Millionen Bundesbürger haben falsche Lebensversicherungen. Mehr als die Hälfte aller Kapital-Lebensversicherungen wird nicht bis zur vereinbarten Vertragsdauer durchgehalten und vorzeitig aufgehoben, und das oft in Notlagen. Und dann gibt es für alle das böse Erwachen. Viele erhalten von ihrem eingezahlten Geld gar nichts, einige nur wenig zurück. Selbst wer nach zehn Jahren in etwa das zurückbekommt, was er über diese Zeit an Beiträgen eingezahlt hat, muss Verluste hinnehmen: denn verzinslich angelegt hätte sich sein Geld in derselben Zeit vielleicht verdoppelt.
Auch Sie haben falsche Lebensversicherungen,
wenn Sie hohe Beiträge für eine langfristige Lebensversicherung zur zusätzlichen Altersversorgung aufwenden, aber noch keinen ausreichenden Versicherungsschutz für Ihre Familie über eine Risiko-Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeitsrente haben,
wenn Sie den Sparerfreibetrag (1550 Euro Kapitalerträge im Jahr für Ledige, 3 100 Euro für Ehepaare) noch nicht ausgenutzt haben, also über jede andere Geldanlage – flexibler – höhere steuerfreie Erträge erreichen können,
wenn Sie eine langfristige Lebensversicherung haben und die Beiträge nicht im Rahmen der voll abzugsfähigen Sonderausgaben von Ihrem Einkommen absetzen können (Durchschnittsrendite dann – je nach Laufzeit – nur um die fünf bis sechs Prozent),
Wenn Sie Lebensversicherungen (auch als Direktversicherung) bei einer falschen Gesellschaft mit einer schlechten Überschussbeteiligung haben,
wenn Sie eine vermögensbildende Lebensversicherung (nach dem 624-Mark-Gesetz) besitzen, weil es für diese keine Sparzulagen mehr gibt,
wenn Sie eine Risiko-Lebensversicherung bei einer teuren Gesellschaft abgeschlossen haben,
wenn Sie eine dynamische Lebensversicherung haben,
wenn Sie in Ihre Lebensversicherung eine Unfall-Zusatzversicherung eingeschlossen haben,
wenn Sie für den Fall einer Berufsunfähigkeit über eine Kapital- Lebensversicherung vorgesorgt haben,
wenn Sie eine Kapital-Lebensversicherung zur Tilgung eines Darlehens für selbst bewohnten Grundbesitz abgeschlossen haben (so genannte Lebensversicherungshypothek mit Verrechnungsabkommen).
Trifft einer dieser Fälle auf Sie zu, dann sollten Sie nicht resignieren. Das bringt nur noch mehr Verluste. Tun Sie alles, um diese Verluste in Grenzen zu halten. Dafür müssen Sie wissen, dass die Lebensversicherungen neben den vielen versteckten Nachteilen einen Vorteil haben: Sie können mit ihnen so ziemlich alles machen, was Sie wollen – sie jederzeit kündigen, aufheben, verändern, herabsetzen, verkürzen, einschränken, beitragsfrei weiterlaufen lassen. Der Nachteil: Sie verlieren viel Geld – oft mehrere Jahresbeiträge. Dieses Geld haben die Vertreter und Gesellschaften im Allgemeinen erst einmal in ihre Taschen gesteckt und geben es nicht wieder heraus. Das sollte Sie aber nicht von der Aufhebung oder Veränderung Ihrer Lebensversicherung abschrecken; denn ob Sie die Versicherung durchhalten, verändern oder ganz aufheben: Sie haben dieses Geld so oder so verloren.
Für alle Fälle gilt: Wenn Sie beim Lesen dieses Buches das Gefühl beschlichen hat, beim Abschluss Ihrer Lebensversicherung Fehler gemacht zu haben, stellen Sie zu neu abgeschlossenen oder bis zu drei Jahre alten Verträgen alle Beitragszahlungen ein. Widerrufen Sie – soweit noch möglich – die letzten Lastschriften; denn diese Beiträge können zum größten Teil verlorene Zahlungen sein. Das geht für alle Beiträge, die in den letzten sechs Wochen oder auch noch früher abgebucht wurden. Sprechen Sie unter Vorlage der Lastschriftbelege mit Ihrer Bank oder Sparkasse. Sie brauchen sich um den Versicherungsschutz zunächst nicht zu sorgen. Ihr Versicherungsunternehmen mahnt Sie erst einmal und kündigt in der Regel den Wegfall des Versicherungsschutzes per Einschreiben an. Auch einen Zahlungsbefehl oder Prozess haben Sie nicht zu fürchten; denn Lebensversicherungsbeiträge werden grundsätzlich nicht eingeklagt.
So hat ein Branchenfunktionär schon vor Jahren im Handelsblatt erklärt, dass sich die Gesellschaften im Wege der Selbstbeschränkung darauf verständigt haben, Erstbeiträge zu Lebensversicherungsverträgen trotz bestehenden Rechtsanspruchs nicht einzuklagen. Auch das Bundesaufsichtsamt schaltet sich ein, wenn Lebensversicherungsgesellschaften Erstbeiträge einklagen (außer bei so genannten Ausspannungen, wenn der Versicherte eine neu abgeschlossene Versicherung aufgibt, um einen gleichen Vertrag anderswo abzuschließen).
Rücktritt
Nach Abschluss einer Lebensversicherung (das bedeutet in der Regel: nach Erhalt der Police) kann der Versicherungsnehmer nach § 8 Absatz 5 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) in einer Frist von 14 Tagen vom Vertrag zurücktreten (ausschlaggebend ist das Absendedatum der Rücktrittserklärung). Wenn der Lebensversicherte im Antrag nicht deutlich auf sein Rücktrittsrecht hingewiesen worden ist, beginnt die Frist nicht zu laufen. Der Versicherte kann dann auch später noch vom Vertrag zurücktreten.