Soziale Betreuung
Anspruch auf vollstationäre Pflege
Sachverhalt: Der 52 Jahre alte Kläger, der seit 1997 wegen einer schizophrenen Psychose in einer Pflegeeinrichtung lebt, begehrt von der beklagten Pflegekasse die Leistungen der vollstationären Pflege aus der sozialen Pflegeversicherung. Die Beklagte lehnt dies ab, weil der Kläger nach seinem Pflegebedarf nicht einmal die Voraussetzungen der Pflegestufe 1 erfülle; der tägliche Bedarf an Grundpflege liege bei ca. 30 Minuten. Die Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der Revision macht der Kläger geltend, bei stationärer Pflege sei ein anderer Maßstab als bei ambulanter Pflege anzulegen. Wenn nach dem Gesetz bei stationärer Pflege auch Anspruch auf soziale Betreuung und medizinische Behandlungspflege bestehe, seien diese Leistungen schon bei der Feststellung des Pflegebedarfs zu berücksichtigen. Er, der Kläger, benötige in einem erheblichen Umfang soziale Betreuung, die zu einem angemessenen Zeitzuschlag führen müsse, wodurch er zumindest die Voraussetzungen der Pflegestufe 1 erfülle.
Entscheidung:
Die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen. Er erfüllt nicht die Voraussetzungen der Pflegestufe 1, weil bei stationärer Pflege zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit derselbe Maßstab wie bei der ambulanten Pflege gilt. Daran ändert sich nichts dadurch, dass bei stationärer Pflege auch ein Anspruch gegen die Pflegekasse auf medizinische Behandlungspflege und soziale Betreuung besteht. Der Maßstab zur Feststellung des Versicherungsfalls der Pflegebedürftigkeit und zur Einstufung muss sich nicht mit dem gesetzlichen Leistungsumfang oder gar dem tatsächlichen Pflegebedarf decken, weil die soziale Pflegeversicherung keine Vollversicherung ist; sie ist auch im stationären Bereich durch Höchstbeträge begrenzt. Allerdings hängt von der jeweiligen Pflegestufe auch die Vergütung des Heimträgers ab, weil die Pflegeklasse sich grundsätzlich danach richten soll. Dem Rechtsanspruch des Heimträgers auf eine angemessene Vergütung kann aber dadurch Rechnung getragen werden, dass bei höherem Pflegebedarf durch Behandlungspflege oder soziale Betreuung eine höhere Pflegeklasse zugrunde zu legen ist. Sofern darüber mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen kein Einvernehmen besteht, kann der Heimträger seinen Vergütungsanspruch notfalls im Klagewege durchsetzen. Weil die Koppelung der Pflegeklasse an die Pflegestufe nicht zwingend gilt, war der Heimträger auch nicht notwendig beizuladen. (Bundessozialgericht, 10.02.2000 / SG Hannover – S 29 P 97/97 / LSG Niedersachsen – 1.3 P 71/98 – B 3 P 12/99 R)