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Das Phänomen im Verbraucherverhalten – zuerst Versichern und dann Informieren

Der einzelne Verbraucher könnte dem derzeitigen Versicherungsunwesen leicht entgehen – durch eigene Information; denn es gibt – wie schon mehrfach erwähnt-einige Unternehmen, bei denen sich jeder, der sich informiert, bedarfsgerecht und zu günstigen Konditionen versichern könnte. Doch Meinungsumfragen haben in der Vergangenheit als Einstellung fast aller Verbraucher ergeben: Versichern – ja, aber informieren – nein, danke – ein Phänomen, das eigentlich unerklärlich ist.

Die Bedeutung von Versicherung für Notfälle haben alle erkannt. Nur sie verdrängen offenbar den Gedanken an ein Unglück, das vielleicht in weiter Zukunft eintreten könnte. Sie sehen nicht die Notwendigkeit, sich heute zu informieren und zu versichern, und verschieben alles auf morgen. Wenn sie sich dann versichern, glauben sie, Versicherungen seien bei allen Gesellschaften gleich und kosteten das Gleiche – ein folgenschwerer Irrtum! Außerdem ist die Information sicher nicht leicht. Man kann Versicherung nicht sehen und nicht begreifen. Versicherungen bestehen nur aus Geld und Worten.

Der Einzelne weiß nicht, welche Versicherungsarten es gibt, welche er braucht, welche Versicherungen in seiner Situation Priorität haben, welche Versorgungslücken bestehen, welchen Versicherungsbedarf er hat, welchen Umfang also jede einzelne Versicherung speziell für seine persönlichen Verhältnisse haben muss, was die für ihn passenden Versicherungen letztlich bei den Hunderten von Versicherungsunternehmen kosten. Der Einzelne weiß gerade noch, dass er von unbekannten Gefahren bedroht ist und dass er irgendwie und irgendwas bezahlen muss, wenn er selbst irgendwann einmal im Schadensfall Geld bekommen möchte. Versicherungsschutz ist außerdem etwas Komplexes. Er besteht nicht nur aus einer einzigen Versicherungspolice, sondern aus einem ganzen Bündel von Verträgen, die unterschiedliche Prioritäten besitzen.

Selbst wenn sich jemand informieren will, gelingt ihm dieses kaum, weil viele Gesellschaften ihre Angebote durch Bedingungsabweichungen, besondere Tarife oder die unterschiedlichsten Kombinationen im Versicherungsschutz unvergleichbar machen. Bei all diesen Besonderheiten ist es töricht, wenn einige meinen, der Verbraucher solle und könne sich vor dem Abschluss einer Versicherung wie beim Kauf einer Ware informieren und Angebote vergleichen. Selbst ein Wirtschaftsfachmann wie Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt hat zugegeben, dass ihm der rechte Durchblick fehlt. Sein damaliger Kabinettskollege Hans Apel, als Finanzminister gleichzeitig Oberaufseher des Versicherungswesens, meinte: Ich verlasse mich auf einen Freund, der eine Versicherungsvertretung hat. Ich zahle und hoffe, dass ich richtig versichert bin.

Die Informationsunlust und Unwissenheit der Verbraucher ist eine zwangsläufige Folge der Ungeregeltheiten und der Intransparenz im Versicherungswesen. Schon bei der Einrichtung einer staatlichen Versicherungsaufsicht zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war den Verantwortlichen das Informationsproblem der Bürger in Sachen Versicherung bewusst – so die Begründung für das Versicherungsaufsichtsgesetz: Maßgebend ist einerseits die große volkswirtschaftliche, soziale und ethische Bedeutung des Versicherungswesens, andererseits die Gefahr schwerster Schädigung des Volkswohls, die von einem Missbrauch des Versicherungswesens droht und umso näher liegt, als auf diesem Gebiete selbst der sorgsame und verständige Bürger ohne Hilfe von anderer Seite zu eigener Beurteilung regelmäßig nicht imstande ist. Dass der Einzelne in der Lage wäre, sich durch umsichtige Prüfung ein zutreffendes Urteil darüber zu bilden, welcher Unternehmung er sein Vertrauen schenken dürfe, lässt sich im Allgemeinen nicht annehmen.

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