Situationsbeispiel Ist dieses Wetter noch normal?
Bis zu 107 Liter Regen fielen pro Quadratmeter in NRW – mehr als normalerweise im gesamten August. Experten halten das nicht für ungewöhnlich. Das Umweltministerium rechnet dagegen bereits mit dem zehnfachen Hochwasserrisiko.
Düsseldorf (RP) Die heftigsten Unwetter seit Monaten haben in der Nacht zum Freitag zahlreiche Keller und Straßen in NRW überflutet. In Arnsberg im Hochsauerlandkreis wurde ein 61-Jähriger in seinem Keller von eindringendem Hochwasser überrascht. Der Mann habe wegen der einströmenden Wassermassen den Keller nicht mehr verlassen und nur noch tot geborgen werden können, so die Polizei. Zwölf weitere Menschen wurden durch Blitzeinschläge oder herabstürzende Äste verletzt.
In Mönchengladbach stand das Wasser kniehoch in den Straßen und behinderte Hilfsaktionen. Ein 81-jähriger Gladbacher starb, als er mit einer elektrischen Pumpe seinen überfluteten Keller trocken legen wollte. Anders als zunächst angenommen, erlag er allerdings nicht einem Stromschlag, sondern starb eines natürlichen Todes.
Im Regierungsbezirk Arnsberg musste die Feuerwehr mehr als 1500 Mal ausrücken, um Keller leer zu pumpen oder Straßen von umgestürzten Bäumen zu befreien. In Delbrück bei Paderborn fielen innerhalb weniger Stunden 107 Liter Regen pro Quadratmeter, so der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Essen.
Normal ist das nicht mehr: Denn damit fiel bereits bis jetzt mehr Regenwasser als sonst während des gesamten August üblich. Gleichwohl kommentiert DWD-Experte Uwe Kisch die Werte gelassen: Das gibt es immer wieder. Wir sind in den vergangenen Jahren durch die tollen Sommer auch ein wenig verwöhnt worden. Tatsächlich sind bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts Niederschlagswerte von 126 Litern pro Quadratmeter in nur acht Minuten gemessen worden, und zwar in Füssen. Der 24-Stundenrekord liegt sogar bei 312 Litern. Sie fielen 2002 im Osterzgebirge.
Seit der Jahrhundert-Flut an der Elbe vor fünf Jahren hätten die Länder viel zu wenig für den Hochwasserschutz getan, rügte Umwelt-Staatssekretär Michael Heinze unserer Zeitung. Wir müssen lernen zu handeln, bevor eine Katastrophe eingetreten ist. Wir müssen mehr für den Gebirgsschutz tun, wir müssen aufhören Flüsse zu begradigen, und wir müssen viel mehr für den Klimaschutz machen, so Heinze.
(Quelle: Rheinische Post vom 11. Aug. 2007)