Die Marktwirtschaft hat einen Haken: Wer unwissend ist, darf betrogen werden. So arbeiten fast alle Gesellschaften und Vermittler nach der Devise: Die Unwissenheit der Verbraucher über Versicherungen und Geldanlagen ist der billigste Rohstoff, aus dem Geld gemacht werden kann. Gegen diese Devise hilft dem einzelnen Verbraucher nur die eigene Information und eigenes Wissen!
Trügerische Sicherheit und hohe finanzielle Verluste durch falsche Versicherungen und falsche Geldanlagen zur Altersvorsorge. Über Jahrzehnte haben die Bundesbürger Hunderte von Milliarden Mark verloren durch falsche und zu teure Versicherungen, durch hohe Verluste bei vorzeitigen Kündigungen und schlechte Renditen von Kapital-Lebens- und privaten Rentenversicherungen. Sie werden weiterhin Hunderte von Milliarden Euro verlieren durch den Abschluss falscher Verträge zur Altersvorsorge, die ihnen vor allem in den Jahren 2001 und 2002 angeboten werden (insbesondere private Rentenversicherungen), wenn sie sich nicht endlich eingehender über Versicherungen, Altersvorsorge und Geldanlagen informieren.
Warum beschäftigen sich fast alle tage- oder wochenlang mit dem Kauf eines neuen Autos oder mit der Buchung einer Urlaubsreise, nicht aber mit ihrer finanziellen Absicherung durch Versicherungen und der Anlage ihres Geldes, obwohl sie hierfür während ihres Lebens Hunderttausende von Euro ausgeben? Wenn die Bundesbürger wüssten, wie falsch sie versichert sind und wie viel Geld sie durch doppelt bis vierfach zu teure Versicherungsprämien verlieren, dann könnten sie in diesem Zustand der Unsicherheit bestimmt nicht mehr ruhig schlafen. Und sie würden diejenigen, die ihnen den falschen und viel zu teuren Versicherungsschutz vermittelt haben, nämlich ihre vermeintlichen Berater, aus dem Haus jagen. Aber nicht bedarfsgerechte Versicherungen tun eben nicht weh. Man erkennt sie nicht – oft sogar dann nicht, wenn das Unglück passiert ist (was zum Glück selten ist).
Eine Witwe mit kleinen Kindern freut sich meistens noch, dass der Mann eine Kapital-Lebensversicherung abgeschlossen hat, die zwar nicht weit reicht, aber immerhin über die ersten Monate oder über wenige Jahre hinweg hilft. Sie weiß und erfährt fast nie, dass sie und die Kinder für den gleichen Beitrag, den der verstorbene Mann in die Kapital-Lebensversicherung eingezahlt hat, über eine Risiko-Lebensversicherung bis zu zwanzigmal höher abgesichert gewesen wären, also auf Dauer ausgesorgt hätten.
Die deutschen Versicherungsunternehmen haben jährliche Einnahmen von über 200 Milliarden Euro – 135 Milliarden Euro Beiträge und mindestens 70 Milliarden Euro Erträge aus Kapitalanlagen, die sich aus Beitragsüberschüssen und Spargeldern auf etwa 900 Milliarden Euro summieren. Hinzu kamen im Jahre 2000 über 200 Milliarden Euro Versichertengeld, das in stillen Reserven verschwunden ist.
Die Versicherten wissen nicht, was mit diesen unvorstellbaren Geldmengen geschieht: Wie viel wird für Versicherungsleistungen verwendet, wie viel wird für sie angespart, mit welcher Rendite – und wem gehört überhaupt das ganze Geld und die stillen Reserven? Wenn die Versicherten wüssten, wie wenig oft für Versicherungsleistungen ausgezahlt wird (bei vielen Verträgen von Aktiengesellschaften nur etwa die Hälfte, bei Unfallversicherungen meistens sogar nur ein Viertel, bei Insassenunfallversicherungen oft nicht einmal zehn Prozent der Prämien), und wenn die Lebensversicherten wüssten, dass große Teile ihrer Spargelder und deren Erträge in dunklen Kanälen verschwinden und dadurch die Renditen für das Versicherungssparen und Altersvorsorgeverträge – langfristig gesehen und unter Berücksichtigung der Inflation – bei fast allen Gesellschaften miserabel sind, dann würden 90 Prozent der Bundesbürger ihre bestehenden Verträge kündigen wollen.
Aber sie wissen nichts von ihren finanziellen Verlusten. Und so wurden sie in den letzten Jahrzehnten um Hunderte von Milliarden Mark legal betrogen, die als Renten an Manager und Aktionäre, vor allem aber an Hunderttausende von haupt- und nebenberuflichen Vermittlern geflossen sind. Die totale Profitorientierung in der Versicherungsbranche wird leider vom Gesetzgeber gebilligt und auch noch unterstützt durch eine Reihe von gesetzlichen Besonderheiten. So können vor allem Lebensversicherer weitgehend beliebig über die ihnen überlassenen Versichertengelder verfügen und einseitig den Umfang der von ihnen geschuldeten Leistungen bestimmen, ohne dass die Gesellschaften auf diese erheblichen Nachteile für die Versicherten hinweisen müssen und ohne dass ein Gericht die Angemessenheit der Leistungen überprüfen kann.
Die Unternehmen können ihre Versicherten – ohne deren Zustimmung – auf eine neu gegründete Gesellschaft übertragen, dabei aber große Vermögensteile zurückbehalten, das heißt: den Versicherten entziehen (§ 14 Versicherungsaufsichtsgesetz). Und sie sollen unwirksame Klauseln in ihren Bedingungen ohne Zustimmung der Versicherten durch neue Klauseln ersetzen können (§ 172 Absatz 2 Versicherungsvertragsgesetz). Gesetzliche Bestimmungen, die der Gesetzgeber in gleichgelagerten Fällen zum Schutz der Bürger erlassen hat (§§ 315 und 415 BGB, § 6 AGB-G) gelten nicht für Versicherungsverträge, was eigentlich ganz eindeutig gegen das Grundgesetz mit seinem Artikel 2 (Schutz der persönlichen Freiheit) und Artikel 14 (Schutz des Eigentums) verstößt.
Hinzu kommen noch weitere Verfassungswidrigkeiten wie die Ungleichbehandlung (Diskriminierung) schadenfreier Autofahrer nach Alter, Beruf, Wohnort und anderen Merkmalen, die die Unternehmen zur Selektion gewinnträchtiger Autofahrergruppen verwenden, die aber nichts mit den individuellen Gefahren und Risiken beim Autofahren zu tun haben, die eigentlich die Prämien bestimmen sollen. Bislang hat das alles Regierungen, Gesetzgeber und Wissenschaftler wenig interessiert. Schon vor über 100 Jahren haben die Gesetzgeber erkannt, dass von den vielen Ungeregeltheiten im Versicherungswesen die Gefahr schwerster Schädigung des Volkswohls droht, die umso näher liegt, als auf diesem Gebiete selbst der sorgsame und verständige Bürger ohne Hilfe von anderer Seite zu eigener zuverlässiger Beurteilung der Anstalten, denen er sich anvertrauen muss, regelmäßig nicht imstande ist.
So steht es wörtlich in der Begründung zum Versicherungsaufsichtsgesetz aus dem Jahre 1901. Der Gesetzgeber hat es zu jener Zeit mit einer staatlichen Aufsicht versucht, Ordnung in das Versicherungsunwesen zu bringen, hat dem Unwesen aber durch die Staatsaufsicht nur den Schein von Seriosität gegeben. Er hat im Jahre 1908 noch eins draufgesetzt, nämlich ein Versicherungsvertragsgesetz geschaffen, das die Ungelegenheiten aber nicht beseitigt, sondern diese sogar noch festgeschrieben hat. Logisch, dass die Branche schon damals mit ihren hauseigenen Wissenschaftlern kräftig dabei mitgeholfen und sich quasi ihr eigenes Gesetz geschaffen hat. Wer kein Opfer des noch heute herrschenden Versicherungsunwesens und der trügerischen Sicherheit werden will, wer nicht weiterhin – auf Dauer – Zehntausende von Euro verlieren will und wer keine falschen Verträge für seine Altersvorsorge abschließen will, der muss etwas tun.
Er muss sich neutral informieren und als Erstes seinen Versicherungsschutz in Ordnung bringen – bevor es zu spät ist. Dabei soll unser Versicherung-Ratgeber helfen. Und dann sollte jeder seine zu teuren Versicherungen kündigen und sie anderweitig günstiger abschließen – je eher, desto besser. Und in einem Punkt ist hier Eile geboten: Wer in den letzten zwölf Monaten eine Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossen hat (auch als Altersvorsorgevertrag), kann – wenn er schnell handelt – durch einen Widerspruch ohne Verluste aus dem Vertrag wieder rauskommen. Auch dabei hilft dieser Versicherung-Ratgeber. Allerdings sollte sich keiner allein auf die Aktualität der in unserem Versicherung-Ratgeberaufgeführten Bedingungen und Beiträge verlassen. Versicherungsinformationen sind heutzutage nicht mehr von langer Gültigkeit.
Zu vieles ist in Bewegung. Die Angebote, Tarife und Bedingungen ändern sich ständig. Deshalb können auch Beitrags- und Bedingungsvergleiche nur Momentaufnahmen und Orientierungshilfen sein. Keiner weiß genau, wie die Gesellschaften in nächster Zeit ihre Beiträge in Euro umrechnen und dabei erhöhen oder ermäßigen. Außerdem soll die Versicherungssteuer im Jahr 2002 um einen Prozentpunkt von 15 auf 16 Prozent erhöht werden. Deshalb sind alle Beitragsangaben in unserem Versicherung-Ratgeber auch nur als Zirka- Angaben anzusehen. Wegen der raschen Veränderungen – auch im Zuge der Euro-Umstellung – sind die Verbraucher mehr als bisher auf Informationen von neutralen Experten angewiesen, wie sie z. B. der Bund der Versicherten bietet.
Diese als gemeinnützig anerkannte Verbraucherorganisation entwickelt beispielsweise ständig aktuelle Informationen zu Versicherungen unter bundderversicherten*de und zur privaten Altersvorsorge (Riester-Rente) unter altersvorsorgeverbraucherinfos*de, die von jedermann in Teilen auch mit der Funktion Abruf per Fax vom BdV abgerufen werden können: Fax 0 41 93/99 04 44. Diese von Gerichten als Verbraucherschutzverein anerkannte Organisation hat außerdem computergestützte Informationssysteme entwickelt, mit denen jeder per Internet (siehe oben) seinen Versicherungsschutz auf Bedarfs- und Beitragsgerechtigkeit testen kann.
Und dieser von Ministerien und Aufsichtsbehörden als qualifizierte Interessenvertretung anerkannte Verein hat wegen der zunehmenden Intransparenz mit Versicherungsvereinen Rahmenverträge entwickelt zu Lebens-, Berufsunfähigkeits-, Unfall-, Haftpflicht-, Hausrat-, Wohngebäude- und Rechtsschutzversicherungen, über die sich Vereinsmitglieder bei diesen Unternehmen zu sehr günstigen Beiträgen versichern können zu Bedingungen, die von den BdV-Verbraucherexperten geprüft und entsprechend verbraucherfreundlich sind. Diesen Versicherung-Ratgeber beruht auf den praktischen Erfahrungen des Autors als Geschäftsführer des Bundes der Versicherten (BdV) und der BdV-Mitarbeiter und einiger Mitarbeiter von Verbraucherzentralen, die mit dem BdV Zusammenarbeiten.