Hat die Versicherungsgesellschaft den Schadenshergang geprüft und festgestellt, dass Versicherungsschutz besteht, kann sie die notwendigen Erhebungen veranlassen. Sie kann z. B. nochmals auf einzelne Fragen im Antrag eingehen, Ermittlungsakten einsehen oder Zeugenaussagen anfordern. Sie müssen aber nicht ewig warten; die Versicherungsgesellschaft hat eine so Beschleunigungspflicht. Viele kennen die Auskünfte am Telefon, dass z. B. die Ermittlungsakte schon angefordert sei, aber der Versicherungsgesellschaft noch nicht vorliege. Die Anforderung allein reicht nicht aus, sondern es muss regelmäßig erinnert und ggf. die Akte direkt beim Gericht oder Staatsanwaltschaft eingesehen werden (OLG Frankfurt Vers.R.
86,1009).
Tipp: Bearbeitungsstand erfragen
Fragen Sie den Sachbearbeiter, was im Einzelnen veranlasst wurde. Die Versicherungsgesellschaft darf keine unnötigen Erhebungen durchführen. Auf qualifizierte Rückfragen des Versicherers ist selbstverständlich einzugehen. Über einen Fall kann man aber nur ungläubig den Kopf schütteln.
Beispiel: Übertriebene Erhebungen
Eine Versicherungsnehmerin verließ das Wohnzimmer, um Kaffeewasser aufzusetzen. In der Abwesenheit fing das Adventsgesteck Feuer und beschädigte die Tischdecke. Die Schadenshöhe belief sich auf ca. 15 Euro. Die Sachbearbeiterin der Versicherungsgesellschaft hatte mittlerweile den elften Brief mit der Bitte um Beantwortung an die Versicherungsnehmerin versandt. Eine Frage war z. B., wo die Kerzen gekauft wurden und wie weit bereits jede einzelne abgebrannt war. Dies geht allerdings zu weit, da die sachdienlichen Erhebungen bereits abgeschlossen waren (OLG Saarbrücken Vers.R. 96, 1494). Nach dem Schadensfall, wenn feststeht, dass Versicherungsschutz vorliegt, können Sie Nachschlagszahlungen verlangen. Hierzu heißt es im Versicherungsvertragsgesetz: „Sind diese Erhebungen bis zum Ablauf eines Monats seit der Anzeige des Versicherungsfalls nicht beendet, so kann der Versicherungsnehmer in Anrechnung auf die Gesamtforderung Abschlagszahlungen in Höhe des Betrags verlangen, den der Versicherer nach Lage der Sachminderung zu zahlen hat.“
Tipp: Schriftlich anfordern
Fordern Sie die Abschlagszahlung schriftlich bei der Versicherungsgesellschaft an. In manchen Fällen übersenden die Versicherungsgesellschaften Abfindungserklärungen. Damit wird ein bestimmter Geldbetrag festgelegt und im Gegenzug unterschreiben Sie, dass damit alle Ansprüche abgegolten seien. Kann z. B. die Höhe des Schadens nicht zweifelsfrei ermittelt werden, arbeiten die Versicherungsgesellschaften mit Abfindungserklärungen. Bei einer Unfallversicherung heißt das oft: Durch ein Gutachten wird ein vorläufiger Grad der Körperschädigung festgelegt. Nach diesem rechnet die Versicherungsgesellschaft die Höhe der Versicherungsleistung aus und vereinbart mit Ihnen einen darüber hinausgehenden Betrag. Dafür müssen Sie eine Abfindungserklärung unterschreiben. Nehmen Sie jetzt das Geld, sind weiter gehende Ansprüche ausgeschlossen. Verschlechtern sich die Unfallfolgen zwei Jahre nach dem Unfall gravierend, können Sie keine Zahlung mehr nachfordern.
Tipp: Lassen Sie sich beraten
Lassen Sie sich bei Abfindungserklärungen unbedingt durch einen Rechtsanwalt oder Versicherungsberater unabhängig beraten.
Welche Fristen bestehen zur Durchsetzung von Ansprüchen?
Im Versicherungsvertragsgesetz (WG) wurde festgelegt, dass der Versicherer von der Leistung frei ist, wenn der Anspruch nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird. Die Frist beginnt allerdings erst zu laufen, wenn der Versicherungsnehmer über den Ablauf der Frist und die damit verbundenen Rechtsfolgen schriftlich belehrt wurde. Diese Belehrung muss in klarer und unmissverständlicher Art erfolgen. Des Weiteren muss der Versicherer beweisen, dass die Ablehnung und Fristsetzung dem richtigen Adressaten zugegangen sind. Dies wird auch in der Praxis vom Versicherer umgesetzt.
Tipp: Bei Ablehnungen von Ansprüchen sofort reagieren
Bekommen Sie nach einem Schaden vom Versicherer einen Einschreibebrief mit einer Ablehnung, wenden Sie sich zur Überprüfung umgehend an einen Anwalt, Versicherungsberater oder den Ombudsmann. Nur so kann geprüft werden, ob die Ablehnung rechtlich haltbar ist.
Auch im Versicherungsbereich gibt es eine Verjährung. Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren in der Regel nach zwei Jahren, bei Lebensversicherungen nach fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit Schluss des Jahres, in dem die Leistung verlangt werden kann.