Bestandsaufnahme
Lebensversicherungen, Familienversorgung und eine Absicherung für den Fall der Invalidität könnten so einfach sein und dieser Teil unserer Versicherungsratgeber könnte hier enden, wenn da nicht die Kapitalgier der Versicherungsgesellschaften wäre und wenn es nicht die etwa 70 Millionen falsch abgeschlossenen Kapital-Lebens- und privaten Rentenversicherunge gäbe. Zu den vielen Missständen in diesem Bereich lesen Sie bitte die einleitenden Abschnitte zu den Lebensversicherungen. Kapital-Lebensversicherungen gibt es in den verschiedensten Varianten: Sterbegeld-, Aussteuer- und Ausbildungsversicherungen und fondsgebundene sind Kapitalversicherungen. Auch die vermögensbildende Lebensversicherung ist eine Kapitalversicherung ebenso wie die Direktversicherung. Und die private Rentenversicherung gehört ebenfalls zu den Kapital bildenden Versicherungen!
Zusatzversicherungen
Für Kapitalversicherungen gibt es eine Reihe von Zusätzen: den Unfallzusatz, der einen Versicherungsschutz meistens in gleicher Höhe der Versicherungssumme für den Unfalltod einschließt. Das bedeutet, dass in einem solchen Fall die doppelte Versicherungssumme an die Hinterbliebenen gezahlt würde. Was aber kaum jemand erkannt hat: Dieser Versicherungsschutz ist viel zu teuer. Er kostet pro 1000 Euro etwa 1,00 bis 1,50 Euro im Jahr. Über eine günstige Unfallversicherung braucht der Versicherte nur die Hälfte zu zahlen. Außerdem ist nicht einzusehen, warum Hinterbliebene bei einem Unfalltod die doppelte Summe erben sollen. Darüber hinaus gibt es den Berufsunfähigkeitszusatz in zwei Variationen: einmal als Vereinbarung einer Beitragsbefreiung bei mehr als 50 Prozent Invalidität, zum anderen mit Beitragsbefreiung und einer zusätzlichen Rente, die in Prozenten der Versicherungssumme – z. B. zwölf oder 24 Prozent – vereinbart werden kann.
Neuerdings gibt es auch einen Pflegezusatz, den Einschluss einer lebenslangen Pflegeversicherung.
Die Werbemanager denken sich außerdem immer wieder neue Bonbons aus, um die Bürger zum Abschluss der sterbenden Kapital-Lebensversicherung zu verführen. Das wollen sie erreichen durch das Versprechen vorzeitiger oder laufender Auszahlungen aus – natürlich langfristigen – Kapitalversicherungen. Das versuchen sie zu bewerkstelligen, indem sie in Risikoversicherungen eine – natürlich wieder langfristige – Kapital-Lebensversicherung verstecken. Sie täuschen die Trennung von Versicherung und Geldanlage bei fondsgebundenen Lebensversicherungen vor oder werben mit Baufinanzierungen oder Berufsunfähigkeitsschutz für die dafür wenig sinnvolle Kapital-Lebensversicherung.
Fragwürdige Werbemethoden: Drücker und scheinbar seriöse Werber
Wie Pilze sind in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts Vermittlungsgesellschaften und Spezialangebote für bestimmte Zielgruppen wie junge oder alte Leute sowie für alle möglichen Berufsgruppen aus der Erde geschossen. Da werden Kapital-Lebensversicherungen unter Bezeichnungen wie Jugendschutzbriefe, Vermögensplan oder Die große Kapitalbildung verkauft. Alten Leuten verspricht man Sicherheit für wenig Geld und ohne Gesundheitsprüfung (ein teures Glücksspiel für Kranke, an dem sich Gesunde nicht beteiligen sollten). Und manche Gesellschaften bezeichnen sich als die Arzte- oder Anwalts- oder Handwerkerversicherung. Auch vor Vertretern angesehener Verbände und Institutionen sollten Sie sich in Acht nehmen. Sie sollten am besten mit niemandem über Ihre private Zusatzversorgung sprechen, wenn Sie nicht vorher ein eigenes Versicherungskonzept fix und fertig erarbeitet haben.
Ein Vater schildert einen häufig vorkommenden Fall so: Eine meiner Töchter rief mich an und sagte mir, sie hätte einen Sparvertrag abgeschlossen, müsste monatlich 100 Mark Beitrag bezahlen und erhalte nach einigen Jahren in regelmäßigen Abständen das eingezahlte Geld nebst Zinsen zurück. Meine Tochter ist 24 Jahre alt und es war ihre erste selbstständige Handlung. Vor einigen Wochen brachte sie die Unterlagen mit nach Hause und zu meinem und zu ihrem Erstaunen musste ich feststellen, dass sie eine Kapital-Lebensversicherung über 30000 Mark bei der Aachen-Münchener abgeschlossen hatte. (Vermittler war ein Deutscher Vermögensberater. Tausende von Mark können verloren gehen.)
Die Schilderung eines anderen Falles: Dieser Tage kam ein Herr zu mir und stellte sich vor, dass er vom Jugendamt käme und mich einmal über das Jugendschutzgesetz und über die Berufsgenossenschaft aufklären wollte. Nachdem er dann mit seinem Vortrag zu Ende war, legte er einen Antrag auf Lebens- und Unfallversicherung vom Deutschen Ring vor. Ein weiterer Fall: Heute kam ein Vertreter an meine Tür, der sich den Kindern, als ich nicht zu Hause war, bereits schon einmal als Familienhilfe vorgestellt hatte. Heute nun machte er sich im Garten an meinen fast 18-jährigen Sohn heran, dessen Daten inklusive Namen und Berufswahl er – wer weiß woher?! – kannte. Er stellte sich meinem Sohn als Berufsberater vor. Erst als ich ihn festnagelte, wich er aus und es stellte sich heraus, dass er von der Hamburg-Mannheimer Versicherung kam und nichts weiter wollte, als einem Jugendlichen eine Versicherung aufzuschwatzen. Hoffentlich tun alle Bürger es im Umgang mit solchen Drückern dieser resoluten Dame gleich, die schreibt: Ich habe diesem Mann sehr schnell die Lust genommen, sich noch einmal hier blicken zu lassen.
Wenn junge Menschen eine langfristige Kapital-Lebensversicherung abschließen, dann ist das vor allem aus zwei Gründen unsinnig: Erstens brauchen sie, solange sie niemanden zu versorgen haben, überhaupt keinen Versicherungsschutz für den Todesfall, den sie aber mit den Beiträgen zur Kapitalversicherung teuer bezahlen. Zum anderen hindern die relativ hohen Beiträge junge Leute daran, bis zur Familiengründung, bis zum Kauf einer kleinen Eigentumswohnung oder bis zum Bau eines Hauses ein Startkapital flexibel anzusparen.