Egal, ob Sie zum Arzt oder Zahnarzt gehen, im Krankenhaus behandelt werden oder in der Kurklinik, Medikamente oder Heil- und Hilfsmittel benötigen, Fahrtkosten, häusliche Krankenpflege oder eine Haushaltshilfe beanspruchen: Seit dem 1. Januar 2004 müssen sich Patienten bei praktisch jeder Kassenleistung mit einer Zuzahlung beteiligen.
Auf den ersten Blick sind die Zuzahlungen verwirrend. Mal sind es 10 Euro wie bei der Praxisgebühr, mal zehn Prozent wie bei den Hilfsmitteln, außerdem gelten unterschiedliche Höchstbetrage und Ausnahmeregelungen.
Als Grundregel gilt, dass Sie
> zehn Prozent der Kosten zuzahlen müssen,
> mindestens 5 Euro und
> maximal 10 Euro, aber
> nie mehr als den tatsächlichen Preis.
Zuzahlungsregelungen im Überblick
Zuzahlung | Mindest-/ Höchstgrenzen | Anmerkung | |
Arztbesuch | pro Quartal jeweils 10 Euro Praxisgebühr für Arzt, Zahnarzt, Notdienst | Bei Überweisung an andere Ärzte wird keine weitere Praxisgebühr fällig | |
Rezeptpflichtige Arznei- und Verbandmittel | pro Arznei-/Ver-bandmittel 10% der Kosten | mindestens 5 Euro, maximal 10 Euro bzw. die tatsächlichen Kosten | |
Fahrtkosten | pro Fahrt 10% | mindestens 5 Euro, maximal 10 Euro bzw. die tatsächlichen Kosten | nur genehmigte Fahrten; auch Kinder und Jugendliche müssen zuzahlen |
Hilfsmittel | pro Hilfsmittel 10% der Kosten | mindestens 5 Euro, maximal 10 Euro bzw. die tatsächlichen Kosten | Ausnahme: maximal 10 Euro pro Monat für Hilfsmittel, die verbraucht werden (z.B. Windeln bei Inkontinenz) |
Heilmittel | pro Verordnung 10% der Kosten plus 10 Euro | ||
Häusliche Krankenpflege | pro Verordnung 10% der Kosten plus 10 Euro | maximal für 28 Tage pro Kalenderjahr | |
Haushaltshilfe | pro Tag 10% | mindestens 5 Euro, maximal 10 Euro | |
Soziotherapie | pro Tag 10% | mindestens 5 Euro, maximal 10 Euro | |
Krankenhaus | pro Tag 10 Euro | maximal für 28 Tage pro Kalenderjahr | |
Stationäre Vorsorge und Rehabilitation | pro Tag 10 Euro | bei einer Anschlussheilbehandlung (AHB) maximal für 28 Tage pro Kalenderjahr | Bei der Höchstdauer von 28 Tagen werden vorhergehende Krankenhausaufenthalte angerechnet |
Praxisgebühr
Bei der Praxisgebühr müssen Sie weitere Detailregelungen beachten. Grundsätzlich fällt die Praxisgebühr pro Quartal nur einmal an, beim ersten Arztbesuch. Dabei spielt es keine Rolle, wie oft und wie vie¬le Ärzte Sie innerhalb der drei Monate aufsuchen. Voraussetzung ist eine Überweisung des zuerst behandelnden Haus- oder Facharztes an andere Ärzte oder für die ambulante Behandlung im Krankenhaus. Davon gibt es wichtige Ausnahmen: Bei zahnärztlichen Behandlungen und bei der Notfallbehandlung müssen Sie immer eine separate Praxisgebühr bezahlen. Außerdem meist, wenn Sie bei einem Arzt der gleichen Fachrichtung eine Zweitmeinung einholen. Für die jährlich zweimal möglichen Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt fällt die Praxisgebühr jedoch nicht an. Keine Praxisgebühr fällt außerdem bei Leistungen an, die nicht von der Krankenkasse bezahlt werden. Dazu gehören sowohl Leistungen, die Sie selbst tragen müssen, wie die Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) oder Behandlungen, für die andere Sozialversicherungsträger, die gesetzliche Renten- oder Unfallversicherung, die Kosten übernehmen.
Befreiungen von der Zuzahlung
Patienten sollen aber durch Zuzahlungen nicht finanziell überfordert werden. Außerdem soll die Vorsorge gefördert werden. Praxisgebühr und Zuzahlungen entfallen daher generell bei
> Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (außer Fahrtkosten)
> Vorsorgeleistungen, die von der Krankenkasse bezahlt werden (z. B. Krebsfrüherkennung, Gesundheits-Check-Up, Zahn- und Schwangerschaftsvorsorge-Untersuchungen) und Schutzimpfungen. In allen anderen Fällen ist eine vollständige Befreiung von den Zuzahlungen nicht mehr möglich. Sobald die Zuzahlungen jedoch eine bestimmte Höhe erreicht haben, können Sie für den Rest des Jahres befreit werden. Die Befreiung erfolgt jedoch nicht automatisch, sondern nur auf Antrag. Die so genannte Belastungsgrenze beträgt
> zwei Prozent des Bruttojahreseinkommens (während eines Kalenderjahres) oder
> für schwerwiegend chronisch Kranke nur ein Prozent.
Zugrunde gelegt wird das gesamte Einkommen einer Familie oder Lebenspartnerschaft. Dazu gehören alle Einnahmen, also auch Mieten und Zinsen. Für jeden Familienangehörigen wird ein Freibetrag angerechnet (im Jahr 2010 beträgt er 4.599 Euro für den mitversicherten Ehepartner und 3.864 Euro für jedes Kind). Das folgende Beispiel für die Familie eines Alleinverdieners mit drei Kindern verdeutlicht die Berechnung:
Das jährliche Familienemkommen beträgt insgesamt | 50.000 Euro |
abzüglich Freibetrag für den Ehepartner: 1 x 4.599 Euro | 4.599 Euro |
Abzüglich Freibetrag für drei Kinder: 3×3 864 Euro | 11.592 Euro |
Anrechenbares Einkommen | 33.809 Euro |
davon 2 Prozent (abgerundet) | 676 Euro |
Diese Familie muss also jährlich rund 676 Euro Zuzahlung leisten, da¬nach kann sie sich auf Antrag befreien lassen. Schwerwiegend chronisch krank sind Personen, die wenigstens ein Jahr lang mindestens einmal pro Quartal behandelt werden müssen und außerdem entweder pflegebedürftig nach Pflegestufe zwei oder drei sind, einen Behinderungsgrad oder eine Erwerbsminderung von min¬destens 60 Prozent haben oder kontinuierliche medizinische Versorgung benötigen, ohne die sich nach ärztlicher Einschätzung die Krankheit lebensbedrohlich ver¬schlimmert, die Lebenserwartung vermindert oder die Lebensqua¬lität dauerhaft beeinträchtigt wird. Berücksichtigt werden alle Zuzahlungen der versicherten und der mit¬versicherten Familienmitglieder. Nicht angerechnet werden Kosten für Arznei- und Hilfsmittel, die den von der Krankenkasse übernomme¬nen Festbetrag überschreiten, oder Eigenanteile beim Zahnersatz.
→ Berechnen Sie frühzeitig Ihre Belastungsgrenze und behalten Sie die Höhe der Zuzahlungen im Auge.
→ Beantragen Sie die Befreiung, sobald Sie die Belastungsgrenze er¬reicht haben. Der Antrag muss jedes Jahr neu gestellt werden.
→ Sammeln Sie alle Zuzahlungsbelege. Bei Krankenkassen oder Apo¬theken erhalten Sie Quittungshefte und andere Unterlagen, die Ih¬nen die Übersicht erleichtern.
→ Ist ein mitversichertes Familienmitglied schwerwiegend chronisch krank, gilt für die ganze Familie die Belastungsgrenze von einem Prozent.
→ Die Teilnahme an Vorsorgemaßnahmen, an einem Hausarztsystem, strukturierten Behandlungsprogrammen oder einer integrierten Versorgung können die Krankenkassen mit ermäßigten Zuzahlun¬gen belohnen. Fragen Sie bei Ihrer Kasse nach.
Der kleine Unterschied kann entscheiden
Seit 1996 können Sie zwischen zahlreichen Krankenkassen wählen. Obwohl die Leistungen der Krankenkassen weitgehend gleich sind, können Unterschiede im Detail wichtig sein. Klaren Sie daher, welche Kasse am besten zu Ihren Bedürfnissen passt:
→ Nicht jedem liegt es, wenn der Kontakt mit der Krankenkasse nur schriftlich, telefonisch oder per Internet möglich ist. Wenn Ihnen die persönliche Beratung wichtig ist oder Sie wegen eines komplizierten Krankheitsverlaufs häufiger vorsprechen möchten, sollten Sie darauf achten, dass eine Geschäftsstelle in der Nähe Ihres Wohnortes liegt.
→ Für Eltern mit Kindern können erweiterte Leistungen bei der Haushaltshilfe von Interesse sein, für Alleinstehende bei der häuslichen Krankenpflege.
→ Wer Wert legt auf alternative Behandlungskonzepte wie Akupunktur oder als chronisch Kranker an einem der neuen Behandlungsangebote wie den Disease-Management-Programmen teilnehmen möchte, sollte klären, welche Kasse diese Maßnahmen anbietet.
Zusätzlich können Sie die Bonussysteme in Augenschein nehmen. Lassen Sie sich aber nicht dazu verleiten, eine Kasse vorrangig anhand der Boni auszuwählen.
Beitragsvergleich lohnt – vor allem bei höheren Einkommen
Die Krankenversicherungsbeiträge richten sich nach dem Einkommen. Maximal werden die Bruttoeinnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt (3.750 Euro monatlich, Stand 2010). Die Hälfte trägt grundsätzlich der Arbeitgeber bis zu maximal monatlich rund 263 Euro. Die genaue Beitragshöhe war bis Ende 2008 abhängig von der jeweiligen Krankenkasse. Seit dem 1. Januar 2009 gilt jedoch ein einheitlicher Beitragssatz von derzeit 14,9 Prozent für alle Krankenkassen. Neu ab 2009 ist: Alle Kassen erhalten aus dem Gesundheitsfonds Geld. Dieser verteilt die Beiträge der gesetzlich Versicherten. Kommt eine Krankenkasse mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht aus, so kann sie jedenfalls einen Zusatzbeitrag bis zu 8 Euro pro Monat von jedem Versicherten verlangen. Soll der Zusatzbeitrag höher sein, darf er maximal ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens – begrenzt auf die Beitragsbemessungsgrenze – betragen. Auch Beitragsrückerstattungen sind möglich, wenn die Krankenkasse Überschüsse erwirtschaftet. Seit dem 1. Juli 2005 müssen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung einen Sonderbeitrag von 0,9 Prozent selber tragen. An diesem beteiligt sich der Arbeitgeber nicht. Das bedeutet er übernimmt 7 Prozent der Beiträge zur Krankenkasse. Der Arbeitnehmer hingegen trägt 7,9 Prozent. Eine Sonderregelung gilt für Einkommen zwischen 400,01 und 800 Euro. In dieser Gleitzone beginnt der Sozialversicherungsbeitrag für die Beschäftigten bei linear rund vier Prozent und erhöht sich allmählich auf den vollen Arbeitnehmerbeitrag bei 800 Euro. In der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es zwei verschiedene Beitragssätze. Sie unterscheiden sich vor allem beim Krankengeld.
> Beim allgemeinen Beitragssatz besteht ein Anspruch auf Krankengeld ab der siebten Krankheitswoche, also nach Wegfall der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Seit Jahresbeginn 2009 hatten freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse versicherte Selbstständige und Freiberufler nur noch die Möglichkeit, Krankengeld durch den Abschluss von Wahltarifen abzusichern. Dafür ist ein zusätzlicher Beitrag zu zahlen. Der Beitragssatz für die Krankenkasse ermäßigt sich auf 14,3 Prozent. Entscheiden Sie sich für einen Wahltarif Krankengeld, sind Sie an diesen drei Jahre gebunden. Seit 1. August 2009 haben Sie nunmehr eine weitere Option:
> Gegen Zahlung des allgemeinen Beitragssatzes von 14,9 Prozent können Sie ein gesetzliches Krankengeld ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit, wie ein Arbeitnehmer, versichern. Wünschen Sie ein Krankengeld, das beispielsweise früher gezahlt wird, können Sie dies weiterhin über den Abschluss neuer Wahltarife tun.
> Beachten Sie: Die bisherigen Wahltarife endeten mit Ablauf des Julis 2009. Bis 30. September 2009 hatten Sie Zeit eine Erklärung gegenüber Ihrer Krankenkasse abzugeben, ob und in welcher Form Sie bei ihr ein Krankengeld versichern möchten, damit eine Rückwirkung ab August eintrat. Ist diese Frist verstrichen, kommen Wartezeiten auf Sie zu.
> Liegt das Einkommen des Selbstständigen über der in der gesetzlichen Krankversicherung versicherbaren Höhe, beispielsweise über der Beitragsbemessungsgrenze, kann zusätzlich eine private Krankentagegeldversicherung wichtig werden.
> Alternativ können Selbstständige ganz auf die Wahl des Krankengeldes verzichten und zahlen dann nur den ermäßigten Beitragssatz in der GKV. Dann müssten sie allerdings, ebenso wie Privatversicherte, ihren gesamten Verdienstausfall mittels einer privaten Krankentagegeldversicherung absichern (vgl. auch Krankentag-geld-Versicherung, Ersatz für Verdienstausfall).
Rentnerbeitrag
Der Beitrag von versicherungspflichtigen Rentnern bemisst sich nach der Rentenhöhe. Einbezogen werden außerdem Versorgungsbezüge wie Betriebsrenten und Arbeitseinkommen zusätzlich zur gesetzlichen Rente. Bei freiwillig versicherten Rentnern werden weitere Einkünfte wie Zinsen, Mieten und private Renten berücksichtigt. Rentner zahlen normalerweise den allgemeinen Beitragssatz, obwohl sie keinen Anspruch auf Krankengeld haben. Für den Arbeitgeberanteil kommt bei Pflichtversicherten der Rentenversicherungsträger auf. Freiwillig versicherte Rentner tragen den Beitrag allein, erhalten aber auf Antrag einen Beitragszuschuss vom Rentenversicherungsträger. Er beträgt die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes (derzeit 7 Prozent) bezogen auf die Rente. Der Sonderbeitrag von 0,9 Prozent ist allein vom Rentner zu tragen ist. Auf Versorgungsbezüge muss in beiden Fällen der volle Beitrag zur Krankenversicherung gezahlt werden.
Antrag auf Mitgliedschaft
Wenn Sie versicherungspflichtig werden, weil Sie eine Beschäftigung aufgenommen haben, müssen Sie sich innerhalb von zwei Wochen für eine Krankenkasse entscheiden und dieser beitreten. Diese Trist gilt auch bei einer Erstbeschäftigung und einem Arbeitgeberwechsel. Lassen Sie diese Frist verstreichen, kann der Arbeitgeber Sie bei einer Kasse seiner Wahl anmelden. Jede Krankenkasse – sofern sie sich nicht nur für bestimmte Betriebsangehörige oder regional geöffnet hat – ist verpflichtet, Sie aufzunehmen. Eine Gesundheitsprüfung wie in der privaten Krankenversicherung erfolgt nicht. Nach 18 Monaten oder nach einer Beitragserhöhung können Sie die Kasse wechseln (vgl. Versicherungen beenden).