Fast 20 Millionen Deutsche reisen jedes Jahr mit dem eigenen Wagen ins Ausland und werden dort in mehr als 100 000 Verkehrsunfälle verwickelt. Ein Unfall im Ausland bringt erhebliche Probleme mit Sprache, Rechtsprechung und vor allem der manchmal erheblich geringeren Schadenserstattung mit sich. Sowohl die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung als auch die Kaskoversicherungen gelten in ganz Europa. Vor einer Auslandsreise kann der Versicherte von seiner Gesellschaft eine internationale Grüne Versicherungskarte anfordern; sie bescheinigt Versicherungsschutz nach den im Gastland geltenden Bestimmungen. Sie wurde mit dem Londoner Abkommen von 1949 geschaffen. Damals vereinbarten Autoversicherer aus 13 Ländern, ausländische Autofahrer wie Inländer zu behandeln. Damit wurde garantiert, dass Unfallopfer auch im Ausland Schadenersatz erhalten, allerdings nur nach den dort geltenden Entschädigungsgrenzen. Und die sind meist erheblich geringer als in Deutschland. Auch die Durchsetzung der Ansprüche ist im Ausland weiterhin durchweg mühsam und langwierig. Hinzu kommen in einigen Ländern unzureichende gesetzliche Versicherungssummen für die Autohaftpflicht.
So gelten in Kroatien und Slowenien Entschädigungen für Personenschäden von rund 360 000 und für Sachschäden von 20 000 €. Die Summen in Bulgarien (pro Unfall 25 000 € für Personenschäden, 15 000 € für Sachschäden) sowie der Türkei (23 500 bzw. 2 500 €) sind vollkommen unzureichend. Ist der Schaden höher als die vereinbarte Versicherungssumme, muss der Geschädigte versuchen, den nicht gedeckten Teil des Schadens vom Schädiger direkt ersetzt zu bekommen. In vielen Ländern ist es sehr langwierig und ohne deutschsprachigen Rechtsanwalt vor Ort selten erfolgreich, zu seinem berechtigten Schadenersatz zu kommen. Bei der Vermittlung eines sachkundigen Anwalts hilft eine Rechtsschutzversicherung. Sie übernimmt ferner überall in Europa und den außereuropäischen Mittelmeeranliegerstaaten Anwalts- und Gerichtskosten, die zur Durchsetzung der Schadenersatzansprüche anfallen.
Land | Gutachtenkosten | Mietwagenkoste | Nutzungsausfall | Anwaltskosten | Schadenersatz bei Unfall im Ausland Besonderheiten: Die Grüne Versicherungskarte ist immer empfehlenswert. Falls sie für die Einreise zwingend erforderlich ist, wird dies ausdrücklich mit dem Zeichen G deutlich gemacht. In manchen Staaten ist bei einem Unfall ein Polizei- protokoll Pflicht; hierauf wird mit dem Zeichen P hingewiesen. R bedeutet: Im / Reparaturfall ist eine Rechnung erforderlich; ein Gutachten wird nicht akzeptiert. |
Belgien | □ | □ | • | X | Mit Kostenvoranschlag gegnerische Versicherung auffordern, den Schaden innerhalb von 8 Tagen zu begutachten. |
Bosnien-Herzegowina | — | — | — | — | G P Gesetzl. Deckung gering: 275000 € Personen-, 165000 € Sachschäden. |
Bulgarien | — | — | — | — | G P Mietwagen nur bei beruflicher Nutzung des Fahrzeuges. Gesetzl. Deckung ungenügend: 25000 € Personen-, 15000 € Sachschäden. |
Dänemark | X | □ | X | X | P Schaden von gegnerischer Versicherung begutachten lassen. Mietwagen nur bei beruflicher Nutzung des Fahrzeuges. |
Frankreich | X | □ | □ | X | Versicherer, Policennummer und -gültigkeit von Plaketten an der Windschutzscheibe abschreiben. Nutzungsausfallentschädigung gering (ca. 6-15 €/Tag). |
Griechenland | X | □ | □ | □ | Fahrzeug möglichst in Griechenland reparieren lassen. |
Großbritannien | • | • | X | □ | R Namen, Anschrift, Kfz-Kennzeichen und Policennummer notieren; Zulassungsstellen können keine Auskunft geben. |
Italien | X | □ | □ | □ | Versicherer, Policennummer und -gültigkeit von Plakette an der Windschutzscheibe abschreiben. Polizei verlangt bei Unfällen manchmal Grüne Karte. |
Jugoslawien | — | — | — | — | Grenzversicherung erforderlich. Gesetzl. Deckung gering: 100000 US$ Personen-, 100000 US$ Sachschäden. |
Kroatien | X | □ | X | □ | R P Schaden von gegnerischer Versicherung begutachten lassen. Gesetzl. Deckung gering: 361000 € Personen-, 194000 € Sachschäden bei PKW. |
Niederlande | • | • | X | □ | Bei Mietwagennutzung 25% Abzug wegen Eigenersparnis. |
Österreich | □ | • | X | • | Polizei nimmt Unfälle mit reinem Sachschaden nicht auf. Zeugen wichtig! |
Polen | X | □ | X | X | G P Mietwagen nur bei beruflicher Nutzung des Fahrzeuges. |
Portugal | □ | □ | • | X | R Notwendigkeit eines Mietwagens entscheidet gegnerische Versicherung; sie allein vermittelt den Leihwagen. |
Rumänien | □ | X | X | X | G P Schmerzensgeld nur bei schweren Verletzungen. Deckung ungenügend: pauschal 7810 € |
Schweden | • | • | • | • | Schaden von gegnerischer Versicherung begutachten lassen. |
Schweiz | □ | □ | • | □ | Nutzungsausfallentschädigung gering (ca. 25 € pro Tag). Für Fahrzeuge ab 2 Jahren keine Wertminderung. |
Slowakische Republik | X | □ | X | • | P Mietwagen nur bei beruflicher Nutzung des Fahrzeuges. Alle Ansprüche verjähren nach 2 Jahren. |
Slowenien | X | □ | □ | • | R P Mietwagen/Nutzungsausfallentschädigung nur bei beruflicher Nutzung des Fahrzeuges. Gesetzl. Deckung gering: 650000 € Personen-, 233000 € Sachschäden. |
Spanien | X | □ | X | X | Namen, Anschrift, Kfz-Kennzeichen, Versicherung und Policennummer notieren; Zulassungsstellen können keine Auskunft geben. Ansprüche können meist nur mit spanischem Anwalt erfolgreich durchgesetzt werden. |
Tschechische Republik | X | □ | X | • | P Schaden durch gegnerische Versicherung begutachten lassen. Alle Ansprüche verjähren nach 2 Jahren. |
Türkei | • | □ | X | X | G P Fahrzeug in Türkei reparieren oder dort Gutachten erstellen lassen, um Abzüge zu vermeiden. Ansprüche können meist nur gerichtlich durchgesetzt werden. Gesetzl. Deckung gering: 23500 € Personen-, 2500 € Sachschäden. |
Ungarn | X | □ | X | • | P Für Fahrzeuge ab 2 Jahren gibt es bei Ersatzteilen einen Abzug „neu für alt“. |
• =ja □ = nicht immer X = nein — = nicht bekannt Quelle: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, 6/2000 |
Verdruß und Ärger sind bei unverschuldeten Autounfällen im Ausland immer noch programmiert: Die Schadenregulierung ist in der Regel schwierig und langwierig. Außerdem müssen Autofahrer mit erheblich geringeren Ersatzleistungen als in Deutschland rechnen. Nutzungsausfall, Wertminderung, Mietwagen- oder außergerichtliche Anwaltskosten werden oft nicht oder nur in geringem Umfang ersetzt und Reparaturkosten zuweilen nur nach nationalen Preisverhältnissen entschädigt. Noch immer sind zudem die gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungssummen in der Auto-Haftpflicht in einigen Ländern unzureichend.
Vielfach werden solche Kosten nämlich von ausländischen Haftpflichtversicherern auch dann nicht in vollem Unfang getragen, wenn ein Prozess gewonnen wird. Für außergerichtliche Kosten gibt es meist überhaupt keinen Ersatz. Autofahrer, die nicht über eine Verkehrs-rechtsschutzversicherung verfügen und mit eigenen Bemühungen nach einem Autounfall im Ausland keinen Erfolg haben, können sich auch an das Deutsche Büro Grüne Karte e. V. (Glockengießerwall 1, 20095 Hamburg) wenden, vorausgesetzt, der Unfall ereignete sich in der Europäischen Union, Norwegen, Kroatien, Slowenien, Ungarn oder der Schweiz. Um Ärger und finanzielle Verluste zu vermeiden, sollten Autofahrer eine gültige Grüne Karte (internationaler Versicherungsnachweis) sowie einen Europäischen Unfallbericht einpacken und ihren Versicherungsschutz überprüfen. Vorgeschrieben ist die Grüne Karte in Europa für die Einreise nach Albanien, Andorra, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Estland, Mazedonien, Polen, Rumänien und in die Türkei. Fahrern, die in Polen ohne Grüne Karte erwischt werden, drohen Strafen von 1 000 € und mehr. In Italien wird die Karte nach Unfällen immer wieder von der Polizei gefordert. Bei der Einreise in die Republik Jugoslawien (Serbien) wird zudem der Abschluss einer sogenannten Grenzversicherung verlangt.
Eine Vollkaskoversicherung auf Zeit kann daher sinnvoll sein. Der finanzielle Schaden wird damit in Grenzen gehalten. Die Versicherung kümmert sich im eigenen Interesse auch noch um die rechtliche Abwicklung des Schadens, vor allem wenn die Schuldfrage offen ist oder der Unfallgegner schuld hatte. Bei Kaskoschäden im Ausland darf das Auto dort aber nur bis zur Fahrtüchtigkeit wiederhergestellt werden. Der Rest ist dann nach Absprache mit der Versicherung im Inland zu reparieren. Die Urlaub-Vollkaskoversicherung für einen Monat kostet meist 15 Prozent der Jahresprämie, einen Schadenfreiheitsrabatt gibt es nicht. Daher kann bei hohem Schadenfreiheitsrabatt ein Jahresvertrag günstiger sein.
Die überflüssigen Reiseversicherungen
Reiseunfallversicherung und Reisehaftpflicht. Wenn Sie sich gegen Unfälle und Haftpflichtansprüche schützen wollen, schließen Sie lieber Versicherungen für das ganze Jahr ab. Sie gelten auch auf Reisen.
Paketpolicen. Die Versicherungen werben mit einem Sorglos- Reisen-Gefühl, doch das Gefühl kommt zu teuer. Die Standardausführung enthält Reisegepäck-, Unfall-, Haftpflicht- und Auslandsreise-Krankenversicherung. Hinzu kommen kann eine Bergungskostenversicherung. Wirklich notwendig ist jedoch nur der Krankenversicherungsschutz, und den gibt es weit billiger als Einzelbaustein.