Die gesetzliche Unfallversicherung GUV
In der Bundesrepublik Deutschland ereignen sich jährlich Millionen von Arbeitsunfällen, wobei infolge der größeren Verkehrsdichte die Zahl der Wegeunfalle prozentual immer mehr ansteigt. Die Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung beschränkt sich nicht nur auf eine finanzielle Entschädigung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, sondern umfasst gleichermaßen die Unfallverhütung und den Erlass von Unfallverhütungsvorschriften. Den privaten Risikobereich schützt die gesetzliche Unfallversicherung allerdings nicht. Die zunehmende Freizeit der Arbeitnehmer und ihre Nutzung durch Sport, Spiel oder Reisen birgt eine nicht minder einzuschätzende Gefahrenquelle.
Immer mehr Bürger erkennen diese Versorgungslücke. Eine ausreichende Absicherung der ganzen Familie kann nur durch die private Unfallversicherung erreicht werden. Sie ist heute aus dem Versorgungsbereich des modernen Menschen nicht mehr wegzudenken.
Gliederung und Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung unterscheidet drei verschiedene Versicherungszweige:
1. Die allgemeine Unfallversicherung. Träger sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften.
2. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung. Träger sind die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften.
3. Die Seeunfallversicherung. Träger ist die See-Berufsgenossenschaft.
Für den Bereich der nicht-gewerblichen Wirtschaft sind die gemeindlichen Unfallversicherungsträger (in der Regel der örtlich zuständige Gemeinde Unfallversicherungsverband) zuständig, so zum Beispiel auch für Kinderunfälle.
Beiträge
Die Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherung werden im Umlageverfahren finanziert. Maßgebende Beitragsbemessungsgrundlage ist im Allgemeinen die Lohnsumme unter Berücksichtigung von Gefahrentarifen und die betriebsindividuelle Unfallhäufigkeit. Die Beitragszahlung übernimmt allein der Arbeitgeber.
Wer ist in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert?
Die Versicherung einer Person kann kraft Gesetzes, kraft Satzung der Berufsgenossenschaft oder kraft Vertrages mit der Berufsgenossenschaft (freiwillige Versicherung) begründet sein.
• Kraft Gesetzes sind versichert: Beschäftigte aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses; Hausgewerbetreibende; Personen, die im Interesse des Gemeinwohls tätig werden (z. B. beim Roten Kreuz); Hilfeleistende bei Not und Gefahr anderer; Kinder, Schüler, Studierende während des Besuchs von Kindergarten, Schule oder Hochschule; gemeldete Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger; Schausteller und Artisten.
• Kraft Satzung einzelner Berufsgenossenschaften sind versichert: Unternehmer und mittätige Ehegatten, wenn die Berufsgenossenschaft eine Unternehmer-Pflichtversicherung kraft Satzung eingeführt hat.
• Durch Vertrag mit der Berufsgenossenschaft können sich freiwillig versichern: Unternehmer und Ehegatten, wenn sie weder kraft Gesetzes noch kraft Satzung pflichtversichert sind.
Welche Risken deckt die gesetzliche Unfallversicherung ab?
Wie bei jeder Versicherungsform bezieht sich der Versicherungsschutz nur auf bestimmte Risiken. Grundsätzlich aber ist nur der Körperschaden versichert.
Der Wegeunfall
Hierunter fallen alle Unfälle auf dem direkten Weg (= kürzester oder verkehrstechnisch günstigster Weg) nach und vom Ort der Tätigkeit (Betrieb, Kindergarten, Schule, Hochschule). Kein Versicherungsschutz besteht während Wegeunterbrechungen (z. B. Einkauf), bei Umwegen aus privaten Anlässen und bei Unfällen infolge Trunkenheit. Um- und Abwege sind nur in bestimmten Fällen geschützt, z. B. wenn sie zum Abholen des Kindes aus fremder Obhut oder zur Teilnahme an einer Fahrgemeinschaft vorgenommen werden.
Der Arbeitsunfall
Geschützt sind alle Unfälle im Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit bzw. beim Besuch des Kindergartens, der Schule oder Hochschule.
Die Berufskrankheit
Versichert sind nur Erkrankungen, die in der jeweils geltenden Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt sind.
Die Leistungsarten
Heilbehandlung, Verletztengeld, Berufshilfe, Übergangsgeld, Verletztenrente, Pflegegeld, Sterbegeld, Überführungskosten (zum Ort der Bestattung), Witwen-/Witwerrente, Waisenrente, Elternrente.
Höhe der wichtigsten Leistungen
• Verletztenrente wird erst ab einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (= MdE) von 20% gezahlt.
Bei 100% MdE: die Vollrente in Höhe von 2/3 des Jahresarbeitsverdienstes (= JAV).
Bei teilweiser MdE: entsprechender Teil der Vollrente.
• Verletztengeld wird gewährt ab Beendigung der Lohnfortzahlung für die Dauer der Heilbehandlung: 80% des Regellohnes (= Bruttoarbeitsentgelt pro Kalendertag), höchstens jedoch Nettolohn.
• Übergangsgeld bei Gewähr von berufsfordernden Leistungen (z. B. Umschulung), höchstens 75% des Verletztengeides.
• Das Sterbegeld beträgt 1/7 der im Zeitpunkt des Todes geltenden Bezugsgröße
• Die Witwen-/Witwerrente beträgt grundsätzlich 3/10 des JAV; 4/10 des JAV, wenn Witwe(r) älter als 45 oder berufs- bzw. erwerbsunfähig ist oder mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind erzieht.
• Die Waisenrente betägt bei Halbwaisen 2/10 des JAV, bei Vollwaisen 3/10 des JAV
• Die Elternrente beläuft sich auf 2/10 des JAV für ein Elternteil bzw. 3/10 des JAV für das Elternpaar, sofern die Eltern vom Versicherten unterhalten wurden.
Hinterbliebenenrenten dürfen zusammen höchstens 80% des JAV betragen.
Es erfolgt eine Verrechnung mit Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV): Beide Renten dürfen zusammen eine Höchstgrenze nicht überschreiten. Der jeweilige Teil der GRV-Rente ruht in diesem Fall.
Die gesetzliche Schüler-Unfallversicherung
Im Jahr sterben rund 6 000 Kinder unter 14 Jahren, 41% infolge von Unfällen. Häufigste Unfallursache ist nicht etwa der Straßenverkehr, sondern Gefahrenquellen in Haus, Hof und Garten. So ereignen sich die meisten tödlichen Unfälle im Laufstall, durch Plastiktüten, Arzneimittel, Steckdosen, Reinigungsmittel und heiße Flüssigkeiten. 80% aller Unfälle sind auf diese Ursachen zurückzuführen.
Eckdaten
Grundsätzlich gilt, dass
a) Kinder unter drei Jahren nicht versichert sind
b) lediglich der Schulbereich und -weg, nicht aber die Freizeit, versichert sind
c) die Leistungen keineswegs ausreichen
Wer ist versichert?
• Kinder ab drei Jahren beim Besuch von Kindergärten
• Schüler allgemein bildender Schulen
• Lernende in beruflicher Aus- und Fortbildung sowie ehrenamtlich Lehrende in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, berufsbildenden Schulen usw.
• Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen Was wird gezahlt?
Nach einem Unfall bezahlt der Versicherungsträger (Gemeinde- unfallversicherungsverband, Städte über 500000 Einwohner, das Land)
• die Heilbehandlung, ambulante und stationäre Behandlung, solange sich eine Besserung der Verletzungsfolgen oder eine Steigerung der Erwerbsfähigkeit erwarten lässt.
• Verletztengeld, das den Ausfall eines Arbeitseinkommens aus- gleichen soll und nur gezahlt wird, wenn der Schüler oder Student bereits beruflich tätig war.
• Verletztenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit um mindestens 20% gemindert ist.
Grundlage der Rentenberechnung
1. Bezugsgröße für 1995:
48 720,- (alte Bundesländer bzw.
39 480,- (neue Bundesländer)
2. Höhe der Rente (bei 100% Invalidität):
bis 6. Lebensjahr: 25% von 2/3 der jeweiligen Bezugsgröße,
ab 6.-14. Lebensjahr: 33,33% von 2/3
ab 14. -18. Lebensjahr: 40% von 2/3
ab. 18. Lebensjahr: 60% von 2/3
Bei einem Unfall im Jahre 1995 würde die gesetzliche Schüler- Unfallversicherung folgende Renten zahlen:
Monatliche Rentenbeträge in der Gesetzlichen Unfallversicherung, Werte für 1995
Alter des Verletzten | Grad der Invalidität | Monatliche Rente in € | |
alte Bundesländer | neue Bundesländer | ||
Vor Vollendung des | 100% | 677.- | 548.- |
6. Lebens | 80% | 541- | 439.- |
jahres | 60% | 406,- | 329.- |
40% | 271.- | 219.- | |
20% | 135.- | 110.- | |
Ab dem 6. bis zur | 100% | 902.- | 731.- |
Vollendung des 14. | 80% | 772.- | 585.- |
Lebensjahres | 60% | 541.- | 439.- |
40% | 361.- | 292.- | |
20% | 180.- | 146.- | |
Jugendliche ab dem | 100% | 1 083.- | 877.- |
14. bis zur Vollen | 80% | 866.- | 702.- |
dung des 18. Le | 60% | 650.- | 526.- |
bensjahres | 40% | 433.- | 351.- |
20% | 217.- | 175.- | |
Ab dem 18. Le | 100% | 1624.- | 1316.- |
bensjahr | 80% | 1299.- | 1053.- |
60% | 874.- | 790.- | |
40% | 650.- | 526.- | |
20% | 325.- | 263.- |
Ergänzung ist notwendig
Berücksichtigt man die Ferien usw., dann sind die Kinder nur während 20% der Zeit versichert. Dabei ereignen sich die meisten Unfälle in der Freizeit (81%) und nur 19% in der Schule. Informationen zur privaten Unfallversicherung finden Sie in dem Versicherungsartikel Die Invaliditätsvorsorge.
Seit dem 01.01.1997 ist die gesetzliche Unfallversicherung nicht mehr durch die Reichsversicherungsordnung geregelt, sondern im siebten Buch des Sozialgesetzbuches. Die gesetzliche Schülerunfallversicherung wurde dahingehend erweitert, dass künftig Kinder auch während des Besuches von Tagesheimen, Kinderkrippen, Kinderhorten und Krabbelstuben versichert sind, wenn es sich hierbei um genehmigungspflichtige Einrichtungen handelt.