Die Kraftfahrzeugversicherungen im Test Teil I
Zuschauerfragen an die Redaktion
Herr Hüller aus Barth:
„Beim Kauf eines Gebrauchtwagens wurde mit nur ein Autoschlüssel übergeben. Der Zweitschlüssel soll dem Besitzer abhanden gekommen sein. Hat dies Auswirkungen auf den Versicherungsschutz?“
Sie müssen nachweisen, wo alle Fahrzeugschlüssel sind. Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass das Kraftfahrzeug mit einem Zweitschlüssel gestohlen wird. Führen Sie in Ihrem Kaufvertrag auf, dass Sie nur einen Schlüssel erhalten haben. Teilen Sie dies der Versicherungsgesellschaft mit. In der Regel wird die Versicherungsgesellschaft die Auswechslung aller Schlösser verlangen. Nur so können Sie jedoch sicher sein, dass Sie überhaupt Versicherungsschutz haben. Am besten mindern Sie beim Kauf die Kaufsumme gleich um diese Aufwendungen.
Frau Jagnow aus Ludwigslust:
„Bei einem Kaskoschaden habe ich einen Gutachter für die Ermittlung des Schadens selbst beauftragt. Jetzt will die Versicherungsgesellschaft für die Kosten nicht aufkommen.“
In der Kaskoversicherung ist nur das Kraftfahrzeug versichert, Gutachterkosten oder – wie im Kraftfahrzeughaftpflichtbereich bekannt – Mietwagenkosten sind nicht versichert. Nach Meldung des Schadens erfolgt die Besichtigung durch einen Gutachter der Versicherung. Nur wenn Sie mit dem Gutachten nicht einverstanden sind, können Sie ein Gegengutachten veranlassen. Weicht dann dieses Gutachten erheblich vom Gutachten der Versicherungsgesellschaft ab, muss diese die Kosten übernehmen.
Herr Tretter aus Zehdenick:
„Durch Pressemeldungen habe ich gehört, dass sich im Kraftfahrzeughaftpflichtbereich bei der Auszahlung der Versicherungsleistung einiges verändert hat.“ Das neue zweite Schadenersatzänderungsgesetz hat auch hier Auswirkungen. So hat der Geschädigte in Zukunft nur ein Anrecht auf die Auszahlung der Mehrwertsteuer, wenn er diese durch Vorlage einer Reparaturrechnung nachweist. Nach der alten Regelung konnte der Geschädigte anhand des Gutachtens oder eines Kostenvoranschlags den Schaden abrechnen. Zu den kalkulierten Reparaturkosten wurde ebenfalls die Mehrwertsteuer ausbezahlt, ohne dass die Reparatur nachgewiesen werden musste. Erfolgt jetzt eine fiktive Abrechnung anhand eines Gutachtens oder Kostenvoranschlags, wird die Mehrwertsteuer nicht mehr ausbezahlt. Wenn Sie eine fiktive Abrechnung vornehmen, behalten Sie sich beim Versicherer das Recht vor, die Mehrwertsteuer noch nachzufordern, wenn eine Reparaturrechnung vorliegt und die gezählte Entschädigungsleistung hierfür nicht ausreicht.
Frau Karau aus Suhl:
„Bei der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung soll es Rückforderungen der Versicherungsleistung durch die Versicherungsgesellschaft geben. Wann kann dies erfolgen?“ Auch in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung sind bestimmte Obliegenheiten zu erfüllen. Diese sind in zwei Gruppen unterteilt. Zunächst die Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalls:
● Das Fahrzeug darf zu keinem anderen Zweck, als im Versicherungsvertrag benannt, verwendet werden.
● Das Fahrzeug darf nicht zu behördlich nicht genehmigten Fahrveranstaltungen verwendet werden, die auf die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten ausgerichtet sind.
● Das Fahrzeug darf nicht unberechtigt gebraucht werden und Sie dürfen es auch nicht wissentlich unberechtigt gebrauchen lassen.
● Das Fahrzeug darf nicht auf öffentlichen Wegen und Plätzen benutzt werden, wenn der Fahrer nicht die vorgeschriebene Fahrerlaubnis besitzt.
● Das Fahrzeug darf nicht benutzt werden, wenn der Fahrer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht mehr sicher in der Lage ist, das Fahrzeug zu fuhren.
Bei Verletzung der Obliegenheiten oder bei Gefahrerhöhung verlieren Sie nicht den gesamten Versicherungsschutz. Die Leistungsfreiheit beschränkt sich auf 5.000 Euro. Werden nach Eintritt des Versicherungsfalls vorsätzlich oder grob fahrlässig Obliegenheiten verletzt, ist die Leistungsfreiheit auf 2.500 Euro begrenzt. Dies gilt nicht, wenn eine grob fahrlässig begangene Obliegenheit weder Einfuss auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf den Umfang des Schadens hat. Bei besonders schwer wiegenden, vorsätzlich begangenen Verletzungen der Aufklärungs- und Schadensminderungspflicht, z. B. Fahrerflucht, ist die Leistungspflicht auf 5.000 Euro begrenzt.
Weiter führende Folgen wurden für den Fall festgelegt, dass jemand eine Obliegenheitsverletzung mit dem Ziel begeht, sich oder Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Zu den weiter gehenden Folgen zählt auch, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig
● einen Anspruch ganz oder teilweise anerkennt oder befriedigt,
● Anzeigepflichten verletzt oder
● einen Rechtsstreit selbst durchführt.
In der Kaskoversicherung gibt es keine summenmäßige Begrenzung. Für den Verbraucher gilt das „Alles-oder-nichts-Prinzip“.
Frau Manau aus Erlangen:
„Wie ist es in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung in Bezug auf die Regulierung des Schadens?“
Im Kraftfahrzeughaftpflichtbereich geht die Regulierungsbefugnis sehr weit. Durch den Versicherungsvertrag wird die Versicherungsgesellschaft bevollmächtigt, den Schadensfall zu regulieren. Sie prüft, ob die Ansprüche berechtigt sind oder ob diese abgelehnt werden müssen. Dazu können Ermittlungsakten eingesehen oder Zeugen befragt werden. Wenn die Versicherungsgesellschaft die Regulierung nicht ordnungsgemäß vorgenommen hat, besteht allerdings die Möglichkeit, die Prämiendifferenz aufgrund der Höherstufung einzufordern.
Frau Zwicklau aus Rotenbuch:
„Durch einen Unfall in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung wurde ich hoch gestuft und muss jetzt mehr Versicherungsprämie bezahlen. Nun habe ich gehört, dass es möglich ist, den Schaden zurückzuzahlen. Wie geht das?“ In der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist es möglich, die Höherstufung zu umgehen, jedoch nur, wenn Sie die von der Versicherung erbrachte Schadenszahlung innerhalb einer bestimmten Frist zurückzahlen. Das Versicherungsunternehmen schreibt Sie diesbezüglich an. Lassen Sie sich ausrechnen, wie Ihre Versicherungsprämie in den nächsten Jahren steigt. Dann können Sie entscheiden, ob Sie den Schaden aus eigener Tasche begleichen wollen.
Herr Ufer aus Parchim:
„Durch einen Unfall habe ich einen nur kleinen Kratzer auf meiner Motorhaube, aber die Frontscheibe ist kaputt. Wie soll ich mich jetzt verhalten?“ Wenn Sie den Kratzer an der Motorhaube und die Frontscheibe reguliert haben möchten, müssen Sie Ihre Vollkaskoversicherung einsetzen. Dann wird die Selbstbeteiligung vom Schadensbetrag abgezogen und es erfolgt eine Höherstufung der Schadenfreiheitsklasse. Damit müssen Sie für die Kaskoversicherung einen höheren Versicherungsbeitrag zahlen. Es ist hier günstiger, nur den Schaden an der Frontscheibe der Teilkaskoversicherung zu melden. Die Selbstbeteiligung liegt dort in der Regel niedriger als bei der Vollkaskoversicherung. Durch die Teilkaskoversicherung werden Sie nicht höher gestuft. Bei mehreren Schäden im Jahr kann es allerdings passieren, dass die Versicherungsgesellschaft Ihren Kaskoversicherungsvertrag kündigt.
Frau Deutschbein aus Merseburg:
„In der Teilkaskoversicherung wird der direkte Zusammenstoß mit Haarwild versichert. Was passiert, wenn ich ausweiche?“ Ein Ersatz über die Versicherungsgesellschaft ist auch bei einem Ausweichen möglich. Dieser erfolgt über § 62 Versicherungsvertragsgesetz (WG), der so genannten Rettungspflicht. Überlegungsgrund ist hierbei, dass durch den Zusammenstoß mit Haarwild weitaus größere Schäden entstehen können. Weicht dann der Versicherungsnehmer aus, darf ihm daraus kein Schaden entstehen. Diese Regelung tritt allerdings nicht ein bei kleinen Tieren wie z. B. Hase, Dachs etc. Hier ist ein Ausweichen, auch wenn es schwer fällt, nicht angebracht. Sonst kann es zu Unfällen kommen, die Ihr Leben gefährden. Sie sind allerdings beweispflichtig dafür, dass Sie durch ein Haarwild aus- weichen mussten. Sind Zeugen vorhanden, z. B. nachfolgender Verkehr, nehmen Sie deren Personalien auf. Denken Sie an die Versicherungsbestimmungen bei Meldungen im Kraftfahrzeugkaskobereich.
Herr Wilhelm aus Schwerin:
„Darf man einen Fahrzeugbrief im Auto lassen?“
In vielen Urteilen wird das Belassen des Fahrzeugbriefs im Auto als grob fahrlässig gewertet (OLG Köln Vers.R. 95, 456). Somit wird keine Versicherungsleistung bezahlt. Anders verhält es sich beim Fahrzeugschein. Hier sind viele Urteile auf Seiten des Verbrauchers. Aber auch hier der Tipp: Vorsorgen ist besser als ein Rechtsstreit. Lassen Sie den Fahrzeugbrief auf keinen Fall im Kraftfahrzeug und die anderen Unterlagen nehmen Sie ebenfalls mit, wenn Sie aus dem Auto steigen.
Frau Breitling aus Hamm:
„Was passiert eigentlich, wenn der Unfallverursacher Fahrerflucht begeht und nicht ermittelbar ist?“
Zum Schutz des Geschädigten wurde 1963 von allen Autohaftpflichtversicherungen, die dem Huk-Verband angeschlossen waren, der Verein Verkehrsopferhilfe gegründet. Der Verein tritt ein, wenn durch keine andere Stelle wie z. B. Versicherung oder Berufsgenossenschaft eine Leistung erfolgt. Bei einem Verkehrsunfall ist eine Leistung über den Verein z. B. möglich, wenn
● der Verursacher nicht ermittelt werden kann,
● der Verursacher nicht pflichtversichert ist,
● der Verursacher vorsätzlich den Schaden verursacht hat.
Bei Fahrerflucht ist die Leistung allerdings eingeschränkt.
● Schäden am eigenen Pkw werden nicht ersetzt. Dazu gehören auch Mietwagen- und Abschleppkosten.
● Des Weiteren werden Sachschäden, z. B. an Kleidung oder an Gebäuden, erst ab einer Summe von 500 Euro übernommen.
● Schmerzensgeldzahlungen erfolgen erst bei schwer wiegenden Verletzungen.
Der Antrag auf Leistungen kann formlos erfolgen. Der Verein hat auch eine Schadensmeldungung entworfen, die zur Anmeldung nutzbar ist. Die Schadensanzeige Verkehrsopferhilfe finden Sie auch in unserem Versicherung-Ratgeber. An den Verein können Sie sich wie folgt wenden:
Verein Verkehrsopferhilfe e.V.
Glockengießerwall 1 20095 Hamburg Tel.: (0 40) 3 01 80-0 Fax: (0 40) 3 01 80-70 70
verkehrsopferhilfe*de