Laufende Aufsicht | |
Finanzaufsicht(Dauernde Erfüllbarkeit der Verträge) | Rechtsaufsicht(Wahrung der Belange der Versicherten) |
• Versicherungstechnische Rückstellungen undausreichende Beiträge • Risikogerechte Kapitalanlagen 9 Solvabilität (Eigenmittelausstattung) • Einhaltung kaufmännischer Grundsätze • Geschäftsplan • Angemessenheit der Rückversicherung • Risikomanagement | • Gesetzesverstöße• Geschäftsplan • Überschussbeteiligung • Gleichbehandlungsgrundsatz • Aufklärung des VN • Unlauterer Wettbewerb • Korrekte Schadenregulierung • Bestandsübertragungen • Unerlaubter Geschäftsbetrieb • Kompetente Versicherungsvermittlung |
a) Aufsichtsbereiche
Die Zugangskontrolle wird ergänzt durch ständige Beaufsichtigung des gesamten Geschäftsbetriebes des VU. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen einer rechtlichen Aufsicht allgemein und einer Finanzaufsicht im Besonderen.
Für Verträge, die vor dem 29. Juli 1994 abgeschlossen wurden (Altbestand), gelten die alten Geschäftspläne mit genehmigten AVB und Tarifen (Lebens-, Kranken- und KH-Versicherung) weiter, d. h., die Aufsicht hat hier auch noch ihre früheren Befugnisse. Für die Lebensversicherung ist dies sogar ausdrücklich im Gesetz klargestellt worden (Kontrolle der Rückgewährquote).
Gegenstand der Rechtsaufsicht ist die ordnungsgemäße Durchführung des Geschäfts- I . Hiebes, d.h. die Einhaltung aller einschlägigen gesetzlichen Vorschriften (VAC5, VVG, PflVG, KfzPflW, HGB, BGB, UWG, Geldwäschegesetz) inkl. der rechtlichen Grundlagen des Geschäftsplans.
Es bedarf der besonderen Genehmigung durch die Aufsicht, wenn der Geschäftsplan geändert werden soll. Dies gilt nicht für Satzungsänderungen, die nur eine Kapitalerhöhung zum Gegen, stand haben. Genehmigungspflichtig ist auch die Übertragung des Versicherungsbestandes (d. H., sämtliche abgeschlossenen, noch nicht abgewickelten Versicherungsverträge werden auf ein anderes VU übertragen).
• Die Aufsicht geht Beschwerden eines einzelnen VN nach. Sie prüft, ob sich der
betreffende VR gesetzes- bzw. geschäftsplanmäßig verhalten hat bzw. die
Rechtsprechung – etwa die zum Nutzungsausfall in der Haftpflichtversicherung-
berücksichtigt hat.
Allerdings kann die Aufsichtsbehörde keinen privatrechtlichen Rechtsstreit entscheiden, sondern nur Feststellungen darüber treffen, ob ein zum Eingreifen zwingender Missstand vorliegt. Für die Schlichtung von Streitigkeiten mit dem VU kann sich der VN (Verbraucher) auch an den Verein Versicherungsombudsmann e. V. mit Sitz in Berlin wenden Private Rechtsstreitigkeiten sind ansonsten den ordentlichen Gerichten Vorbehalten (z. B. der Streit, ob ein Vertrag tatsächlich zustande gekommen ist oder ob eine Obliegenheit grob fahrlässig verletzt wurde).
• Im Rahmen von Amtsprüfungen lässt sich die Aufsichtsbehörde auch AVBen vor.
legen (unsystematische AVB-Kontrolle im laufenden Geschäftsbetrieb).
Bei einer solchen Prüfung hat das VU überhaupt alle Druckstücke, die im Verkehr mit dem VN verwendet werden, vorzulegen. Die Aufsicht kontrolliert hier z. B., ob das VU seinen umfangreichen Belehrungspflichten nachgekommen ist.
• Die Aufsicht überwacht die Einhaltung der besonderen Wettbewerbsregeln, die in
der Versicherungswirtschaft oft über die Bestimmungen des UWG hinausgehen. Dazu gehört z.B. das Auspannungsverbot (Verbot, den VN dazu zu veranlassen, Versicherungsverträge vorzeitig aufzulösen).
• Außerdem sind auch noch einige Sondertatbestände aufsichtsbehördlicher
Kontrolle unterstellt. Das VAG nennt hier das Verbot von Sondervergütungen an die
VN (besonders das Provisionsabgabeverbot) und das Verbot von Begünstigungsverträgen.
Begünstigungen sind unzulässig, wenn sachlich nicht gerechtfertigte Preisnachlässe gewährt werden. In ähnlicher Richtung wirkt auch das Gleichbehandlungsprinzip in der Lebens- und substitutiven Krankenversicherung, d. h., bei gleichen Voraussetzungen dürfen Beiträge und Leistungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden. Allerdings stehen diese aufsichtsrechtlichen Prinzipien in gewissem Widerspruch zum Prinzip des Wettbewerbs.
• Verboten ist auch die Verbindung von Darlehens- und Versicherungsgeschäften,
wenn die Versicherungssumme den Darlehensbetrag übersteigt.
Im Rahmen der Finanzaufsicht hat die Aufsichtsbehörde auf die wirtschaftliche Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit aller Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen zu achten, insbesondere auf
• die Bildung ausreichender versicherungstechnischer Rückstellungen und deren
Anlage in entsprechend geeigneten Vermögenswerten.
In der Kranken- und Lebensversicherung sind die Versicherten auch in angemessenem Umfang am technischen Überschuss zu beteiligen.
• die Einhaltung der kaufmännischen Grundsätze (ordnungsgemäße Verwaltung bzw.
Rechnungslegung).
Deshalb sind nicht nur die Jahresabschlüsse unverzüglich einzureichen. Die Aufsicht fordert auch Zwischenberichte (interne Rechnungslegung) an und legt dazu Form und Fristen fest.
Regelmäßig haben die VU über ihre gesamten Vermögensanlagen zu berichten, aufgegliedert in Neuanlagen und Bestände. Grundstückskäufe sind sogar sofort anzuzeigen.
• die Solvabilität der VU und die Einhaltung der übrigen finanziellen Grundlagen des
Geschäftsplans (Solvabilitätskontrolle).
Im laufenden Geschäftsbetrieb sind über den Mindestgarantiefonds (absolute Kapitalausstattung) hinaus Eigenmittel mindestens in Höhe der Solvabilitätsspanne (relative Kapitalausstattung) zu bilden. Diese bemisst sich nach dem gesamten Geschäftsumfang des VU. Ein Drittel der Solvabilitätsspanne gilt hierbei als Garantiefonds
b) Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörde
Werden Missstände sichtbar, ist die Aufsichtsbehörde zu entsprechenden Eingriffen
berechtigt. Sie kann
• alle Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, den Geschäftsbetrieb
mit den gesetzlichen Vorschriften und dem Geschäftsplan in Einklang zu halten bzw.
entsprechende Missstände zu vermeiden bzw. zu beseitigen.
• Änderungen des Geschäftsplans verlangen, und zwar auch mit Wirkung für
bestehende Versicherungsverträge, wenn es zur Wahrung der Belange der
Versicherten erforderlich ist.
• einen Sonderbeauftragten einsetzen, der die Geschäftsleitung ganz oder teilweise
ersetzt, solange die Belange der Versicherten nicht auf andere Weise gewahrt
werden können.
• die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb widerrufen,
z. B. wenn die Eigenmittel eines VU geringer sind als die Solvabilitätsspanne und das VU außerstande ist, Maßnahmen eines zuvor genehmigten Finanzierungsplans zur Wiederherstellung gesunder Finanzverhältnisse fristgerecht durchzuführen.
• Insolvenzantrag stellen.
Erwartete Neuregelungen zur Versicherungsaufsicht
Bis zum 1. November 2012 müssen alle Mitgliedsstaaten der EU über neue Aufsichtsgesetze verfügen.
Leitmotiv sollte eine wirksame Aufsicht sein. Eine Verkürzung der Aufsicht auf eine reine Solvenzaufsicht wäre dabei gemessen an dem in der beabsichtigten Richtlinie formulierten Ziel des Verbraucherschutzes zu wenig.
Quelle: Dr. Peter Präve, Versicherungswirtschaft Heft 17/2007
Im neuen Aufsichtsrecht sollen auf jeden Fall folgende Elemente erhalten bleiben:
• der Spartentrennungsgrundsatz,
• das Verbot versicherungsfremder Geschäfte,
• Sondervorschriften für die substitutive Krankenversicherung.
Ziel des neuen Aufsichtsrechts ist es, den Schutz der Versicherten deutlich zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhöhen. Im Wesentlichen ist vorgesehen, dass sich die Solvabilitätsanforderungen nach der Risikobereitschaft und der Art des Managements ausrichten sollen. Dies soll durch interne Kontrollen erfolgen.
Zielsetzung der Neuregelung ist die Begrenzung der Insolvenzwahrscheinlichkeit.