Die beste Krankheit taugt nichts. (Sprichwort)
Jung, gesund, gutverdienend – das ist der Idealpatient der rund 50 privaten Krankenversicherungen in der Bundesrepublik. In bunten Anzeigen wird er umworben, als Universitätsabsolvent noch während des Examens direkt angesprochen. Versprochen wird ihm das Wunder auf Erden: bessere Leistungen, Vorzugsbehandlung mit Einzelzimmer und Chefarzt, höhere Erstattung für Zahnersatz – und das alles auch noch für geringere Beiträge. Ein lediger dreißig-jähriger Angestellter zahlt nur zwischen 150 und 250 € im Monat Eigenanteil. Ist er gesetzlich versichert, kostet der Krankenschutz dagegen bis zu 450 €. Fast alle der rund 7,3 Millionen Privatversicherten – Beamte, Selbständige und gutverdienende Angestellte – sind in jungen Jahren mit diesen Argumenten angeworben worden. Die Entscheidung für oder gegen eine private Krankenversicherung sollte bis spätestens 30 Jahre fallen. Je älter der Versicherte bei Eintritt ist, desto höher wird der Beitrag und desto geringer die Ersparnis gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse. Die Entscheidung für die private oder gesetzliche Krankenkasse ist wohl die schwierigste Frage in der privaten Personenversicherung. Das Beitragsvolumen, das der Versicherte in rund 45 Mitgliedsjahren überweist, geht ohne Inflation inklusive Arbeitgeberbeiträgen auf gut 300 000 € zu. Der Versicherte geht einen Bund fürs Leben ein, denn ein Wechsel zur privaten Krankenkasse ist im allgemeinen endgültig. Beamte und Selbständige können überhaupt nicht zurück, Arbeitnehmer nur, wenn ihr Einkommen wieder unter die Pflichtgrenze fällt oder sie ein halbes Jahr vor der Rente arbeitslos werden. Selbst das klappt seit 2 000 nach dem 55. Lebensjahr nur noch, wenn Sie fünf Jahre vorher mindestens die Hälfte der Zeit in einer gesetzlichen Kasse versichert waren. Auch wer sich einmal von der Versicherungspflicht befreien lässt, kommt seit 1993 nicht mehr in die gesetzliche Kasse. Die wichtigsten Kriterien für einen Wechsel sind die weitere Lebensplanung des Versicherten (will er heiraten und will er Kinder haben?) und das Problem der hohen Beiträge im Alter. Gerade die rasant steigenden Altersbeiträge – meist ab einem Alter von 55 Jahren- haben das Neugeschäft der privaten Kranken Versicherer erheblich beeinträchtigt. Zähneknirschend mussten die Unternehmen Mitte 1994 einen Standardtarif einführen, der die Beiträge im Alter auf den Höchstsatz der gesetzlichen Krankenkassen beschränkt und seit 2 000 den Zugang schon mit 55 ermöglicht, falls das Ein-kommen unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Und seit 1995 können Versicherte – ebenfalls zum Ärger der Versicherer – ohne Gesundheitsprüfung zwischen allen vergleichbaren Tarifen einer Gesellschaft wechseln. Wer den Schritt in die private Versicherung nicht wagen will, dem bieten die Unternehmen einen Kompromiss: Kassenpatienten können den Status des Privatpatienten durch eine private Zusatzversicherung erreichen. Die Zusatzversicherung ist jedoch eher eine unwichtige Luxusversicherung, deren Abschluss allein von den persönlichen Bedürfnissen abhängt.