Wenn einer eine Reise tut, kann auch mal was passieren. Glück hat, wer mit einem kaputten Fahrrad und einer Schramme davonkommt. Ein schwererer Unfall auf Reisen aber kann ungeahnte Probleme mit sich bringen. Schon die ärztliche Erstversorgung und die Organisation des Rücktransports sind vielfach nicht ganz einfach zu bewerkstelligen. Vor allem aber kann es äußerst mühsam sein, von der Schweiz, aus im Ausland Schadenersatz zu erhalten, seihst in den europäischen Nachbarstaaten. Der Grundsatz fremde Länder, fremde Sitten beginnt schon an der Landesgrenze und gilt insbesondere beim Rechtssystem. Besser stehen Sie da, wenn Sie ein Pauschalarrangement gebucht haben. Dank dem Pauschalreisegesetz können Sie sich mit Ihrer Forderung direkt an das Schweizer Reisebüro wenden.
Individualreisende
Reisen Sie lieber auf eigene Faust? Dann lohnt es sich, einige Dinge zu beachten. Zunächst: Individualismus ha: seinen Preis – auch bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen. Da sind Sie ganz auf sich seihst gestellt und müssen sich an die einzelnen Vertragspartner halten: ans Hotel, wenn die Zimmerdecke eingestürzt ist; ans Bus- oder Fähr- unternehmen, wenn ein schlecht gewartetes Fahrzeug oder Schiff verunglückt. Für Unfälle im Straßenverkehr gibt es mit praktisch allen europäischen Staaten sowie angrenzenden Ländern, beispielsweise der Türkei, internationale Abkommen, welche die Schadensregulierung vereinfachen. In fast allen Fällen werden Sie aber Ihre Ansprüche im Land, in dem der Unfall passierte, geltend machen und durchsetzen müssen. Das kann sehr mühsam sein und Sie werden kaum darum herumkommen, vor Ort einen Anwalt zu beauftragen. Für Individualreisende ist es deshalbratsam, sich einen guten Versicherungsschutz zu besorgen. Welche Zusatzversicherungen das sein sollen, hängt von der persönlichen Situation ab. Vor allem Nichterwerbstätige haben einen höheren Bedarf an Zusatzdeckungen, weil sie nicht auf den Schutz der obligatorischen Unfallversicherung zählen können. je länger die Reise dauern soll, desto wichtiger ist es, den Versicherungsschutz zu überprüfen und sich kompetent beraten zu lassen.
Folgende Produkte stehen dabei im Vordergrund:
• Zusatzdeckungen für Unfall (und Krankheit) bei der Krankenkasse
• Annullationskosten- und Gepäckversicherung
• Rechtsschutzversicherung (für den Bezug eines Anwalts)
• Mobilitäts- oder Assistance-Versicherung (Unterstützung bei Pannen und Unfällen mit dem Fahrzeug)
Tipp: Egal, welche Versicherungen Sie abschließen: Achten Sie darauf, dass die Deckung fürs Ausland gilt. Wenn Sie exotische Destinationen ansteuern, vergewissern Sie sich, dass diese nicht etwa ausgeschlossen sind.
Pauschalreisende
Nicht alles, was Sie im Reisebüro buchen, ist eine Pauschalreise. Ausschlaggebend ist, dass Sie ein Reisepaket kaufen. Wer nur einzelne Leistungen bucht – zum Beispiel nur einen Flug oder nur das Hotel kann sich nicht auf das Pauschalreisegesetz berufen. Dazu müssen mindestens zwei der folgenden Leistungen gebucht werden:
• Beförderung (Flug, Busreise)
• Unterbringung (Hotel, Appartement)
• andere touristische Dienstleistungen wie ein Mietwagen am Zielort (Fly and Drive), organisierte Ausflüge, Sportunterricht, spezielle Kurse
Verlangt ist zudem, dass die Leistungen zu einem Pauschalpreis angeboten werden und dass die Reise länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung einschließt. Der klassische Fall einer Pauschalreise sind also die zwei Wochen Strandferien auf Mallorca, wo Sie für einen bestimmten, meist im Voraus bezahlten Preis Flug, Transfer zum Hotel, Aufenthalt im Hotel, Mahlzeiten und zwei Ausflüge pro Woche erhalten.
Wann habe ich Ansprüche gegen den Reiseveranstalter?
Einfach gesagt: Der Reiseveranstalter haftet dafür, dass Sie die Ferien so verbringen können, wie Sie das aufgrund des Prospekts und der Buchung erwarten dürfen. Beim Pauschalreisegesetz geht es in erster Linie um Mängel – also lärmige Zimmer, fehlende Meersicht, Ausfall eines
gebuchten Ausflugs und Ähnliches. Wichtig ist in einem solchen l all, dass Sie sofort beim Leistungsträger (Hotel, Busunternehmen etc.) reklamieren. Der Reiseveranstalter haftet nämlich für Mängel, ohne dass Sie ihm oder dem lokalen Veranstalter ein Verschulden nachweisen müssen. Wird keine Abhilfe geschaffen, gelangen Sie als Nächstes an die Reiseleitung oder die Vertretung des Reiseveranstalters vor Ort. Die Adresse finden Sie normalerweise im Reiseprogramm.
Wann aber kann man bei einem Unfall die haftpflichtrechtlichen Möglichkeiten des Pauschalreisegesetzes in Anspruch nehmen?
-Vorausgesetzt ist natürlich zunächst einmal, dass es sich überhaupt um eine Pauschalreise handelt. -Dann muss ein Schaden entstanden sein, der auf eine 1 Landung oder eine Unterlassung des Reiseveranstalters oder des örtlichen Leistungserbringers zurückzuführen ist.
-Und Sie müssen – im Gegensatz zum bloßen Mangel der Reise – ein Verschulden, das heißt eine Sorgfaltspflichtverletzung, nachweisen können. Eine solche Sorgfaltspflichtverletzung ist es beispielsweise, wenn Sie der Veranstalter nicht informiert über ein heikle politische Lage im Reiseland, über Kleidervorschriften, ein Alkoholverbot oder Besonderheiten im Straßenverkehr.
Beispiel: Ein einschlägiges Beispiel aus jüngerer Zeit sind die Attentate auf Tonn Sten in Luxor. Die Reiseveranstalter in der Schweiz mussten den Verletzten und den Angehörigen der Todesopfer Schadenersatz und Genugtuenden zahlen. Ausschlaggebend war. dass die Attentate bei einem Ausflug stattfanden, der mit zum in der Schweiz gebuchten Reisepaket gehörte. Zudem gab es im Reiseprospekt keinen Hinweis darauf, dass es sich um eine Krisen Region handelte, in der bereits mehrere Attentate auf Touristen verübt worden waren. Dass dem Veranstalter ein Verschulden nachgewiesen werden muss, ist eine deutliche Erschwerung im Vergleich zur Mängelhaftung. Hinzu kommt, dass der Veranstalter der Haftpflicht entgeht, wenn er nachweisen kann, dass er alle erdenkliche Sorgfalt aufgewendet hat, dass der Unfall wegen höherer Gewalt (Naturkatastrophe) eingetreten ist, dass er durch den Touristen selbst verursacht wurde oder das Dritte dafür verantwortlich sind (Stichwort Entführung). Bei Unfällen auf Flugreisen gelten Sonderregeln und internationale Abkommen.
Hinweis: Der Reiseveranstalter zu Hause haftet auch für Unfälle, die von lokalen Leistungserbringern verschuldet werden, die für ihn tätig sind – etwa für einen Unfall des Reisebusses beim Ausflug. Das ist beim risikoreichen Straßenverkehr und der mangelhaften Betriebssicherheit der Fahrzeuge in gewissen Ländern nicht ganz unwichtig.
Was wird vergütet? Grundsätzlich gilt die volle Haftung. Allerdings kann der Reisveranstalter die Entschädigung für Sachschaden (kaputte Kleider, Koffer, beschädigte Fotoausrüstung) vertraglich auf den doppelten Betrag des Preises der Pauschalreise beschränken. Von dieser Möglichkeit machen fast alle Veranstalter Gebrauch. Die Haftungsbeschränkung findet sich in den allgemeinen Vertragsbestimmungen, dem Kleingedruckten. Da-gegen wehren kann man sich kaum. Eine Einschränkung der Haftung für die Folgen einer Körperverletzung dagegen ist gesetzlich ausge-schlossen. Hier muss auf jeden Fall der volle Schaden ersetzt werden.
So verhalten Sie sich richtig nach einem Reiseunfall
Ob Mangel oder Unfall – kontaktieren Sie die Reiseleitung vor Ort. Auch wenn es sich um Probleme handelt, für die der Veranstalter nicht verantwortlich ist, wird man sich meist um Ihre Unterstützung bemühen. Schließlich sind Sie Kunde. Wird Ihnen nicht geholfen, halten Sie diese Tatsache sowie den Grund der Beanstandung schriftlich fest und schicken das Schreiben umgehend an den Reiseveranstalter in der Schweiz. Ist ein Unfall passiert, lassen sich die Haftungsfragen in der Regel kaum vor Ort klären, sondern erst nach Ihrer Rückkehr. Sind Sie verletzt, werden Sie und Ihre Begleiter zuerst damit beschäftigt sein, die notwendige ärztliche Pflege und allenfalls die vorzeitige Rückkehr nach Hause zu organisieren. So weit möglich sollten Sie aber sicherstellen, dass der Reiseveranstalter schriftlich vom Vorfall in Kenntnis gesetzt wird. Tun Sie das spätestens gleich nach Ihrer Rückkehr. Da Sie für Ihre Schadenersatzforderung eine Verletzung der Sorgfaltspflicht nachweisen müssen, lohnt es sich, vor Ort alle Beweise zu sichern, derer sie habhaft werden können (Fotos, Namen und Adresse von Zeugen und Ähnliches). Bei einem größeren Unfall wird die Polizei von Amtes wegen kommen und einen Rapport verfassen. |e nach Land kann es allerdings sehr schwierig werden, zu diesem Rapport zu kommen – sofern er dann einmal vorliegt.
Tipp: Haben Sie auf der Reise mehr als bloß ein paar kleinere Kratzer ab- bekommen, empfiehlt es sich, Informationen zur Rechtslage im Reiseland einzuholen. Hilfreichen Anlaufs! Eilen sind in solchen Fällen die Opferberatungsstellen.
Checkliste: Was tun nach einem Reiseunfall?
Sofort (innert 3 bis 5 Tagen) | □ Unfallort und -umstände fotografisch festhalten □ Zeugen und Beteiligte notieren, eventuell Polizei beiziehen (kann je nach Land und Kultur heikel sein) □ Pauschalreisen: Reiseleiter vor Ort informieren □ Individualreisen: Rückreise in die Schweiz organisieren Versicherungen telefonisch benachrichtigen Vor Ort jemanden beauftragen, den Sie später von der Schweiz aus als Ansprechpartner haben |
Bald (innert 2 bis 6 Monaten) | □ Pauschalreisen: Beim Reiseveranstalter Übernahme des Schadens verlangen □ Individualreisen: Abklären, wie Sie von der Schweiz aus zu Schadenersatz kommen Möglichst bald vor Ort einen Anwalt beauftragen Frühzeitig Verährungsproblematik des anwendbarer Rechts abklären (lassen) |
Später | □ Individualreisen: Da man sich im ausländischen Recht nicht auskennt, empfiehlt es sich, alles möglichst rasch in die Wege zu leiten. Abvierten kann den Vertust der Ansprüche zur Fo.ge haben. |