Das Problem für jemanden, der sich über private Krankenversicherungen informieren will, ist nicht das Informieren selbst. Das geht verhältnismäßig leicht mit einem mehrfach kopierten Brief, den ein Versicherungssuchender für die Einholung von Angeboten an die Gesellschaften schickt. Auch die Grundversorgung im Krankheitsfall zu erhalten ist kein Problem. Die erreicht man bei privaten Krankenversicherungen mit allen Abschlüssen. Das Hauptproblem ist die Frage: Wie lauten die Bedingungs- und Leistungsunterschiede, wie sind mögliche Beitragserhöhungen zu bewerten und welches ist am Ende das günstigste Unternehmen? Diese Probleme lassen sich unter dem Begriff Tarifwirrwarr zusammenfassen; denn jeder Tarif für eine private Krankenversicherung hat seine eigenen Tarifbedingungen, seine eigenen tariflichen Leistungen und Tarifbeiträge. Für den Beitrag spielt das Eintrittsalter eine wesentliche Rolle, das aber nicht einheitlich berechnet wird. Einige Tarife bieten für jeden einzelnen Jahrgang einen gesonderten Beitrag, andere wiederum für Altersgruppen. Und Frauen zahlen im Allgemeinen höhere Beiträge, allerdings von Unternehmen zu Unternehmen wiederum sehr unterschiedlich.
So gibt es bei Krankenversicherungen nicht das günstige Unternehmen, nicht einmal einige wenige, die für alle Versicherten besonders preiswert sind. Jede Gesellschaft kann im Einzelfall einmal die günstigste sein. Das eine Unternehmen bietet niedrige Beiträge im Bereich der Heilkosten für junge Männer, ein anderes für alte Frauen, ein weiteres für Kinder oder Jugendliche. Ganz andere Gesellschaften haben für diese Personengruppen besonders günstige Tarife für zahnärztliche Behandlungen, noch andere für Tagegelder. Seien Sie deshalb bei begeisterten Lobreden von Bekannten und Verwandten über bestimmte Gesellschaften sehr vorsichtig. Die günstigste Gesellschaft für Onkel Erwin und Tante Klara braucht noch lange nicht die beste für den Neffen Gustav zu sein. So hatte auch die Zeitschrifttest schon vor Jahren geschrieben: Wer ist der billigste Krankenversicherer? – Diese Frage lässt sich leider nicht mit einer verbindlichen Hitliste beantworten. Eine Rangfolge vom billigsten zum teuersten Versicherer sieht für eine dreiköpfige Familie anders aus als für Ehepaare oder Alleinstehende, für Jüngere anders als für Ältere, für Männer anders als für Frauen. Die unterschiedlichen Erstattungssätze und Summenbegrenzungen bei den zahnärztlichen Leistungen erschweren einen Vergleich vollends.
Eine Familie, die sich umfassend informiert, wird unter Umständen sogar herausfinden, dass es sich empfiehlt, die einzelnen Familienmitglieder bei verschiedenen Gesellschaften zu versichern oder für die berufstätigen Eltern die Vollversicherung und das Tagegeld zu trennen. Im Extremfall kann die günstigste Lösung sein, dass der Mann bei der ersten Gesellschaft seine Vollversicherung abschließt und bei einer zweiten sein Tagegeld, dass die Frau bei einem dritten Unternehmen ihre Vollversicherung und bei einem vierten ihr Tagegeld und dass bei einer fünften Gesellschaft das Kind versichert wird. Gleiches gilt für Kranken-Zusatzversicherungen. So ist die private Krankenversicherung für die Verbraucher zwar ein Super-Informationsproblem, aber mit Super- Ergebnissen durch Einsparungen von vielen 1000 oder 10000 Euro, wenn man sich richtig informiert und das Glück hat, die richtige Versicherung zu erwischen. Genau rechnen lässt sich eine Entscheidung nie; denn keiner kennt die künftigen Beitragserhöhungen.
Achten Sie auch auf Gruppenversicherungsverträge, die es für viele Berufsgruppen gibt. Sie bieten fast immer eine Beitragsermäßigung und/oder andere Vorteile. Diese Vorteile sind aber zunächst nur gegenüber den Normaltarifen desselben Unternehmens gegeben, mit dem der Gruppenversicherungsvertrag besteht. Nichts berechtigt jedoch zu der Annahme, dass nicht andere Gesellschaften für den infrage kommenden Fall schon mit ihren allgemein üblichen Tarifen so gut liegen, dass ihnen gegenüber die Vorteile des Gruppenversicherungsvertrages entfallen. Auch gibt es Berufe, für die mehrere Gruppenversicherungsverträge oder zusätzliche Spezialtarife möglich sind. Dann heißt es auswählen. Die Beschaffung der für einen Vergleich erforderlichen Daten ist im Grunde nicht kompliziert. Sie schreiben einen Brief für die Angebotseinholung, der Namen, Beruf und Geburtsdatum der zu versichernden Personen enthält, fotokopieren diesen mehrfach und senden die Kopien an die etwa 50 Krankenversicherungsunternehmen. Das kostet nicht viel Mühe und etwas mehr als 30 Euro.
Auf jeden Fall sollten Sie auch Angebote einholen von den oben bereits genannten Gesellschaften Alte Oldenburger, Debeka, DEVK, Familienfürsorge, Barmenia, Hallesche, HUK-Coburg, LVM, Süddeutsche, Universa (Adressen siehe Anhang).
Die eingehenden Angebote mit den Daten jeder Gesellschaft übertragen Sie dann in eine Tabelle. Vermerken Sie neben den Beiträgen Abweichungen in den Leistungen und Bedingungen sowie Angaben über die letzten Beitragserhöhungen und Beitragsrückerstattungen – fertig ist die persönliche Beitrags- und Leistungsübersicht für eine halbwegs fundierte Entscheidung über die richtige private Krankenversicherung. Einige Gesellschaften werden Ihnen kein schriftliches Angebot unterbreiten, weil sie wissen, in welchen Bereichen sie nicht konkurrenzfähig sind, sondern Ihnen erfahrungsgemäß einen Vertreter ins Haus schicken, auch wenn Sie einen Vertreterbesuch ausdrücklich nicht gewünscht haben. Ziel solcher Störungen ist allein. Versicherungssuchende von der eigenen Information abzuhalten.
Wer sich nicht selbst über die vielfältigen Angebote informieren oder sich die Entscheidung erleichtern will, oder wer seine eigenen Ergebnisse überprüfen oder seine Versicherung ohne Vertreterbesuch vermittelt haben möchte, kann sich – mit viel Vorsicht – an einen Makler wenden. Wer sich selbst einen umfassenden Überblick über die aktuellen Beiträge und Leistungen der privaten Krankenversicherungsunternehmen verschaffen will: Neutrale Informationsquellen bilden die Verbraucherzentralen mit ihren Beratungsstellen und der Bund der Versicherten, wo Sie als Mitglied – neben vielem anderen Leistungen – auch eine Beratung durch gerichtlich zugelassene Versicherungsberater erhalten. Wichtige Informationsquellen sind Zeit-schriften wie FINANZtest, die regelmäßig Überversicherungen und gelegentlich auch über private Krankenversicherungen informieren.
Aber noch einmal:
Niemand kann Ihnen – auch nicht mit 100 Computern – das auf Dauer und bis an das Lebensende günstigste Krankenversicherungsunternehmen nennen.