Für Lebensversicherungen, die ab 1995 abgeschlossen wurden, gelten völlig neue Rahmenbedingungen. Die Kontrolle durch das Aufsichtsamt ist weitgehend eingeschränkt, Bedingungen und Tarife brauchen nicht mehr genehmigt zu werden. Alle wesentlichen Bestandteile einer Kapitalversicherung – insbesondere die Überschussbeteiligung und die Rückzahlungen bei vorzeitiger Kündigung – müssen jetzt in den Bedingungen transparent geregelt und mit dem Kunden konkret vereinbart werden.
Die Gesellschaften glauben nun, ihre weitgehend beliebige Verfügungsmacht, die Möglichkeiten der Querverrechnung, Abschreibungen und Vermögensmanipulationen mit den Lebensversicherten dadurch vereinbaren zu können, dass sie in die Versicherungsbedingungen schreiben, sie bilanzierten nach handelsrechtlichen Vor-schriften. Meinen Sie, einer solchen Formulierung entnehmen zu können, dass die Gesellschaft mit Ihren Beiträgen, deren Überschüssen und Erträgen weitgehend beliebig umgehen, sie für Kostenverschwendungen missbrauchen, durch Abschreibungen dezimieren und in dunklen Kanälen des Konzerns verschwinden lassen darf?
Der Bund der Versicherten (BdV) hat im Jahre 2001 etwa 50 Lebensversicherer abgemahnt und teilweise verklagt, dass sie – bei nach 1994 abgeschlossenen Verträgen – die vom Bundesgerichtshof für unwirksam erklärten Klauseln nicht weiter verwenden und sich bei der Abwicklung der Verträge nicht auf diese Klauseln berufen. Der BdV führt weitere Musterprozesse, die ergeben können, dass alle nach 1994 abgeschlossenen Kapitalversicherungen unwirksam sind und die Lebensversicherten ihre gesamten Beiträge plus Zinsen zurückerhalten oder zumindest eine höhere Überschussbeteiligung bekommen.
Lebensversicherte könnten sich nach den endgültigen Urteilen in den vielen Musterprozessen des BdV auf diese Entscheidungen berufen und gegebenenfalls zum Rückkaufswert von bereits gekündigten Kapitalversicherungen weitere Ansprüche geltend machen. Die Verjährungsfrist ist fünf Kalenderjahre (beginnend mit dem Jahr nach Ablauf oder Kündigung des Vertrages). Möglicherweise ist auch eine 30-jährige Frist gegeben.