Beispiel: Im Auto von Alberto G ist auch sein Freund Darius O. mitgefahren.
Dieser ist selbständiger Informatikberater und hat keine Unfallversicherung abgeschlossen. Wer kommt für seine Unfallfolgen auf? Die Spitalkosten übernimmt die Krankenkasse – auf der allgemeinen Abteilung, wenn Herr O. nur grundversichert ist, im Privatzimmer, wenn er eine entsprechende Zusatzversicherung besitzt. Auch medizinische Behandlungen, die nach dem Spitalaufenthalt noch nötig sind, deckt die Krankenkasse. Die Jahresfranchisen und Selbstbehalte muss Herr O. selber bezahlen. Schlimmer aber ist, dass sein Einkommensausfall nicht entschädigt wird. Die Krankenkasse bezahlt kein Taggeld und eine private Erwerbsausfallversicherung hat Darius O. nicht abgeschlossen.
Die Krankenpflegeversicherung – besser bekannt als Grund Versicherung – ist in der Schweiz seit 1996 obligatorisch. Und das mit gutem Grund: Das Risiko, krank zu werden, ist viel grösser als die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls. Das Obligatere bringt für alle in der Schweiz Wohnenden einen großen Vorteil. Die Krankenkassen müssen jeden und jede aufnehmen – unabhängig davon, wie gesund oder krank, jung oder alt.
Zudem legen die Krankenkassen die Prämien für die Grundversicherung nicht nach dem Krankheitsrisiko der einzelnen Person fest, sondern erheben für alle Versicherten einer Region dieselbe Prämie. Einzig nach Alter wird abgestuft: Kinder, junge Erwachsene und Erwachsene. Von Krankenkasse zu Krankenkasse allerdings sind die Prämien sehr wohl unterschiedlich. Das hängt vor allem mit der Kosten- und Versichertenstruktur der einzelnen Kassen zusammen. Die Domäne der Krankenkassen sind die Heilungskosten. Taggelder, Renten oder Integritätsentschädigungen gibt es in der Grundversicherung nicht. Der Leistungskatalog ist also viel schmäler als bei der Unfallversicherung.
Tipp: Sind Sie nicht erwerbstätig oder selbständig erwerbend? Dann sollten Sie Ihre Versicherungsdeckung für Unfall von einer Fachperson abklären hissen. Vor allem Selbständig erwerbende können in große finanzielle Probleme geraten, wenn sie arbeitsunfähig oder gar invalid werden und ungenügend versichert sind. Mehr darüber, wie Sie solche Lücken mit privaten Versicherungen schließen können, erfahren Sie in unserem Versicherung-Ratgeber.
Obligatorische Grundversicherung: nur die Heilungskosten
Die Grundversicherung deckt die medizinische Grundversorgung ab, also die notwendigen Kosten für Diagnosen, Untersuchungen und Behandlungen. Was dazugehört, ist gesetzlich festgelegt. Dabei sind nicht nur die einzelnen Leistungen eingegrenzt, sondern auch die Personen und Institutionen, welche kassenpflichtige Leistungen erbringen dürfen.
Hinweis: In diesem Ratgeber wird die Krankenversicherung nur so weit besprochen, wie sie im Zusammenhang mit einem Unfall wichtig ist. Mehr über die Leistungspflicht der Krankenkasse und darüber, ob und wann Zusatzversicherungen sinnvoll sind, erfahren Sie im Beobachter-Ratgeber Krankenkasse – Was Gesunde und Kranke wissen müssen ( Beobachter*ch/buch Shop).
Die wichtigsten Leistungen der Grundversicherung
• Untersuchungen, Behandlungen und Pflege Maßnahmen, die durchgeführt werden von:
– Ärztinnen und Ärzten
– Uhr Prätorianern und Chiropraktikern
– weiteren Personen auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes
• Aufenthalt in der allgemeinen Abteilung eines Spitals
• Ärztlich verschriebene Medikamente
• Vom Arzt durchgeführte oder angeordnete medizinische Rehabilitation
• Vom Arzt verordnete Analysen, Arzneimittel sowie Mittel und Gegenstände, die der Untersuchung oder Behandlung dienen
• Beiträge an die Kosten medizinisch notwendiger Transporte sowie an Rettungskosten
• Beiträge an ärztlich angeordnete Badekuren
Die Grundversicherung bezahlt nicht alles
Im Normalfall können Sie davon ausgehen: Die Grundversicherung zahlt die Behandlungen, Untersuchungen und Medikamente, die Ihre Ärztin für nötig hält. Doch die Pflichtleistungen der Krankenkasse haben Grenzen – und diese Grenzen werden im Zeitalter der steigenden Krankheitskosten immer enger gezogen. Wichtig sind vor allem folgende Einschränkungen:
• Spitalaufenthalt: Gedeckt ist die allgemeine Abteilung in einem Spital, das auf der Spitalliste Ihres Wohnkantons steht. Müssen Sie nach einem Unfall Notfall massig in ein Krankenhaus eingeliefert werden, das nicht auf dieser Liste steht, werden die Kosten ebenfalls übernommen.
• Behandlungskosten: Die Ärztin, die Sie aufsuchen, muss an Ihrem Wohn- oder Arbeitsort oder in der näheren Umgebung tätig sein. Die Grundversicherung zahlt nur den Tarif, der in diesem Umkreis gültig ist. Auch stößt man außerhalb der klassischen Arztbesuche relativ schnell an Grenzen. Beispielsweise wurden im Sommer 2005 alle komplementärmedizinischen Leistungen aus der Grundversicherung he-rausgenommen. Diese sind nicht mehr gedeckt, auch wenn die Behandlung von einem Arzt mit Zusatzausbildung vorgenommen wird.
• Spezialfall Zahnbehandlung: An sich bezahlt die Grundversicherung die Kosten von Zahnbehandlungen nur in Ausnahmefällen. Zahnbehandlungen nach einem Unfall werden aber übernommen – sofern Sie keine Unfallversicherung haben. Ob es sich bei einem Zahnschaden um eine Unfallfolge handelt, muss im Zweifelsfall der Zahnarzt entscheiden. Bei den meisten Unfällen ist der Fall jedoch klar: Die Krankenkasse (oder die Unfallversicherung) zahlt.
Beispiel: Am Skitag des Gymnasiums rammt Jennifer mit dem Snowboard ihren Kollegen Hakan, der mitten auf der Piste sitzt. Beim Aufprall auf dem hart gefrorenen Schnee schlägt sie sich einen Schneidezahn heraus, der Kollege erleidet eine Hirnerschütterung und muss ebenfalls zum Arzt. Als Schüler sind weder Jennifer noch Hakan gegen Unfall versichert. Die Krankenkassen der beiden vergüten die Kosten für Zahnarzt, Arztbesuch und Medikamente. Beide müssen aber den Selbstbehalt von zehn Prozent übernehmen. Und weil Hakan schon über 18 ist, wird ihm auch die Franchise von 300 Franken belastet.
Wie hoch ist die Kostenbeteiligung?
Selber bezahlen müssen Sie bei der Krankenkasse auf jeden Fall die sogenannte Kostenbeteiligung. Diese setzt sich aus folgenden Beträgen zusammen: Selbstbehalt: Zehn Prozent der Behandlungskosten gehen zu Ihren Lasten. Der Selbstbehalt ist aber nach oben begrenzt: Kinder und Jugendliche bis 18 zahlen maximal 350 Franken pro Jahr, alle anderen maximal 700 Franken. Jahresfranchise: Die gesetzliche Mindestfranchise für Erwachsene beträgt 300 Franken. Um Prämien zu sparen, können Sie die Franchise freiwillig erhöhen, auf maximal 2500 Franken. Allerdings müssen Sie den Betrag dann auch zur Verfügung haben, wenn Sie medizinische Behandlungen brauchen. Für Kinder und Jugendliche bis 18 besteht keine gesetzliche Franchise. Eine solche freiwillig zu wählen, lohnt sich kaum, da regelmäßig Kosten anfallen (Impfungen, Kinderkrankheiten, bei jungen Frauen gynäkologische Untersuchungen). Beitrag an Spitalaufenthaltskosten: Alleinstehende zahlen für jeden Tag, den sie im Spital verbringen, einen zusätzlichen Selbstbehalt von zehn Franken. Dieser Betrag wird auch verrechnet, wenn die Obergrenze von 700 Franken pro Jahr erreicht ist.
Mit Zusatzversicherungen die Lücken schließen
Mit der Grundversicherung ist zwar die medizinische Grundversorgung nach dem Unfall gewährleistet. Wer es sich leisten kann, sollte sich jedoch den Abschluss einer Zusatzversicherung zumindest einmal überlegen. Der Vorteil besteht darin, dass man den Versicherungsschutz nach den persönlichen Bedürfnissen ausbauen kann.
Es gelten andere Regeln
Die Zusatzversicherungen unterstehen nicht dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) mit seinen strengen, auf soziale Gesichtspunkte aus- gerichteten Bestimmungen, sondern dem Versicherungsvertragsgesetz (WG). Diese beiden Kategorien finden Sie auch auf Ihrem Versicherungsausweis; einzelne Kassen stellen für jede Kategorie einen eigenen Versicherungsausweis aus.
Das VVG gibt den Krankenkassen weitgehende Freiheiten. Das hat einerseits Vorteile, weil die Leistungen flexibler auf die Bedürfnisse des einzelnen Versicherungsnehmers zugeschnitten werden können. Andererseits gibt es für Sie als Versicherte einige gewichtige Nachteile: Sie haben kein Recht darauf, in eine Zusatzversicherung aufgenommen zu werden. Die Krankenkasse kann Ihren Antrag ganz ablehnen oder Vorbehalte anbringen, was bedeutet, dass die Leistungen für bestimmte Leiden von vornherein ausgeschlossen werden (zum Beispiel für Wirbelsäulenleiden bei abgenützten Bandscheiben). Die Prämien darf risikogerecht festgelegt werden, was im Klartext bedeutet: Je älter eine Person ist und je mehr Kosten sie verursachen könnte, desto höher sind ihre Prämien.
Die richtige Zusatzversicherung abschließen
Die meisten Krankenversicherer bieten ganze Pakete von aufeinander abgestimmten Zusatzleistungen an. Holen Sie daher bei verschiedenen
Leistungen der Zusatzversicherungen
Spitalzusatzversicherungen
• Ein- oder Zweibettzimmer im Spital (private oder halbprivate Abteilung)
• Besondere Hotellerie Leistungen im Spital
• Freie Arztwahl im Spital
• Freie Spitalwahl in der ganzen Schweiz (nicht nur Spitäler auf der Spitalliste des Wohnsitzkantons)
Ambulante Zusatzversicherungen (Behandlungszusätze)
• Alternativmedizin
• Nicht ärztliche Psychotherapie
• Nicht kassenpflichtige Medikamente
• Einschluss von ungedeckten Kosten im Ausland, von ungedeckten Ambulanztransporten und Rettung Maßnahmen
• Zahnenden Versicherung
Invaliditäts- und Todesfallversicherungen
• Risikoversicherung, die bei Invalidität oder Tod der versicherten Person ein Kapital (seltener eine Rente) auszahlt
• Unfalltaggeld
Kassen Offerten ein, prüfen Sie, welche Teile des Pakets Sie überhaupt brauchen, und vergleichen Sie die Prämien und Versicherungsbedingungen. Lassen Sie sich wenn nötig beraten.
Die Zusatzversicherung können Sie an sich auch bei einer anderen Krankenkasse abschließen als Ihre Grundversicherung. In der Regel macht es aber wenig Sinn, den administrativen Mehraufwand auf sich zu nehmen, den die Aufteilung auf zwei Anbieter mit sich bringt. Gewisse Kassen verlangen zudem zusätzliche Gebühren oder machen die Aufnahme in die Zusatzversicherung sowieso davon abhängig, dass Sie auch die Grundversicherung dort abschließen.
Hinweis: So sinnvoll Zusatzversicherungen sein können, sie haben auch ihre Grenzen. Müssen Sie nach einem Unfall Notfall massig in ein Spital eingeliefert werden, ist die Zusatzversicherung für die freie Spital- und Arztwahl meist nutzlos. Sie kommen ins nächstgelegene Spital und müssen mit dem Arzt vorlieb nehmen, der gerade Dienst hat. Anders sieht es natürlich aus, wenn Sie eine unfallbedingte Operation planen können.
Risikoversicherung gegen Invalidität
Die Versicherung eines Invaliditätskapitals kann vor allem für Kinder und Jugendliche sinnvoll sein, denn sie sind im Fall einer bleibenden gesundheitlichen Beeinträchtigung nur schlecht versichert. Die ausbezahlte Summe erleichtert den Alltag und hilft beispielsweise, die Wohnung rollstuhlgängig umzubauen oder eine spezielle Pflege zu finanzieren. Alles Dinge, die weder die Krankenkasse noch die Invalidenversicherung bezahlt. Für Selbständige ohne Unfallversicherung kann sich eine solche Risikoversicherung ebenfalls lohnen. Und auch Nichterwerbstätige sollten sich den Abschluss überlegen. Denn wenn eine Mutter und Hausfrau invalid wird und ihre Arbeit nur noch zum Teil oder gar nicht mehr erledigen kann, wird ein Ersatz rasch sehr teuer. Statt eines Kapitals lässt sich auch eine Rente versichern, die im Invaliditätsfall regelmäßig ausbezahlt wird, eventuell kombiniert mit einem Todesfallkapital (auch bei Privatversicherern lassen sich solche Deckungen abschließen; mehr dazu auf unserem Versicherung-Ratgeber).
Tipps:
• Am besten lassen Sie Ihre ganze Versicherungssituation überprüfen und entscheiden nach einer Gesamtberatung, ob Sie oder Ihre Angehörigen eine zusätzliche Invaliditäts- oder Todesfallkapitalversicherung bei der Krankenkasse benötigen.
• Wenn Sie eine Risikoversicherung für Invalidität abschließen, achten Sie darauf, dass nicht nur der Unfall, sondern auch die Krankheit abgedeckt ist. Die Wahrscheinlichkeit, wegen einer Krankheit invalid zu werden, ist etwa fünfmal höher.
Lohnt sich ein Unfalltaggeld bei der Krankenkasse?
Während für Erwerbstätige der Lohnausfall in der ersten Zeit nach einem Unfall durch die obligatorische Unfallversicherung abgedeckt ist, sieht die Krankenversicherung in der Grundversicherung keine obligatorischen Taggeldzahlungen vor. Trotzdem kann man den Lohnausfall auf freiwilliger Basis versichern: Krankenkassen bieten sowohl Unfall- und Krankentaggelder nach Krankenversicherungsgesetz (KVG) wie nach Privatversicherungsgesetz (WG) an; WG-Taggelder können Sie zudem auch bei Privatversicherern abschließen. Was ist der Unterschied?
• Beim Krankentaggeld nach KVG muss die Kasse alle Interessierten unabhängig von Alter und Gesundheitszustand aufnehmen. Der Nachteil dabei: Die Taggelder sind sehr tief, versicherbar sind nur gerade 10 bis 30 Franken pro Lag.
• VVG-Taggelder können so hoch gewählt werden, dass sie den Lohnausfall wirklich abdecken. Der Nachteil hier: Die Versicherer können Antragsteller mit Gesundheitsproblemen ablehnen oder Vorbehalte an – bringen.
Für Selbständig erwerbende kommen eigentlich nur Taggelder nach WG in Frage. Meist werden solche Erwerbsausfall Versicherungen mit einer Wartefrist abgeschlossen, die zwischen dem Unfall und der Zahlung des ersten Taggelds verstreichen muss. Üblich sind 30, 60 oder 90 Tage. Je kürzer die gewählte Wartefrist, desto höher die Prämien. Die Leistungen sind im Allgemeinen auf 720 oder 730 Lage begrenzt. Versichert wird entweder eine bestimmte Summe pro Tag oder 80 Prozent des Einkommens.
Achtung: Die Taggeld Versicherung deckt nur die ersten zwei Jahre nach einem Unfall ab. Den Einkommensausfall während einer länger andauernden Erwerbsunfähigkeit müssen Sie über eine Erwerbsunfähigkeitsrente absichern.
Eine Taggeldversicherung kann auch für Hausfrauen und -männer sinnvoll sein, etwa um bei längerer Arbeitsunfähigkeit die Kosten einer Haushaltshilfe abzudecken. Losen Sie die Versicherungsbedingungen genau durch. Viele Versicherer zahlen nur, wenn sich einen Erwerbsausfall nach- weisen – und das können Sie als Nichtberufstätige ja gerade nicht.