Erschwerende Faktoren
An dieser Stelle fragt der Gutachter nach verschiedenen Faktoren, die möglicherweise zusätzliche Minuten bringen, weil es sich um Erschwernisfaktoren handelt. Teilweise wird der Gutachter diese Faktoren nicht ansprechen, weil für ihn das Notwendige bereits klar ist, etwa ein sehr hohes Körpergewicht. Mehr dazu weiter hinten unter „Erschwernisfaktoren“.
Nächtlicher Grundpflegebedarf
Für die Pflegestufen 1 und 2 ist diese Frage nicht so wichtig, die Pflegestufe 3 wird aber nur dann zuerkannt, wenn auch in der Nacht Pflegebedarf besteht. Nebenbei erfährt der Gutachter möglicherweise unter diesem Punkt etwas über die reale Versorgungssituation. Dabei geht es auch um Plausibilität. Wenn auf der einen Seite gemäß den Angaben der Angehörigen ein Versicherter bei jedem Toilettengang Hilfe benötigt, andererseits in der Nacht keine Hilfsperson greifbar ist, was macht der Versicherte dann, wenn er nachts aufs Klo muss? Geht er selbst, wird der Hilfebedarf am Tage nicht in dem Maße drängend sein, wie es von den Angehörigen dargestellt wurde. Benötigt er aber wirklich Hilfe, dann ist der Versicherte in der Nacht unterversorgt, mithin vielleicht gefährdet. Wenn er sich in der Nacht quasi auf allen vieren aufs WC schleppt und dabei stürzt, kann das schwer wiegende Folgen haben. Ganz ohne Hintersinn ist die Frage nach dem nächtlichen Pflegebedarf also nicht.
Pflege rund um die Uhr
Ziemlich am Anfang des Besuchs fragt der Gutachter die Versammelten nach dem Umfang der pflegerischen Versorgung. Er meint damit, wie oft und wie lange für den Versicherten Hilfeleistungen notwendig werden, und zwar in allen Bereichen zusammengenommen, also auch bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Gelegentlich, ob mit Hintersinn oder aus der täglichen Routine heraus, schließt der Gutachter in seine Fragestellung nur die beiden ersten im Formular genannten Möglichkeiten ein: Wie off pro Tag oder pro Woche? Er kann auch noch fragen, ob vielleicht Pflege rund um die Uhr erforderlich ist. Wie es halt so läuft im Leben, kommen Befragte hin und wieder nicht auf die offensichtliche Antwort und antworten vielleicht zum Beispiel mit „25- mal pro Tag“ anstatt mit dem nahe liegenden „rund um die Uhr“. Diese Antwort kann sich unter Umständen zum Bumerang entwickeln, dann nämlich, wenn es um die Pflegestufe 3 geht.
Um die Pflegestufe 3 zu erhalten, muss der Versicherte nicht nur auf mindestens 240 Minuten körperbezogene Pflege täglich angewiesen sein, diese Pflegeleistung muss auch explizit „rund um die Uhr“ erforderlich werden.
Es soll hier nicht näher auf die spezielle Geometrie politisch motivierter Gesetzestexte und damit auf die Frage eingegangen werden, wieso vier Stunden Pflege innerhalb eines Tages mit 24 Stunden als „rund um die Uhr“ bezeichnet werden dürfen. Jedenfalls kann es Vorkommen, dass bei einem Versicherten bei ansonsten vorliegenden notwendigen Zeiten die Pflegestufe 3 verweigert wird, weil keine Pflege rund um die Uhr erforderlich und/oder geleistet wird. So etwas ist zwar selten und die Chancen auf einen erfolgreichen Widerspruch stehen außerordentlich günstig, man sollte sich die Scherereien jedoch im Vorfeld ersparen, indem man die richtigen Antworten gibt.