Die Versicherungswirtschaft kann einschließlich ihrer Vorläufer mittlerweile auf eine Geschichte von einigen Jahrtausenden zurückblicken, der folgende tabellarische Überblick soll dem Leser eine Reihe besonders wichtiger historischer Meilensteine vergegenwärtigen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Entwicklung des privaten Versicherungswesens in Deutschland, ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben.
18. Jh. v.Chr. | Im Codex Hammurabi findet sich eine Bestimmung, die den Geschäftsherrn eines Karawanentransportes verpflichtet, die Verluste bei Raubüberfällen zu tragen. | |||
um 200 v.Chr. | „Lex Rhodia de iactu Gerät ein Schiff in Seenot, wird der Schaden reduziert und verteilt, indem alle Eigner der Ladung anteilig Waren über Bord werfen. | |||
um 140 n. Chr. | Aus der Nähe von Rom stammt die älteste überlieferte Satzung einer Sterbekasse, wie sie für Militärangehörige und unfreie Landbewohner gebildet werden. | |||
seit 1150 | Genossenschaftlich organisierte Handwerkerzünfte bieten Unterstützung bei Invalidität und für Hinterbliebene. | |||
um 1350 | Der erste überlieferte Seeversicherungsvertrag verspricht einem Genueser Kaufmann den geschätzten Kaufpreis, falls die Schiffsfracht verloren geht. | |||
um 1370 | Ebenfalls in Genua wird der erste Rückversicherungsvertrag geschlossen. Dem Versicherer wird ein Teil seiner Aufwendungen erstattet, wenn ein Seetransportschaden eintritt. | |||
um 1540 | Ausgehend von Schleswig-Holstein entstehen in Norddeutschland die ersten Feuerversicherungsvereine in Gestalt der Brandgilden. | |||
um 1650 | Die Mathematiker Blaise Pascal und Pierre de Fermal formulieren aufgrund von Beobachtungen beim Würfelspiel erste Gesetze der Wahrscheinlichkeitsrechnung. | |||
1662 | John Graunt veröffentlicht im Rahmen seiner Schrift „Natural and Political Observations made upon the Bills of Mortality“ die erste Sterbetafel, die er auf Basis von Beobachtungsmaterial aus London erstellt. | |||
1666 | Der große Londoner Stadtbrand zerstört vier Fünftel des Stadtgebiets, insgesamt mehr als 13.000 Gebäude. | |||
1681 | Mit der Gründung der ersten Versicherungsgesellschaft in Venedig beginnt der Wandel vom Einzelversicherer zum professionellen Versicherungsunternehmen. | |||
um 1700 | Im Kaffeehaus Lloyd entwickelt sich in London ein Treffpunkt für Kaufleute. Die zunächst losen Zusammenkünfte erweitern sich zu einer Korporation von Einzelversicherern, die bis heute eines der weltgrößten Versicherungszentren darstellt. | |||
1713 | Der Mathematiker Jakob Bernoulli formuliert in seinem Buch „ Ars conjectandi“ ein Gesetz der großen Zahlen, das die Bedeutung großer Bestände für die Glättung von Zufallseinflüssen hervorhebt. | |||
1741 | Der evangelische Probst Johann Peter Süßmilch veröffentlicht die erste systematische Untersuchung zur Bevölkerungsentwicklung. | |||
1762 | Die „Society for Equitable Assurances on Lives and Survivorship“ nimmt ihren Betrieb als erster Lebensversicherer auf, der seine Beiträge auf mathematisch-statistischer Grundlage kalkuliert. | |||
1842 | Infolge des Hamburger Großbrandes gehen mehrere Feuerversicherer in Konkurs. Daraufhin wird 1846 die weltweit erste professionelle Rückversicherungsgesellschaft in Köln gegründet. | |||
1871 | Das Reichshaftpflichtgesetz erlegt Unternehmern einzelner Industriebranchen die Haftung für Arbeitsunfälle auf, was zur Schaffung einer Berufsunfällversicherung für Arbeiter führt. | |||
1881 | Kaiser Wilhelm 1. erlässt eine Botschaft, auf deren Grundlage die gesetzliche Kranken-, Invaliden- und Unfallversicherung für Arbeiter in Kraft tritt. | |||
1895 | In Göttingen wird das erste versicherungswissenschaftliche Seminar an einer Universität gegründet. | |||
1898 | Bereits wenige Jahre nach Konstruktion des ersten Automobils werden in Deutschland Karambolage-Versicherungen zum Schutz gegen Verkehrsunfallfolgen angeboten. | |||
1901 | Das Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung (Vorläufer der heutigen BaFin) nimmt in Berlin seine Arbeit auf. Ebenso tritt das Reichsaufsichtsgesetz in Kraft. | |||
1906 | Auf Empfehlung deutscher Handwerkskammern werden die ersten privaten Krankenversicherungsunternehmen in Deutschland gegründet. | |||
1908 | Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) tritt in Kraft. | |||
1922 | ln Deutschland wird ein Gesetz über die Einführung einer Versicherungssteuer wirksam. | |||
1931 | Das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) tritt in Kraft. Das VAG ersetzt das Reichsaufsichtsgesetz von 1901. | |||
1939 | Kraftfahrzeughalter werden in Deutschland zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung für ihr Fahrzeug verpflichtet. | |||
1945 | Die sowjetischen Besatzungsbehörden untersagen den Betrieb privater Versicherungsgeschäfte in ihrer Zone, woraufhin viele Versicherungsunternehmen ihren Sitz nach Westdeutschland verlegen. | |||
1948 | In Köln findet die konstituierende Sitzung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) statt. | |||
1951 | Das Gesetz über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen (BAV) tritt in Kraft. Die Behörde konstituiert sich zum 1. April 1952 als erste Bundesbehörde in Berlin. | |||
1957 | Die gesetzliche Rentenversicherung wird reformiert, indem man sie an die Lohnentwicklung koppelt und ein Umlagefinanzierungsverfahren einführt. | |||
1965 | Beim Wirbelsturm Betsy in den USA tritt zum ersten Mal ein versicherter Gesamtschaden von über 1 Mrd. US-Dollar ein. | |||
1969 | Das erste fondsgebundene Lebensversicherungsprodukt wird in Deutschland zugelassen. | |||
1973 | Das BAV wird in Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen umbenannt, nachdem die Aufsicht über das Bausparwesen der Bankenaufsicht zugeschlagen worden ist. | |||
1994 | Mit der Umsetzung des EU-Binnenmarktes wird die staatliche Regulierung in Deutschland weitgehend aufgehoben (Deregulierung) und durch ein überwiegend an Sicherheitsanforderungen bei der Kapitalausstattung ausgerichtetes Aufsichtswesen ersetzt. | |||
2001 | Bei den Terroranschlägen vom 11. September entsteht der Versicherungswirtschaft weltweit ein versicherter Gesamtschaden in Höhe von über 35 Mrd. US-Dollar, der tatsächliche Schaden liegt weitaus höher. | |||
2002 | Das bisherige Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) wird zusammen mit den Aufsichtsbehörden für das Kreditwesen und den Wertpapierhandel zur Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vereinigt. | |||
2004 | Umsetzung von Solvency I in deutsches Recht. | |||
2005 | Hurrikan Katrina verursacht im amerikanischen Süden einen versicherten Gesamtschaden in Höhe von ca. 45 Mrd. US-Dollar. Im gleichen Jahr verursachen die Wirbelstürme Rita und Wilma zusätzliche versicherte Schäden von jeweils ca. 10 Mrd. US-Dollar. |
Historische Entwicklung des privaten Versicherungswesens