Pflegerentenversicherung
Gleich vorweg noch einmal eine Erklärung des Versicherungsprinzips: Für Personen, die in der gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, gilt der Grundsatz, dass die Pflegepflichtversicherung in aller Regel bei derselben Krankenversicherung abgeschlossen wird. Aber kein Grundsatz ohne Ausnahme: Wer freiwilliges Mitglied einer Krankenkasse ist, also über die Beitragsbemessungsgrenze (2004: 41.850 Euro jährlich bzw. 3.487,50 Euro monatlich) hinaus verdient, kann wählen, ob er die Pflegepflichtversicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen abschließen will. Privat Krankenversicherte haben die Wahl: Sie können die Pflichtversicherung bei ihrer Gesellschaft oder bei einem anderen privaten Krankenversicherungsunternehmen abschließen.
123Vesicherung rät: Hier gilt die Empfehlung, Kranken- und Pflegepflichtversicherung bei einem Unternehmen zu belassen. Die Beiträge werden sich nicht wesentlich unterscheiden, die Leistungen schon gar nicht. Und wenn man bei zwei verschiedenen Privatunternehmen versichert ist, ist der Streit im Pflegefall möglich, beispielsweise um die Frage: Krankheits- oder Pflegefall?
Pflegebedürftige und pflegende Familienangehörige, die möglicherweise für ihre Pflegeleistungen einen Zuschuss zur Rentenversicherung erhalten, sollten sich unbedingt so schnell wie möglich bei ihren Kranken-/Pflegeversicherungen zur Registrierung melden.
Zu den beiden Pflegeversicherungssystemen (gesetzlich und privat) gilt Folgendes: Die Gesetzliche „funktioniert“ nach dem Umlageverfahren, das heißt, die Leistungen für die aktuellen Bezieher werden durch die Beiträge der aktuellen Einzahler finanziert. Die private Pflegepflichtversicherung funktioniert nach dem Anwartschaftsdeckungsverfahren. Allerdings muss die private Pflegeversicherung auch Elemente des Umlageverfahrens übernehmen – so das Gesetz: Kinder müssen beitragsfrei mitversichert werden, unterhaltsberechtigte Ehepartner werden vorerst zum halben Beitrag mitversichert, hohe Geldleistungen für Hunderttausende von Pflegefällen bei privat Krankenversicherten müssen erbracht werden, ohne jemals Beiträge dafür kassiert zu haben. Dafür müssen künftig auch in der Privaten andere mitzahlen. Neben diesen Umlageelementen werden die Prämien der Privatversicherung auch hier pro Person nach Alter und Geschlecht berechnet und nicht nach dem Einkommen.
Der Mangel der privaten Pflegeversicherung ist also der Gleiche wie bei der privaten Krankenversicherung: Privat Pflegeversicherte werden – im Gegensatz zu gesetzlich Pflegeversicherten – im Alter immer die Höchstbeiträge zahlen müssen, bei Ehepaaren sogar immer für zwei Personen, und das bei einem relativ geringen Zuschuss aus der Rentenversicherung für Rentner.
Wer bei Pflegebedürftigkeit nicht auf das Sozialamt und die Kinder angewiesen sein und zudem nicht nur ein kleines Taschengeld zur freien Verfügung haben will, der muss zusätzlich Vorsorgen. Neben einer ausreichenden Rücklage kann eine zusätzliche private Absicherung des Pflegerisikos sinnvoll sein. Auf dem Markt für private Pflegezusatzpolicen gibt es derzeit unterschiedliche Angebote (dazu mehr weiter unten).
Häufig wird die Frage gestellt, wer für die Pflegekosten von Angehörigen aufkommen muss, wenn das eigene Einkommen des Pflegebedürftigen zusammen mit den Leistungen aus der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung nicht ausreicht, um die Kosten eines Pflegeheimplatzes zu bestreiten. Reichen diese Zahlungen nicht, wird in aller Regel das Sozialamt die Kosten übernehmen, nachdem eigene Reserven und Vermögen aufgebraucht sind. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Sozialamt auch nahe Angehörige, meist Kinder, zur Kasse bitten. Wer sein Leben lang für sich allein aufgekommen ist, will bei Pflegebedürftigkeit ungern jemandem auf der Tasche liegen. Deshalb lässt sich die finanzielle Lücke durch eine private Pflegezusatzversicherung schließen.
Weil jede Eigenvorsorge den Staat entlastet, der sich der Versorgungslücken bewusst ist, gibt er einen bescheidenen Anreiz zur Selbsthilfe: Alle nach 1957 Geborenen dürfen Beiträge zur privaten Pflegezusatzversicherung bis 184,00 Euro pro Jahr im Rahmen der steuerlichen Sonderausgaben geltend machen. Nur auf Grund des Steuervorteils eine derartige Versicherung abzuschließen, wäre allerdings der falsche Weg. Ohne Nachteile sind ohnehin keine der angebotenen Zusatzversicherungen. Die Zusatztarife werden in folgenden drei verschiedenen Arten von privaten Kranken- oder Lebensversicherungsunternehmen angeboten.
Pflegerentenversicherung
Bei der Pflegerentenpolice zahlt das Unternehmen im Pflegefall eine fest vereinbarte Monatsrente, unabhängig von den tatsächlichen Aufwendungen. Die Höhe des Pflege-rentenanspruchs richtet sich ausschließlich nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe 1, 2 oder 3). Es spielt – anders als bei den Tagegeldtarifen – auch keine Rolle, ob die Betreuung zu Hause oder im Heim stattfindet und ob Fachkräfte oder Angehörige pflegen. Nachteil: Das Kostenrisiko bleibt beim Versicherten. Muss der Patient rund um die Uhr betreut werden, reichen die vereinbarten Tagessätze in der Regel nicht aus. Dieses Produkt gibt es von privaten Lebensversicherern.
123Vesicherung rät: Diese Angebote sind generell nicht zu empfehlen. Sie kombinieren die Risikovorsorge für den Pflegefall mit einer Kapitallebens- oder Rentenversicherung, was sie unnötig verteuert. Besser ist, nur das reine Pflegerisiko abzusichern und darüber hinaus zur Verfügung stehendes Geld selbst zu sparen oder langfristig anzulegen.
Pflegekostenversicherung
Die Pflegekostenversicherung kann fast nur als Zusatzversicherung zur Pflegepflichtversicherung abgeschlossen werden und setzt dann deren Vorleistung voraus. Das heißt, wenn die Pflegepflichtversicherung nicht kostendeckend ist, können die verbleibenden Restkosten ganz oder teilweise übernommen werden.
Charakteristisch für diese Policen ist, dass sie keinen versicherten Betrag pro Tag oder Monat vorsehen, wenn bestimmte Leistungsvoraussetzungen (zum Beispiel Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe 2) vorliegen. Stattdessen werden die – im Einzelfall durch Rechnungen nachzuweisenden – Pflegekosten bis zu bestimmten Höchstbeträgen oder zu einem bestimmten Prozentsatz erstattet. Auf diese Weise werden die Zahlungen der gesetzlichen Pflegeversicherung durch Leistungen der privaten Pflegekostenversicherung aufgestockt.
Beispiel: Die Kosten für die Pflege im Heim liegen in der Pflegestufe 2 bei
3.000 Euro. Die gesetzliche Pflegekasse zahlt 1.250 Euro. Bei einer versicherten Leistung von 100 Prozent würde der gleiche Betrag von der privaten Kostenversicherung, also ebenfalls 1.250 Euro, gezahlt werden. In diesem Fall hätte man folglich 2.500 Euro. Die Lücke von 500 Euro müsste man dann durch andere Einnahmen oder Rücklagen decken. Es besteht aber auch die Möglichkeit, sich höher zu versichern. Hätte man eine versicherte Leistung von 200 Prozent, würden zwar Mehrkosten bis 200 Prozent (d.h. in der Pflegestufe 2 bei Heimaufenthalt bis zweimal 1.250 Euro, also 2.500 Euro) gezahlt, da aber im Beispiel nur Mehrkosten von 1.750 Euro vorliegen (1.250 Euro sind bereits von der gesetzlichen Pflegekasse von den 3.000 Euro Heimkosten abgedeckt), wird auch nur dieser Betrag erstattet.
In vielen Tarifen der Krankenversicherer sind gleichzeitig Höchstgrenzen für die Erstattung vorgesehen. Anders als die Pflegetagegeldversicherung sehen diese Tarife auch Erstattungen von Aufwendungen für technische Pflege- und Hilfsmittel sowie für eine pflegerechte Herrichtung des Wohnumfeldes vor. In der privaten Pflegezusatzversicherung besteht eine dreijährige Wartezeit seit Versicherungsbeginn, die Versicherungsleistungen werden ebenfalls nur auf Antrag gewährt, sofern die Voraussetzungen hierfür gegeben sind.
Die Pflegekostenvariante orientiert sich an der gängigen Praxis der Krankenversicherer: Erstattet werden die tatsächlich entstandenen Kosten bis zu einem bestimmten Höchstbetrag oder Prozentsatz, die durch Rechnungen nachzuweisen sind. Damit passt sie sich automatisch der Kostenentwicklung an. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung muss der Versicherte allerdings selbst tragen.
Leistungsbeispiel einer Pflegekostenversicherung:
■ 80 Prozent der Kosten für häusliche Pflege durch ausgebildetes Pflege-Fachpersonal – nach Vorleistung der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung;
■ 80 Prozent der Kosten für teilstationäre Pflege in Pflegetagesstätten – nach Vorleistung der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung;
■ 80 Prozent der Kosten für stationäre Pflege – nach Vorleistung der gesetzlichen
Pflegepflichtversicherung, inklusive Erstattung der Kosten für Unterbringung und Verpflegung.
■ Der verbleibende 20-prozentige Eigenanteil ist auf jährlich 10.000 Euro begrenzt.
■ Innerhalb von zwei Kalenderjahren werden zusätzlich 80 Prozent der Aufwendungen für pflegespezifische technische Hilfsmittel bis zu einem Gesamtbetrag von 5.112,92 Euro erstattet.
■ Weitere Leistungsmerkmale: Informationen über Behandlungsmöglichkeiten und bundesweite Pflegeeinrichtungen, Vermittlung erfahrener Pflegekräfte für die häusliche Rund-um-die-Uhr-Betreuung, schneller Lieferservice für Pflegehilfsmittel (zum Beispiel Krankenfahrstühle) inkl. individueller Einweisung hinsichtlich Bedienung, Wartung und Reparatur.
Pflegetagegeldversicherung
Demgegenüber wird bei der Pflegetagegeldvariante ein bestimmter vereinbarter Geldbetrag pro Tag versichert. Pflegetagegeldversicherungen können mit Tagessätzen zwischen 5 Euro und 100 Euro abgeschlossen werden, bei einigen Tarifen ist Beitragsfreiheit im Versicherungsfall vorgesehen. Für jeden Tag, an dem der Versicherte ärztlich nachgewiesen pflegebedürftig ist, wird ohne einen Nachweis der tatsächlichen Kosten das Tagegeld bezahlt. Wie viel Tagegeld der Versicherte tatsächlich bekommt, hängt dann von der jeweiligen Pflegestufe ab. Den vollen Tagessatz gibt es erst bei Pflegestufe 3. Nachteil: Das Kostenrisiko bleibt beim Versicherten. Muss der Patient rund um die Uhr betreut werden, reichen die vereinbarten Tagessätze in der Regel nicht aus. Viele Versicherungsunternehmen behalten sich vor, die Einstufung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse noch einmal selbst überprüfen zu lassen.
123Vesicherung rät: Erfolgt keine automatische Übernahme der gesetzlichen Eingruppierung und besteht der Versicherer dennoch auf einer eigenen Nachprüfung, so sind diese Versicherungen nicht zu empfehlen. Nur so kann ein späterer Streit um die Pflegebedürftigkeit und Eingruppierung ausgeschlossen werden. Auch sollte bei den Pflegetagegeldversicherungen eine Dynamisierung möglich sein. Was nützt in 20 oder 30 Jahren ein Pflegetagegeld von 100 Euro, wenn man mindestens das Doppelte braucht, um die Zusatzkosten zu decken?
Tipps zur Versicherungswahl
Bei allen Pflegezusatztarifen gilt, dass die Beiträge mit zunehmendem Eintrittsalter steigen. Frauen zahlen auf Grund der höheren Lebenserwartung höhere Beiträge als Männer. Wer in jüngeren Jahren eine Zusatzversicherung abschließt, kommt also mit vergleichsweise kleinen Monatsbeiträgen aus.
Eine private Pflegezusatzversicherung sollte in der Prioritätenliste der privaten Versicherungen weit am Ende stehen und wirklich erst dann abgeschlossen werden, wenn alle anderen wichtigen Versicherungen bestehen. Das Argument der Versicherungsbranche für die private Pflegezusatzversicherung, dass die Leistungen der Pflege-Pflichtversicherung nicht ausreichen, um einen Heimplatz zu bezahlen, ist falsch: Bei einer Heimpflege werden (in Härtefällen) bis 1.688,00 Euro pro Monat gezahlt. Dieser Betrag wird sich ständig erhöhen, entsprechend den Kostensteigerungen. Nun soll aber die Pflegepflichtversicherung nicht alle Heimkosten erstatten und der Pflegebedürftige bzw. seine Familie Einnahmen – wie zum Beispiel die Rente – nicht einsparen und für andere Zwecke ausgeben können. Davon sollen und können auch in aller Regel die so genannten „Hotelkosten“ bezahlt werden, also die Kosten für einen normalen Lebensunterhalt, die sonst auch angefallen wären (Essen, Trinken, Wohnen usw.).
Bedenken Sie auch: Für die Zeit des Erwerbslebens ist die wesentlich wichtigere (private) Berufsunfähigkeitsversicherung mit ihrer monatlichen Rentenzahlung bei Pflegebedürftigkeit durch Krankheit und Unfall auch eine Art Pflegezusatzversicherung – wie auch die private Unfallversicherung und die Berufsgenossenschaft (beschränkt auf Unfälle bzw. Berufsunfälle).
Wer eine private Pflegezusatzversicherung abschließen will, sollte sich, da die einzelnen Angebote der Gesellschaften recht unübersichtlich und häufig auch nicht zweckdienlich sind, die Vorschläge der Versicherungsunternehmen genau ansehen. Off bleibt aber ein erhebliches Restrisiko.
Vor Abschluss sollten Sie sich also unbedingt überlegen, worauf Sie achten müssen, damit Sie mit dieser zusätzlichen Police auch wirklich umfassend gegen den Ernstfall abgesichert sind. Ärgerlich ist es, erst in der Notsituation feststellen zu müssen, dass die private Versicherung gar nicht oder nicht ausreichend leistet. Manche Kostentarife zahlen zum Beispiel bei häuslicher Pflege durch Angehörige gar nichts. Bei der Auswahl einer Zusatzversicherung sollten Sie zumindest darauf achten, dass möglichst viele der folgenden Bedingungen erfüllt sind:
■ Das Versicherungsunternehmen sollte auf das ordentliche Kündigungsrecht innerhalb der ersten drei Vertragsjahre verzichten.
■ Leistungspflicht sollte bestehen, sobald auch die gesetzliche Pflegepflichtversicherung leistet. Damit wird eine zusätzliche medizinische Untersuchung vermieden.
■ Die von der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung anerkannte Pflegestufe sollte übernommen werden.
■ Nach Beginn der Leistung sollten die ärztlichen Ergebnisse der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung maßgebend sein, das heißt, es sollte keine zusätzlichen Unter-suchungen, keine Warte- oder Karenzzeiten geben.
■ Im Fall der Pflegebedürftigkeit sollte der Beitrag nicht weiter zu zahlen sein.
■ Ein vereinbartes Tagegeld sollte bei steigenden Kosten erhöht werden können, ohne bei einem dann eventuell verschlechterten Gesundheitszustand Risikozuschläge zahlen zu müssen.
■ Bei Abschluss einer Pflegezusatzversicherung sollte man sich nicht auf eine Form der Pflege festlegen, da man nicht wissen kann, ob man einmal stationär oder zu Hause gepflegt werden muss.
■ Bei Abschluss einer Pflegetagegeldversicherung sollte, damit die Leistung den Lebenshaltungskosten angepasst werden kann, das unwiderrufliche Recht eingeräumt werden, dass das Tagegeld ohne erneute Gesundheitsprüfung erhöht werden kann.
■ Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass ein lebenslanger Versicherungsschutz gewährt wird. Dem Versicherten ist nicht damit gedient, wenn der Schutz nach einigen Jahren erlischt. Auch eine Begrenzung auf ein bestimmtes Endalter ist wenig sinnvoll, da die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Pflegebedürftigkeit im hohen Alter am größten ist.
Einige Anbieter offerieren bereits so genannte Assistance-Leistungen. Hiermit ist gemeint, dass der Versicherte bei Eintritt des Pflegefalles beratend unterstützt wird. Zu diesen Beratungsleistungen gehört zum Beispiel die Hilfe bei der Wahl eines geeigneten Pflegeheimes oder Pflegedienstes, Hilfe beim Zahlungsverkehr mit der Pflegeeinrichtung sowie eine umfassende Beratung über die Möglichkeiten in der neuen, oft völlig unerwartet eingetretenen Situation. Ausschlaggebend für die Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Versicherungsunternehmen sollten die Assistance-Leistungen allerdings auf keinen Fall sein.
Da mittlerweile viele Anbieter eine Zusatzabsicherung gegen Pflegebedürftigkeit im Angebot haben, ist ein kritischer Vergleich angebracht.