftlichen Erfolg primär auf GuV-Größen.
Die Haupteinflussparameter des wirtschaftlichen Erfolgs eines Versicherungsunternehmens sind neben den Beitragseinnahmen als Umsatzgröße die während eines Geschäftsjahres anfallenden Aufwendungen für Versicherungsschäden sowie für den Abschluss und die Verwaltung von Versicherungsverträgen. Eine wichtige Ertragsquelle sind die aus Kapitalanlagen er-
wirtschafteten Kapitalerträge, die die parallel anfallenden Aufwendungen für Kapitalanlagen meist übersteigen. Generell sind Versicherungsunternehmen verpflichtet, ihre Versicherungsnehmer am unternehmerischen Erfolg zu beteiligen (Überschussbeteiligung, zum Beispiel über eine Beitragsrückgewähr), was der Ertragsstärke eines Versicherungsunternehmens eine natürliche Grenze setzt.
Viele verbreitete Indikatoren für den wirtschaftlichen Erfolg eines Versicherungsunternehmens beleuchten nur einen Teilaspekt dieses wirtschaftlichen Erfolges, beispielsweise die Kosteneffizienz oder den Kapitalanlageerfolg. Beispielhaft seien genannt:
• In der Schaden- und Unfallversicherung wird häufig eine allgemeine Kostenquote KQ berechnet, die den Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb die gebuchten Bruttobeiträge gegenüberstellt:
KQ = 100% • (Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb) / (Geb. Bruttobeiträge)
Eine hohe Kostenquote legt eine geringe Effizienz bei Abschluss und Verwaltung von Versicherungsverträgen nahe, Versicherern mit verhältnismäßig niedrigen Kostenquoten gelingt es hingegen, einen relativ hohen Anteil der Versichertenbeiträge in die Darstellung des vereinbarten Versicherungsschutzes zu investieren.
In der Lebens- und Krankenversicherung werden die Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb weiter unterschieden in Aufwendungen für den Abschluss und die Verwaltung von Versicherungsverträgen, was eine verfeinerte Betrachtung auf Basis einer Abschlusskostenquote AKQ und einer Verwaltungskostenquote VKQ erlaubt:
AKQ = 100% • (Aufwendungen f. d. Abschluss v. Versicherungsverträgen) / (Geb. Bruttobeiträge),
VKQ = 100% • (Aufwendungen f. d. Verwaltung v. Versicherungsverträgen) / (Geb. Bruttobeiträge).
Grob gesprochen wird mit diesen Kennzahlen die Kosteneffizienz von Außen- und Innendienst abgebildet.
• Der Kapitalanlageerfolg lässt sich über die laufende Verzinsung LVZ darstellen:
LVZ = 100% • (Erträge aus KA) / (Mittlerer KA-Bestand)
Der mittlere KA-Bestand ist dabei definiert als das arithmetische Mittel aus dem KA-Bestand zu Geschäftsjahresbeginn und zu Geschäftsjahresende. LVZ berücksichtigt weder Erträge aus Zuschreibungen noch Erträge aus dem Abgang von Kapitalanlagen (daher laufende Verzinsung) und misst den Erfolg des Versicherungsunternehmens bei der Gestaltung seines Kapitalanlageportfolios.
• Werden zusätzlich noch die Aufwendungen für Kapitalanlagen berücksichtigt, ergibt sich die Reinverzinsung RVZ (auch Nettoverzinsung):
RVZ = 100 % • (Erträge aus KA-Aufwendungen für KA) / (Mittlerer KA-Bestand)
RVZ bezieht damit zum Beispiel etwaige Verluste aus dem Abgang von Kapitalanlagen und Aufwendungen für die Verwaltung von Kapitalanlagen mit ein. Für ein realistisches Bild des Kapitalanlageerfolges empfiehlt sich eine parallele Betrachtung von LVZ und RVZ.
• Die Schadenquote SQ gibt Auskunft über die Schadenanfälligkeit des versicherten Bestandes:
SQ = 100% • (Aufwendungen für Versicherungsschäden) / (Gebuchte Bruttobeiträge)
Eine relativ hohe Schadenquote (zum Beispiel im Vergleich zu anderen Versicherungsunternehmen der gleichen Sparte) deutet auf eyie niedrige Bestandsqualität hin, was entsprechende Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg des Versicherers hat.
Zusammen mit der schon erwähnten Kostenquote lässt sich die Schadenquote zur Combined Ratio zusammenführen:
KQ + SQ = CR
Die Combined Ratio kann damit auch als Erfolgskennzahl verstanden werden.
Alle vorgestellten Kennzahlen betrachten eine Absolutgröße des wirtschaftlichen Erfolges relativ zu einer Umsatzgröße oder anderen Maßzahl des verwalteten Versicherungsbestandes (etwa mittlerer Kapitalanlagenbestand). Daneben gibt es in der Literatur noch eine Reihe Investororientierter Kennzahlen zum wirtschaftlichen Erfolg, die den wirtschaftlichen Absoluterfolg relativ zu den eingesetzten Mitteln der Anteilseigner betrachten. Eine Übersicht hierzu findet der Leser in
unserem Versicherung-Ratgeber zum Shareholder Value-Ansatz.