Urlaub von der Pflege – Krank durch Pflege
Die Zahl der hilfs- und pflegebedürftigen Menschen in unserer Gesellschaft nimmt zu, weil immer mehr Menschen immer älter werden. Pflegebedürftig kann jeder werden, in jedem Alter – beispielsweise durch einen Unfall. Die über zwei Millionen Betroffenen sind auf gute, zeitintensive Hilfe angewiesen, manchmal auch auf häusliche Pflege. Dabei tragen traditionellerweise die Familien die Hauptlast. Sie – und dabei vor allem die Frauen – fühlen sich zur Pflege verpflichtet. Für viele bedeutet häusliche Pflege Arbeit und Präsenz rund um die Uhr. Das kostet Zeit und Kraft, reibt auf und geht an die Substanz. Mit der Verhinderungspflege und der Kurzzeitpflege hat der Gesetzgeber zwei Möglichkeiten geschaffen, die Pflege kurzzeitig in die Hände von anderen Pflegepersonen zu legen.
Krank durch Pflege
Über eine Million Menschen in Deutschland pflegen tagtäglich einen Menschen. Meistens wird diese Pflege von Frauen übernommen. Sie leisten die Pflege entweder alleine oder mit Hilfe von Profipflegern. Was viele gar nicht wissen: Es gibt die Möglichkeit, Urlaub von der Pflege zu nehmen – nämlich vier Wochen im Jahr. „Häusliche Pflege“ bedeutet vielfach den Verlust sozialer Kontakte. Urlaub wird zum Fremdwort. Pflegende Angehörige sind je nach Krankheitsstadium und subjektivem Erleben unterschiedlich stark belastet. Entfremdung, Verlust und Trauer, massive Veränderungen und Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben, gestörte Nachtruhe und körperlicher Einsatz, das soziale Abseits, finanzielle Einbußen und unzureichende psychosoziale Hilfen führen häufig zu psychischen und psychosomatischen Erkrankungen bei pflegenden Angehörigen. Obwohl Pflegende häufig extremen Belastungen ausgesetzt sind, nehmen nur etwas mehr als 10 Prozent professionelle Hilfen in Anspruch.
Oft sind Beratungs- und Entlastungsmöglichkeiten zu wenig bekannt, zu wenig an den Bedürfnissen der Betroffenen ausgerichtet, erscheinen zu teuer oder sind noch immer nicht ausreichend vorhanden. Auch kann das Gefühl, unersetzlich oder zur Hilfe verpflichtet zu sein, der Annahme von Unterstützung entgegenstehen. Sich mit der Diagnose „pflegebedürftig“ auseinander zu setzen, Entlastung anzunehmen und darin für die Erkrankten wie für sich selbst einen Nutzen zu sehen, erfordern einen Lernprozess, für den Pflegende unterschiedlich viel Zeit brauchen.