Auszeit für den Pflegenden – Pflegeversicherung in Deutschland
„Seit mein Mann einen Schlaganfall hatte, bin ich so gut wie nie mehr vor die Tür gekommen. Ich pflege ihn ja gerne, aber jetzt muss ich auch mal wieder an mich denken, sonst halte ich das nicht mehr lange aus“. – So oder ähnlich hört es sich oft an, wenn ein Angehöriger zu Hause gepflegt wird. Die Pflegenden sind hohen psychischen und körperlichen Belastungen ausgesetzt. Sich einmal eine Auszeit zu nehmen und wegzufahren, ist für die meisten undenkbar, weil sie ihren Angehörigen nicht alleine lassen wollen. Trotzdem ist dieser Schritt nicht nur sinnvoll, sondern gerade nach langen Zeiten ohne Urlaub oder bei Schwerstpflegefällen dringend nötig. Die Betreuung eines pflegebedürftigen Menschen zu Hause ist mindestens genauso anstrengend wie eine Berufstätigkeit. Um neue Kraft und Energie tanken zu können, brauchen auch pflegende Angehörige mal Ferien von der Pflege. Doch häufig verzichten sie auf Urlaub, da sie sich fragen, wer in ihrer Abwesenheit die Pflege übernehmen soll. Die Schonung der eigenen Gesundheit und die Regeneration der eigenen Kräfte sollten ein gutes Argument sein, um sich diese Auszeit zu gönnen.
Damit Ihre Angehörigen auch während eines Urlaubs in guten Händen sind, können Sie eine Urlaubsvertretung beantragen. Für die Ersatzpflege übernimmt die Pflegekasse die Kosten bis zu einem Betrag von 1.432 Euro und für 28 Tage im Jahr. Voraussetzung ist allerdings: Die Pflegeperson muss den Pflegebedürftigen schon mindestens ein Jahr betreut haben. Der Pflegebedürftige oder stellvertretend die Angehörigen stellen bei der zuständigen Krankenkasse einen Antrag auf „Verhinderungspflege“. Es sollte gemeinsam überlegt werden, wer als Ferienvertretung in Frage kommt. Das kann beispielsweise ein Familienmitglied sein. Auch Nachbarn, Bekannte oder ein ambulanter Pflegedienst können die Urlaubspflege übernehmen. Dann erhält der Pflege-bedürftige weiterhin Geld entsprechend der bewilligten Pflegestufe: 205 Euro für Pflegestufe 1, 410 Euro für Pflegestufe 2 und 665 Euro für Pflegestufe 3. Darüber hinaus werden zusätzliche Ausgaben der Urlaubsvertretung bis zu einer Höhe von 1.432 Euro erstattet. Dies können beispielsweise Fahrtkosten oder Verdienstausfall sein. Für diese Ausgaben müssen entsprechende Nachweise beigefügt werden.
123Vesicherung rät: Heben Sie aus diesem Grund unbedingt alle Quittungen und Belege auf.
Was leistet die Kasse?
Die Kasse übernimmt die Kosten für längstens vier Wochen, das heißt für maximal 28 Tage und bis zu 1.432 Euro im Kalenderjahr. Die vier Wochen müssen nicht zusammenhängend verlaufen. In Ausnahmefällen ist auch eine stundenweise Leistungserbringung möglich.
123Vesicherung rät: In einem Kalenderjahr kann sowohl die Kostenübernahme für vier Wochen Verhinderungspflege als auch für vier Wochen Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden. Fällt die ständige Pflegekraft aus, zahlt die Kasse somit maximal acht Wochen die Kosten für eine Betreuung durch externe Pflegekräfte.
Erfolgt die Ersatzpflege nicht erwerbsmäßig durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, können im Regelfall nur die Aufwendungen bis zur Höhe des Pflegegeldes übernommen werden. Nur wenn der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Ersatzpflege tatsächlich höhere Kosten entstanden sind (zum Beispiel Fahrtkosten oder Verdienstausfall bei unbezahltem Urlaub), können diese erstattet werden. Die Gesamtkosten dürfen auch in diesem Fall den Höchstbetrag von 1.432 Euro nicht übersteigen.
Eine Begrenzung auf die Höhe des Pflegegeldes erfolgt nicht, wenn die Ersatzpflege erwerbsmäßig, d. h. zur Erzielung von Erwerbseinkommen, durchgeführt wird. Hier sollte man mit den Pflegepersonen einen Honorarvertrag machen. Auskünfte erteilt die jeweils zuständige Pflegekasse. Wird die Ersatzpflege nicht im häuslichen Bereich durchgeführt, sondern zum Beispiel in einem Wohnheim für Behinderte oder in einer Pflegeeinrichtung, werden nur die pflegebedingten Aufwendungen bis zum Höchstbetrag von 1.432 Euro übernommen. Bezahlt werden damit aber nur Pflegekosten. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung dagegen müssen die Gäste selbst tragen. Das Pflegegeld ruht während der Ersatzpflege; für den ersten und letzten Tag wird jedoch Pflegegeld gezahlt.
123Vesicherung rät: Wo der Urlaub stattfindet, spielt bei der Verhinderungspflege keine Rolle. So kann die Pflegeperson auch zu Hause Urlauben, während der Pflegebedürftige eine Urlaubsreise durchführt, wie das Sozialgericht Lübeck entschieden hat.