1. Erklären Sie die Haftpflicht aus vermutetem Verschulden und nennen Sie gesetzliche Bestimmungen, die eine solche Haftung vorsehen.
2. Bei den Frühjahrsstürmen dieses Jahres fällt ein Baugerüst der Firma X, das sich am Haus des Herrn M befindet, auf den nagelneuen Pkw des Herrn O, der als Mieter des Herrn M in dessen Haus wohnt. Das Auto wird dabei schwer beschädigt.
Wie ist die Rechtslage?
3. Änderung des Sachverhalts: Während des Winters wird das Auto des Herrn O durch eine Dachlawine, die sich vom Haus des Herrn M gelöst hat, beschädigt.
4. Durch die von Frau Thomas nicht ordnungsgemäß angebrachten Blumenkästen am Balkon ihrer Mietwohnung wurde bekanntlich das Auto des Herrn Zurbriggen beschädigt.
Da Frau Thomas keine Haftpflichtversicherung hat und sie als Rentnerin mit geringer Rente den Schaden auch vermutlich nicht bezahlen kann, wendet sich Herr Zurbriggen an den Vermieter des Hauses mit der Begründung, er hafte für Schäden durch Teile, die sich von seinem Gebäude lösen.
Prüfen Sie, ob der Vermieter als Eigentümer des Hauses schadenersatzpflichtig ist unter der Voraussetzung,
a) dass er die Anbringung der Blumenkästen durch Frau Thomas gestattet hat,
b) dass er von der Anbringung der Blumenkästen nichts wusste.
c) Fallvariation: Wie würden Sie die Haftungsfrage beurteilen, wenn der Schaden
dadurch entstanden ist, dass das Balkongeländer unter der nicht außergewöhnlichen
Last der Blumenkästen abbrechen und dadurch ein Blumenkasten herunterfallen
konnte?
5. Entscheiden Sie jeweils die Frage der Haftung in den folgenden Fällen:
a) Bauer Arnold treibt seine Kühe von der Weide in den Stall. Dabei beschädigt die
Herde ein Auto.
b) Das Gehöft des Bauern Arnold wird vom Schäferhund Barko bewacht, der an
seine Hundehütte im Innenhof angekettet ist. Als ein Staubsaugervertreter das
Gehöft betritt und dabei zu nahe an der Hundehütte vorbeigeht, stürzt Barko heraus
und beißt ihn ins Bein.
c) Die Tochter des Bauern Arnold hat zum Geburtstag einen verspielten Pudel
bekommen. Bei der Postzustellung springt der Pudel den Briefträger von hinten an.
Dieser weiß noch nichts von dem Pudel und glaubt deshalb, Barko sei los. Fluchtartig
läuft er zu seinem Postauto und stolpert dabei so unglücklich, dass er sich ein
Fußgelenk bricht.
6. In den Lernkontrollen zu letzten Artikel wurden Schäden durch Kinder beschrieben. Prüfen Sie zu diesen Fällen, ob die Eltern der jeweiligen Kinder haftbar gemacht werden können.
7. Der 6-jährige Gerrit spielt auf dem Kinderspielplatz eines Ausflugsrestaurants, während seine Eltern auf der Sonnenterrasse sitzen und ein angeregtes Gespräch mit den Tischnachbarn führen. Gleichwohl behält die Mutter von Gerrit ihr Kind im Auge. Gerrits Aufmerksamkeit wird auf das Messer eines 10-jährigen Jungen gelenkt, der neben dem Spielplatz Messerwürfe auf einen Baumstamm durchführt. Das will Gerrit auch einmal versuchen und rennt plötzlich auf das zum wiederholten Male geworfene Messer zu und zieht es aus der Baumrinde. Als er bemerkt, dass der 10-Jährige auf ihn zueilt, um es ihm abzunehmen, wirft er es wahllos fort. Das Messer prallt auf die Motorhaube einer geparkten Luxuslimousine und verursacht einen beträchtlichen Lackschaden. Die inzwischen herbeigeeilte Mutter konnte den Schaden nicht verhindern.
Prüfen Sie, ob der Eigentümer der Luxuslimousine
a) den 6-jährigen Gerrit,
b) die Eltern von Gerrit,
c) den 10-jährigen Jungen, der ohne seine Eltern unterwegs ist,
d) die Eltern des 10-jährigen Jungen haftbar machen kann.
8. Was versteht man unter der Exkulpationsmöglichkeit des Geschäftsherrn und unter welcher Voraussetzung kann von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden?
9. Schreinermeister Holz hat vor wenigen Tagen mit dem Gesellen Span einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Span hatte zuvor eine Schreinerlehre in einer anderen Schreinerei absolviert. Im Lehrabschlusszeugnis seines Lehrherrn ist vermerkt, dass Span handwerklich sehr geschickt ist und tadellose Gewerke erstellt. Sein Arbeitsplatz und sein Arbeitsumfeld seien jedoch häufig ungeordnet vorgefunden worden, was auch den Unfallverhütungsvorschriften zuwiderlaufe. Hier solle er sich in Zukunft mehr Selbstdisziplin auferlegen.
Am Montagmorgen seiner zweiten Arbeitswoche als Geselle wird Span von Meister Holz zu einer Baustelle geschickt. Er soll dort Dachlatten als Unterkonstruktion für den Einbau von Holzdecken anbringen. Holz ermahnt den Gesellen, auf der Baustelle entsprechende Ordnung zu halten und seinen Arbeitsbereich wegen anderer dort tätiger Handwerker abzusichern, was Span auch verspricht.
Auf der Baustelle beginnt Span mit dem Ablängen der Dachlatten und diese stapeln sich bald kreuz und guter. Eine der Dachlatten rutscht dabei von dem enstandenen Haufen genau in dem Moment in den Eingangsbereich, als der Installateurmeister Rohr ein besonders teures Porzellanwaschbecken hereinträgt. Rohr stolpert über die Dachlatte, wobei ihm das Porzellanwaschbecken aus der Hand rutscht und auf dem Boden zerschellt.
a) Prüfen Sie, nach welcher Rechtsgrundlage Installateurmeister Rohr den Gesellen
Span in Anspruch nehmen kann. Gehen Sie dabei auch auf alle Voraussetzungen
der Haftungsbestimmung ein.
b) Auf welche Rechtsgrundlage müsste sich der Installateurmeister stützen, wenn er
den Schreinermeister Holz in Anspruch nehmen wollte? Prüfen Sie auch die
Erfolgsaussichten, wenn er sich auf diese Rechtsgrundlage berufen wird.