Der Bund der Versicherten führt seit Jahren bis heute noch laufende Musterprozesse und Verfassungsbeschwerden, die dazu führen könnten, dass nach 1994 (möglicherweise auch noch früher) abgeschlossene Lebens- und Rentenversicherungen unwirksam sind oder unter anderen Bedingungen – mit besserer Überschussbeteiligüng und besseren Rückkaufswerten bei vorzeitiger Kündigung – weitergeführt werden müssten. Der Ausgang dieser Verfahren muss abgewartet werden.
Die Lebensversicherer versuchen neuerdings, für unwirksam erklärte Klauseln per Rundbrief an ihre Versicherten durch neue, angeblich verständlichere Klauseln gleichen Inhalts zu ersetzen. Wenn Sie also solche Post von Ihrem Versicherer bekommen, sollten Sie die neuen Klauseln nicht anerkennen und abwarten, was die Prozesse des Bundes der Versicherten (BdV) ergeben. Nach Meinung des BdV müssten die Unternehmen mit ihren Versicherten neue Klauseln vereinbaren, die den Vorstellungen der Versicherten beim Vertragsabschluss entsprechen, die mit Sicherheit nicht von Abschlusskosten in Höhe von zwei Jahresbeiträgen ausgegangen sind, die mit den‘ ersten Prämien verrechnet werden. Die Höhe der Abschlusskosten und deren Verrechnung sowie die Regelungen zum Rückkaufswert bei Kündigung müssten entsprechend neu vereinbart werden.
Wenn es zu keiner Vereinbarung kommt, müssten Gerichte entscheiden, was die Vertragsparteien beim Vertragsabschluss gewollt haben
(möglicherweise einen Ersatz von Kosten, wie sie ein Beauftragter nach § 670 BGB verlangen kann, oder eine Verteilung von Abschlusskosten auf zehn Jahre – wie bei den Riester-Verträgen). Oder der ganze Vertrag kann unwirksam sein, wenn seine Fortführung für eine Vertragspartei unzumutbar wäre (was zur Rückzahlung aller Beiträge plus Zinsen führen würde). Jedenfalls ist die Meinung der Versicherer absurd, sie dürften die unwirksamen Regelungen durch neue Klauseln mit gleichem Inhalt ersetzen.
Der Inhalt der unwirksamen Klauseln war – wenn man ihn transparent darstellt: Wir können die Höhe des Rückkaufswertes und der Abschlusskosten und deren Verrechnung einseitig bestimmen. Zu diesen Bedingungen hätte sicher kein Verbraucher einen solchen Vertrag abgeschlossen. Für die noch laufenden Verträge könnte allerdings eine gesetzliche Regelung in § 172 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (WG) greifen, dass Lebensversicherungsunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen unwirksame Klauseln – einseitig – ersetzen dürfen, wenn dies zur Fortführung des Vertrages notwendig ist. Diese Bestimmung ist nach Meinung des BGH-Richters Römer aber so ungenau und undurchsichtig, dass sie praktisch nicht anwendbar sein soll. Römer meinte im Jahre 2001 auf einer Veranstaltung, er würde keinem Versicherer raten, sich bei einer Klauselersetzung auf den § 172 WG zu berufen. Er könnte beim Bundesgerichtshof (BGH) eine böse Überraschung erleben.
Auch über diese Fragen streitet sich der BdV bereits mit der Allianz in einem weiteren Prozess vor dem BGH. Der Ausgang dieses Prozesses muss zunächst abgewartet werden. Verliert ihn der BdV, können Lebensversicherer – ohne dass die Versicherten widersprechen können – bis zum Sankt Nimmerleinstag unwirksame Klauseln in ihren Bedingungen austauschen und – wenn auch diese erneut unwirksam sind wieder austauschen und wieder austauschen: eine never-ending story. Folgen die BGH-Richter der Meinung ihres inzwischen pensionierten Kollegen Römer, dann wäre ein solcher Endlos-Klauseltausch nicht zulässig. Die Versicherten müssten neuen Klauseln zustimmen.
Dafür wäre – so Römer- sogar eine neu zu schaffende gesetzliche Regelung denkbar, dass es als Zustimmung gilt, wenn der Versicherte nicht innerhalb eines Monats nach Mitteilung der Klauselersetzung widerspricht. Bis zu einer solchen Neuregelung können aber nur die oben dargestellten allgemeinen Grundsätze des AGB-Gesetzes Anwendung finden. – Also gilt auch hier: Neue Klauseln nicht anerkennen, ihnen widersprechen und abwarten! Wurde der erste Versicherungs-beitrag in den letzten zwölf Monaten gezahlt: sofort dem Vertragsabschluss widersprechen.
So schaffen Sie klare Verhältnisse in Ihrem Lebensversicherungsschutz
Wenn Sie die Aufhebung Ihrer Lebensversicherung erreichen wollen, müssen Sie vorher zweierlei tun: sich einmal um einen besseren Versicherungsschutz bemühen und dann versuchen, aus Ihrer alten Lebensversicherung an Geld zu retten, was noch zu retten ist. Aber bei verschlechterten Gesundheitsverhältnissen nicht übereilt handeln!
1. Prüfen Sie als Erstes, ob der Versicherungsschutz für die Familie überhaupt ausreicht.
2. Prüfen Sie als Zweites, ob die Beiträge, die Sie jetzt schon für Lebensversicherungen bezahlen, bis zum Ablauf der Verträge voll von Ihrem Einkommen als Sonderausgaben abzugsfähig sind, und lassen Sie sich Angebote für eine eventuelle Veränderung oder Aufhebung bestehender Kapital-Lebensversicherungen vorlegen.
3. Lassen Sie sich gleichzeitig – von anderen Gesellschaften – Angebote für Risiko-Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen machen und schließen Sie diese evtl. ab.
4. Verändern oder kündigen Sie danach Ihre Kapital-Lebensversicherungen.