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Versicherungsfall – Haftpflichtversicherung

Obliegenheiten im Versicherungsfall
Tritt der Versicherungsfall ein, also ein Schadenereignis nach AHB, treffen den VN mehrere Obliegenheiten.

a) Anzeigepflichten
Der Versicherungsfall ist dem VR unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche,
schriftlich anzuzeigen.
Anzeigepflichtig ist jedes Schadenereignis, das mit einiger Wahrscheinlichkeit Ansprüche Dritter zur Folge haben könnte.
Erhebt der Geschädigte Ansprüche gegenüber dem VN, ist dies zusätzlich anzuzeigen.
Es ist unbeachtlich, ob der VN die Ansprüche für begründet hält oder nicht. Eine Anzeigepflichtverletzung liegt auch vor, wenn die rechtzeitige Anzeige deshalb unterblieb, weil der VN nach Schadeneintritt erst einmal (fälschlicherweise) davon ausging, dass aufgrund einer Ausschlussbestimmung keine Deckung bestehen würde.
Außerdem sind alle gerichtlichen Schritte, die gegen den VN (Mitversicherter) unternommen werden, unverzüglich anzuzeigen, u. a. bei
• Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, Erlass eines Strafbefehls,
• gerichtlicher Geltendmachung des Anspruchs durch den Geschädigten (Klage-,
Mahnbescheidsantrag ), Prozesskostenhilfeantrag,
• gerichtlicher Streitverkündung, Arrest, einstweiliger Verfügung, Anordnung eines
Beweissicherungsverfahrens.

Gegen Mahnbescheide oder Verfügungen von Verwaltungsbehörden auf Schadenersatz hat der VN fristgemäß Widerspruch zu erheben bzw. die erforderlichen Rechtsbehelfe zu ergreifen.

b) Schadenminderungspflicht
Wie in allen Schadenversicherungen ist der VN auch hier verpflichtet, alles zur Abwendung und zur Minderung des Schadens zu tun. Dazu gehört auch die Unterstützung des VR zur Abwehr unberechtigter Ansprüche und Befriedigung berechtigter Ansprüche (Auskunfts- und Belegpflicht).
Der VN muss selbst dann den Hergang wahrheitsgemäß schildern, wenn er sich dabei dem Vorwurf einer strafbaren Handlung oder der Strafverfolgung aussetzt.

c) Schadenanerkenntnis- und Befriedigungsverbot, Vollmachtsregelung
Dem VN ist untersagt, ohne vorherige Zustimmung des VR einen Anspruch teilweise oder ganz anzuerkennen oder gar zu befriedigen. Ein eigenmächtiges Handeln des VN könnte sonst die Verhandlungsposition des VR bei der Schadenregulierung von vornherein verschlechtern.
Kein Anerkenntnis liegt vor, wenn der VN dem Geschädigten gegenüber erklärt, dass er für den Schaden in Höhe seiner gesetzlichen Verpflichtung aufkommt.
Das Verbot entfällt, wenn der VN nachweisen kann, dass nach den Umständen des Schadenereignisses die Anerkennung/Befriedigung des Anspruchs nicht ohne offenbare Unbilligkeit verweigert werden konnte.
Dies ist sicherlich ein seltener Ausnahmefall, der dann in Betracht kommt, wenn die Frage der Haftung objektiv (nicht nur irrtümlich aus der Sicht des VN) völlig eindeutig ist und der Geschädigte sich in einer Notlage befindet.
Im Haftpflichtprozess hat der VN dem VR die Prozessführung zu überlassen. Der VR und dessen Anwalt gelten auch als bevollmächtigt, alle wesentlichen Erklärungen zur Haftungsfrage namens des VN abzugeben.
Schon mit Abschluss des Versicherungsvertrages hat der VN aufgrund der AHB diese Vollmachten erteilt. Deshalb handelt es sich bei der Vollmachtsregelung eigentlich um keine Obliegenheit, die ja grundsätzlich ein Tun oder Unterlassen des VN fordern würde.

d) Verletzungsfolgen
Verletzt der VN eine im oder nach dem Versicherungsfall zu erfüllende Obliegenheit gilt folgendes:
– Bei vorsätzlicher Verletzung behält der VN den Versicherungsschutz insoweit nur,
wenn die Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des VR ernsthaft zu
beeinträchtigen, oder wenn den VN kein erhebliches Verschulden trifft.
– Bei grob fahrlässiger Verletzung behält der VN den Versicherungsschutz nur
insoweit, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des
Versicherungsfalls noch auf die Bemessung der Leistung gehabt hat.
– Bei grob fahrlässiger Verletzung der Obliegenheit „Abwendung oder Minderung des
Schadens“ behält der VN seinen Versicherungsschutz insoweit, als der Umfang des
Schadens auch bei Erfüllung der Obliegenheit nicht geringer gewesen wäre.

Schadenbearbeitung
Die Schadenbearbeitung erfolgt auf der Grundlage der vom VN auszufüllenden Schadenanzeige.

– Deckungsprüfung
Im Rahmen dieser Prüfung, die das jeweilige Innenverhältnis zwischen VN und VR betrifft, sind folgende Fragen zu klären:
• Ist das schadenverursachende Risiko versichert?
Hier ist zu prüfen, ob die Antragserklärung mit den tatsächlich gegebenen Risikoverhältnissen übereinstimmt (Risikobeschreibung, -Veränderung, evtl. Vorsorgeversicherung).
• Wurde der Beitrag rechtzeitig bezahlt (Erstbeitrag, Folgebeitrag)?
• Liegt das Schadenereignis innerhalb des Vertragszeitraums?
• Fällt das Schadenereignis unter einen Ausschlusstatbestand aufgrund der RBE-
Privat bzw. aufgrund der AHB?
• Hat der VN bzw. der Versicherte Obliegenheiten verletzt?

– Prüfung der Haftpflichtfrage
Sie betrifft das Außenverhältnis zwischen VN und Anspruchsteller.
Führt die Deckungsprüfung allerdings zu dem Ergebnis, dass der VN für das schadenverursachende Risiko keinen Versicherungsschutz erhält, befasst sich der VR überhaupt nicht mit der Haftpflichtfrage, also auch nicht mit der Abwehr unbegründeter Ansprüche.

– Sonstige Prüfungen
Nach Feststellung des Haftungsgrunds und der Haftungshöhe wird noch geprüft:
• Überschreitet der Haftpflichtschaden die Deckungssumme oder einen
Selbstbehalt des VN?
• Bestehen Regressmöglichkeiten, weil mehrere Personen, also nicht nur der VN,
gesamtschuldnerisch haften?
• Ist der Schaden laut Teilungsabkommen abzuwickeln?
Bei einem Vergleich findet die Regulierung ihren Abschluss durch Unterzeichnung einer Abfindungserklärung durch den Geschädigten.

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