Nach Berechnungen der Rentenversicherungsträger scheidet jeder fünfte Angestellte und jeder dritte Arbeiter vor Erreichen der Altersgrenze durch Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit aus dem Arbeitsleben aus. Die Versorgungslücken liegen in diesen Fällen im Allgemeinen bei etwa 30 bis 60 Prozent des Bruttoeinkommens. Die durchschnittlichen Berufsunfähigkeitsrenten betrugen bisher etwa 750 Euro für Männer und etwa 600 Euro für Frauen. Für alle nach I960 Geborenen hat sich ab dem Jahre 2001 eine wesentliche Änderung ergeben durch das Rentenreformgesetz von 1999. Danach gibt es für diese Personengruppe künftig statt der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente nur noch eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente).
Ausbildung und Beruf werden nicht mehr berücksichtigt, sondern einem Ingenieur wird gegebenenfalls zugemutet, als Gärtner zu arbeiten. Wer unter diesen Voraussetzungen sechs oder mehr Stunden am Tag tätig sein kann, erhält nicht – wie bisher – eine Berufsunfähigkeitsrente (BU-Rente), sondern überhaupt keine Rente mehr. Wer drei bis sechs Stunden pro Tag arbeiten kann, bekommt die halbe EM-Rente. Wer keine drei Stunden mehr arbeiten kann, dem wird statt der bisherigen Erwerbsunfähigkeitsrente die volle EM-Rente bezahlt. Die EM-Rente beträgt in etwa 60 Prozent der Altersrente, die der Invalide erreicht hätte, wenn er bis zum 57.
Lebensjahr gearbeitet und Rentenversicherungsbeiträge entsprechend seinen jetzigen Einkünften entrichtet hätte. Von den zurzeit etwa 3,5 Millionen Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten werden nur etwa zehn Prozent aufgrund von Unfällen gezahlt. Die weitaus überwiegende Ursache für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben sind Krankheiten, vor allem Herz-, Gefäß-, Rheuma-, Gelenk- und Nervenerkrankungen. Dabei sind jedoch nicht nur ältere Berufstätige betroffen, sondern in zunehmendem Maße auch solche mittleren und jüngeren Alters. Obwohl die Absicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit so wichtig ist, wird dieser Versicherungsschutz nur selten angeboten. Er ist lediglich in etwa jeder siebten Lebensversicherung enthalten.
Der Grund ist auch hier, dass diese Versicherungsart kein langfristig verfügbares Geld in die Kassen der Unternehmen bringt, weshalb weniger Provision gezahlt wird, also verschieben die Vermittler die entsprechenden Beiträge lieber in die Kapital bildenden und provisionsträchtigeren Teile des Vertrages oder in Unfallversicherungen, bei denen ein halber Jahresbeitrag und mehr als Provision vergütet wird. Es empfiehlt sich dagegen, die Berufsunfähigkeitsversicherung neben einer Unfallversicherung abzuschließen und den sich überschneidenden Versicherungsschutz zu kombinieren. Die Unfallversicherung zahlt nur im Falle einer Unfallinvalidität und keine Rente, sondern einen Kapitalbetrag entsprechend einer vereinbarten Versicherungssumme und dem Grad der durch einen Unfall verursachten Invalidität. Die Prämien zur Unfallversicherung sind sehr billig.
Ein Versicherter ohne körperliche Tätigkeit zahlt für 100000 Euro Versicherungssumme im Falle der Vollinvalidität ca. 40 Euro Beitrag im Jahr, ein Versicherter mit körperlicher Tätigkeit (z.B. Handwerker) ca. 51 Euro im Jahr (Beiträge einer BdV-Gruppenversicherung). Unfallversicherungen können mit einer so genannten Progression abgeschlossen werden, wodurch die Auszahlung der Versicherungsleistung je nach Invaliditätsgrad auf bis zu 225 Prozent ansteigt. Bei einer Versicherungssumme von 100000 Euro würden bei Vollinvalidität 225000 Euro ausgezahlt. Der Beitragszuschlag für die Progression beträgt etwa 30 bis 40 Prozent.
Bei Abschluss einer Unfallversicherung neben einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist die Vereinbarung der Progression aber nicht unbedingt wichtig, da bei einer Unfallinvalidität von mehr als 50 Prozent beide Versicherungen zahlen. Die Berufsunfähigkeitsversicherung überweist im Falle einer dauernden Berufsunfähigkeit – ob durch Unfall oder Krankheit – eine vereinbarte Monatsrente. Mit Eintritt der Berufsunfähigkeit entfällt in der Regel auch jede weitere Beitragszahlung.