Sie sollten sich in jedem Fall Ihre Entscheidungsfreiheit zurückholen und den Vertrag – ob zertifiziert oder nicht – wieder aufheben. Das Zertifikat, das Ihr Vertrag hat oder das man Ihnen bei einem nicht zertifizierten Vertrag versprochen hat, ist nichts wert. Es besagt nämlich nichts über die Güte des Angebotes. Deshalb sieht das Zertifizierungs-Gesetz (§ 7) auch ausdrücklich vor, dass der Anbieter in seinen Informationen einen deutlich hervorgehobenen Hinweis folgenden Wortlauts aufzunehmen hat: Bei der Zertifizierung ist nicht geprüft worden, ob der Altersvorsorgevertrag wirtschaftlich tragfähig, die Zusage des Anbieters erfüllbar ist und die Vertragsbedingungen zivilrechtlich wirksam sind. Zertifizierter Vertrag ist also nicht gleich zertifizierter Vertrag! Es gibt erhebliche Unterschiede zu den Renditeerwartungen.
Dann sollten Sie anhand der obigen Informationen zunächst einmal prüfen,
ob Sie nicht voreilig einen falschen Vertrag (z. B. eine private Rentenversicherung, möglicherweise noch bei einer schlechten Gesellschaft) abgeschlossen haben,
ob Sie den Vertrag aufheben wollen, um die vielen besseren Angebote der Zukunft prüfen und gegebenenfalls annehmen zu können oder
ob Sie nicht ganz auf die Förderung verzichten sollten.
Dafür müssen Sie wissen:
Sie können den Vertrag ruhen lassen oder den Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres kündigen, um das gebildete Kapital auf einen anderen Altersvorsorgevertrag übertragen zu lassen.
Sie verlieren dabei zum Glück nicht so viel Geld, als wenn Sie z.B. eine normale private Rentenversicherung kündigen. Während bei Kapital bildenden Versicherungen in der Regel die ersten Jahresbeiträge verloren sind, gilt für Altersvorsorgeverträge (also auch für staatlich geförderte private Rentenversicherungen), dass die Abschluss- und Vertriebskosten über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren gleichmäßig zu verteilen sind.
Sie haben in den letzten Monaten einen nicht zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen
Wer Ihnen im Jahre 2001 einen nicht zertifizierten Altersvorsorgevertrag – meistens in Form einer privaten Rentenversicherung – aufgeschwatzt hat, wollte nichts weiter, als Ihnen Ihre Entscheidungsfreiheit zu rauben und zu verhindern, dass Sie sich später für ein besseres Angebot beispielsweise aus dem Fondsbereich entscheiden.
Umwandlung in einen zertifizierten Vertrag
Für Verträge, die vor dem Inkrafttreten des Zertifizierungsgesetzes (1. August 2001) abgeschlossen worden sind, ist eine Umwandlung in einen Altersvorsorgevertrag möglich (§ 1 Absatz 1 Satz 3 AltZertG), wenn der Vertrag, im Bedarfsfall nach einer entsprechenden Änderung, die Voraussetzungen für eine Zertifizierung im Sinne dieses Gesetzes erfüllt. Bei einer Umwandlung ist genau darauf zu achten, dass tatsächlich nur eine Umwandlung stattfindet und nicht der alte Vertrag aufgehoben und nur der Rückkaufswert – sofern vorhanden – in einen neuen Altersvorsorgevertrag übertragen wird. Das ist nämlich die entscheidende Frage und genau zu kontrollieren, ob die Ab-schluss- und Vertriebskosten gleichmäßig auf zehn Jahre verteilt werden.
Rücktritt bis 14 Tage nach Erhalt der Police!
Wenn Sie die Police für einen Altersvorsorgevertrag in Form einer privaten Rentenversicherung noch nicht oder gerade erst erhalten haben, können Sie nach § 8 Absatz 5 des Versicherungsvertragsgesetzes (WG) ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurücktreten. Da das Absendedatum ausschlaggebend ist, möglichst per Einwurf-Einschreiben.
Widerspruch bis zu einem Jahr nach Zahlung des ersten Beitrages
Nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) müssen die Lebensversicherer vor Vertragsabschluss (nach § 7 Absatz 1 AltZertG vor der Antragsstellung) in einer Verbraucherinformation – schriftlich, eindeutig formuliert, übersichtlich gegliedert und verständlich – über die für das Versicherungsverhältnis maßgeblichen Tatsachen, also auch über die vielen Nachteile Kapital bildender Versicherungen informieren: über die hohen Verluste bei Kündigung und darüber, dass Lebensversicherer einseitig die Höhe der von ihnen geschuldeten Leistungen bestimmen können, dass sie den Umfang dieser Leistungen durch Kostenverschwendungen und das Verschwindenlassen von Versichertengeld in stillen Reserven oder im Konzern dezimieren können. Diese Informationen liefert aber kein Lebensversicherer. Deshalb können fast alle Versicherten innerhalb von zwölf Monaten nach Zahlung des ersten Beitrages dem Vertragsabschluss widersprechen.
Zu einer bereits – ohne Zertifikat – abgeschlossenen Riester-Versicherung schreiben Sie an die Versicherungsgesellschaft: Ich widerspreche dem Vertragsabschluss gemäß § 5a des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), weil Ihre Verbraucherinformation nicht dem § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und § 7 Absatz I des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG) entspricht. Das ergibt sich auch aus den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 2001 (IV ZR 138/99 und IV ZR 121/00). Sie haben mir einen angeblich förderungsfähigen Vertrag an- geboten, mich aber nicht auf die steuerliche Behandlung eines nicht zertifizierten Vertrages hingewiesen und auch nicht darauf, dass die versprochene bzw. garantierte spätere Zertifizierung nichts darüber aussagt, ob der Altersvorsorgevertrag wirtschaftlich tragfähig, Ihre Zusagen erfüllbar und die Vertragsbedingungen zivilrechtlich wirksam sind. Außerdem widerrufe ich die Ihnen erteilte Einzugsermächtigung auf mein Konto. Bitte zahlen Sie alle eingezahlten Beiträge plus sieben Prozent Zinsen zurück, sonst wende ich mich wegen einer Klage an den Bund der Versicherten oder eine Verbraucherzentrale.
Die Versicherer schreiben danach oft, dass sie den Widerspruch nur als Kündigung anerkennen und dass der Versicherte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Beiträge habe. Wegen dieser Spielchen ist der letzte Halbsatz im Widerspruch-Schreiben mit dem Hinweis auf den Bund der Versicherten und die Verbraucherzentralen sehr wichtig. Die Versicherer erkennen daran, dass sich der Versicherte im Falle einer Weigerung an den Bund der Versicherten wenden wird, der in solchen Fällen die sofortige Klagerhebung empfiehlt (weitere Informationen).
Zur mangelhaften Verbraucherinformation gibt es leider keine positiven Gerichtsurteile für die Versicherten, da die Versicherer bisher in allen vom Bund der Versicherten geführten Prozessen nach Klagerhebung oder in der mündlichen Verhandlung vor Gericht oder auch noch danach alle Beiträge plus Zinsen an den Versicherten zurückzahlen und dadurch für die Verbraucher positive Gerichtsurteile verhindert haben. So ist in einem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht Bonn vom 25. Juli 2001 (5 S 14/01) zu lesen, dass der Versicherer auf Anraten der Kammer den Anspruch auf Rückzahlung aller Beiträge anerkannt hat. Gleiches und sogar eine Bargeldzahlung im Gerichtssaal geschah in zwei – ebenfalls vom Bund der Versicherten geführten – Prozessen vor dem Landgericht Berlin.