Die Berufsunfähigkeitsversicherungen im Test Teil I
Zuschauerfragen aus der Redaktion
Herr Slirka aus Köthen:
„Ich hatte was von einer Pauschal- und einer Staffelregelung gehört. Was ist darunter zu verstehen?“
Unter der Pauschalregelung versteht man, dass die Berufsunfähigkeitsrente in voller Höhe gezahlt wird, wenn Berufsunfähigkeit zu 50 Prozent vorliegt. Die Staffelregelung greift bereits bei einem Grad von 25 Prozent Berufsunfähigkeit; dann werden 25 Prozent der versicherten Rente ausbezahlt. Es erfolgt eine weitere Staffelung, wonach bei 50 Prozent Berufsunfähigkeit 50 Prozent der Rente bezahlt werden und erst bei 75 Prozent wird die volle Berufsunfähigkeitsrente fällig. In der Regel ist die Pauschalregelung die bessere Variante, da hier bereits ab 50 Prozent Berufsunfähigkeit die volle Rente bezahlt wird. Außerdem sind bei der Staffelregelung Rechtsstreitigkeiten wegen der Differenzierung vorprogrammiert.
Frau Sommer aus Erfurt:
„Kann die Versicherung während der Laufzeit die Versicherungsbeiträge erhöhen?“
Ja, wenn die Anwendung des § 172 Versicherungsvertragsgesetz (WG) in den Versicherungsbedingungen nicht ausgeschlossen ist. Die Versicherung kann hiernach die Versicherungsprämie erhöhen, wenn unvorhersehbare Veränderungen im Leistungsbedarf gegenüber den angewendeten Berechnungsgrundlagen zur Prämienermittlung auftreten und die Erfüllbarkeit der Versicherungsleistung nur so gewährt werden kann. Ein unabhängiger Treuhändler muss dies prüfen und bestätigen. Einfache Fehlkalkulationen, die vorhersehbar waren, können aber nicht einfach auf den Verbraucher abgewälzt werden.
Tipp: Ausschluss der Anwendung des § 172 WG
Es gibt viele Versicherer, die die Anwendung des § 172 Versicherungsvertragsgesetz (WG) ausschließen.
Frau Wischmann aus Kleinmachnow:
„Meine Tochter beginnt jetzt die Lehre als Krankenschwester. Muss sie sich jetzt schon gegen Berufsunfähigkeit absichern?“ Dieser Versicherungsschutz ist einfach nötig. Je früher man die Versicherung abschließt, desto günstiger ist der Beitrag. Des Weiteren liegen bei jüngeren Menschen in der Regel noch nicht so viele Beschwerden oder Krankheiten vor. Meist wird in den Versicherungsbedingungen eine Klausel vereinbart, die den Versicherungsschutz auf den Fall der Erwerbsunfähigkeit abstellt, da ja noch kein Beruf vorliegt. Nach Abschluss der Lehre greift dann der Berufsunfähigkeitsschutz. Da die Klauseln unterschiedlich gestaltet sind, klären Sie bitte, ab wann der Berufsunfähigkeitsschutz eintritt und ob Meldepflichten, z. B. bei Abschluss der Lehre, bestehen. Bei einigen Versicherungsgesellschafen müssen beispielsweise Schüler bereits ihren Lehrbeginn melden.
Herr Willig aus Kassel:
„Es gibt so unterschiedliche Möglichkeiten, den Versicherungsvertrag zu gestalten. Würden Sie eine Berufsunfähigkeit mit einer Kapital bildenden Lebensversicherung kombinieren?“ Eine pauschale Lösung gibt es hier nicht. Da die Berufsunfähigkeitsversicherung ein längerfristiger Vertrag ist, am besten bis zum Eintritt des Rentenalters, ist die Kopplung an einen Sparvertrag gefährlich. Wesentlich ist bei diesen Versicherungen der Sparbeitrag. Kommt dann noch der Anteil zur Berufsunfähigkeit dazu, führt dies zu einer nicht unerheblichen monatlichen Belastung. Treten dann im Laufe des Vertrags Zahlungsschwierigkeiten z. B. durch Arbeitslosigkeit, Scheidung o. Ä. auf, können Sie den Beitrag des Hauptvertrags, den Sparanteil, nicht einfach kündigen. Müssen Sie dann den Vertrag auflösen, ist auch der Versicherungsschutz für die Berufsunfähigkeit erloschen. Auch eine Senkung des Beitrags für den Gesamtvertrag ist nur in einem bestimmten Verhältnis möglich.
Viele Versicherungsgesellschaften kalkulieren eine Kapital bildende Versicherung nur mit einem Mindestbeitrag, der als Sparvertrag nicht gewertet werden kann. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob dies sinnvoll ist. Die beste Alternative ist die Kopplung mit einer Risikolebensversicherung. Auch hier kann der Beitrag bei einer ganz geringen Todesfallsumme günstiger sein als bei einer selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung. Bedenken Sie auch, dass der Versicherungsschutz einer Risikolebensversicherung für eine Familien notwendig ist. Hier können Sie gleich einen sinnvollen Versicherungsschutz gestalten. Lassen Sie sich daher unterschiedliche Angebote erstellen. Dann müssen Sie individuell entscheiden, welche Lösung für Sie am besten ist.
Frau Richter aus Dresden:
„Meine Tochter hatte in der 8. Klasse Schwierigkeiten mit Mobbing in der Schule. Ein Schulpädagoge riet uns damals, in eine Therapie zu gehen. Sie dauerte nicht lange, so ca. zwei Monate. Jetzt hat sie die Lehre abgeschlossen. Bei Antragsaufnahme zur Berufsunfähigkeitsversicherung sagte die Vertreterin, dass dies nicht im Vertrag mit angegeben werden müsse, da ja nichts mehr Diesbezügliches vorgefallen sei. Nun habe ich die Police seit ca. einem halben Jahr. In der Sendung wird dieses Thema aber immer wieder behandelt. Jetzt bin ich unsicher, ob die Aussage der Vertreterin richtig war.“ Die Beratung war einfach falsch. Sie sind für die Angaben im Antrag verantwortlich. Leider ist es nämlich im Rechtsfall dann so, dass die Vertreterin sich nicht mehr an Ihr Gespräch erinnern kann und behauptet, dass von Mobbing und Therapie nie die Rede gewesen sei. Die fehlende Angabe liefert der Versicherungsgesellschaft dann einen Grund, die Berufsunfähigkeitsrente nicht zu zahlen.
Auch wenn die Rechtsprechung sich hier schon positiv entwickelt hat, hilft nur die Nachmeldung. Schreiben Sie der Versicherungsgesellschaft, dass Sie sich durch Pressemitteilungen oder Fernsehberichte nicht mehr sicher sind, ob der Antrag vollständig ausgefüllt wurde. Berichtigen Sie die Angaben des Versicherungsantrags und legen Sie ggf. ärztliche Unterlagen bei. Nur so kann die Versicherungsgesellschaft neu prüfen, ob der Vertrag Bestand hat. Es kann dann natürlich passieren, dass die Versicherungsgesellschaft die Prämie erhöht, das Risiko einer psychischen Erkrankung ausschließt oder den Vertrag kündigt. Aber nur so haben Sie Gewissheit und können noch bei anderen Versicherungsgesellschaften nachfragen, ob es für Sie einen besseren Versicherungsschutz gibt.
Musterbrief „Nachmeldung“
In unserem Versicherung-Ratgeber finden Sie als Musterbrief 7 eine Nachmeldung von Gesundheitsdaten, direkt zum Übernehmen in Ihre Textverarbeitung.
Frau Nörbach aus Wuppertal:
„Bei Abschluss des Vertrags wurde mir erklärt, dass ich, wenn ich alle behandelnden Ärzte angebe, keine Probleme habe. Die Versicherungs-gesellschaft ist verpflichtet, bei allen Ärzten anzufragen, wenn sie den Vertrag annimmt.“ Auch diese Auskunft ist falsch. Die Versicherungsgesellschaften müssen bei Abschluss des Vertrags nicht bei allen Ärzten anfragen. Es kommt darauf an, wie Sie die anderen Fragen im Antrag beantwortet haben. Erst wenn offensichtliche Unstimmigkeiten vorliegen, muss die Versicherungsgesellschaft prüfen und ggf. bei Ihnen nachfragen bzw. eine Arztrückfrage vornehmen. Daher auch hier der Tipp: Lassen Sie sich nicht auf einen Rechtsstreit ein. Melden Sie, falls der Vertrag schon besteht, alle Erkrankungen und Beschwerden nach.
Tipp: Krankenakte anfordern
Wir wiederholen uns gern in diesem Fall. Holen Sie sich von den behandelnden Ärzten Ihre Unterlagen und reichen Sie diese ein.
Frau Gerach aus Genthin:
„Ich habe vor sechs Jahren bereits eine Berufsunfahigkeitsversicherung abgeschlossen. Nun wird immer wieder gesagt, dass sich die Versicherungsbedingungen deutlich verbessert haben. Soll ich meinen Vertrag umstellen?“ Leider gibt es unseres Wissens keine Versicherungsbedingungen, die das Recht eingeräumt hätten, eine Umwandlung des Vertrags automatisch den besseren Bedingungen anzupassen. Wenn Sie jetzt einen neuen Vertrag abschließen, müssen Sie die erhöhte Prämie aufgrund des Alters zahlen und Sie tragen die Gefahr einer neuen Antragstellung in Bezug auf die Gesundheitsprüfung. Liegen bereits Erkrankungen oder Beschwerden vor, kann es zu Ausschlüssen kommen. Sie sollten sich auf alle Fälle beraten lassen, ob eine; Umstellung bei der gleichen Versicherungsgesellschaft möglich ist oder ein Neuabschluss eine Alternative darstellt. Die Umgestaltung des Vertrags auf neue Versicherungsbedingungen kann dann durchaus sinnvoll sein, trotz monatlicher Mehrprämie.
Frau Lehmann aus Zachow:
„Mein Sohn hat eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit 500 Euro monatlicher Rente abgeschlossen. Er befindet sich derzeit in der Lehre und will dann ein Studium aufnehmen. Gibt es die Möglichkeit, in einigen Jahren die monatliche Rente zu erhöhen?“ Diese Frage ist wirklich interessant, da durch die Veränderung der Lebenssituation auch der Berufsunfähigkeitsschutz angepasst werden muss. Wichtig dabei ist, dass keine erneute Gesundheitsprüfung erfolgt. Die Möglichkeit der Erhöhung gibt es leider nicht automatisch. Je nach Versicherungsunternehmen werden verschiedene Ereignisse in den Versicherungsbedingungen aufgeführt, nach denen eine Erhöhung stattfinden kann, z. B.
● Heirat,
● Geburt,
● Existenzgründung in den ersten zehn Jahren nach Versicherungsbeginn,
● Finanzierung einer Immobilie oder
● Fortfall der gesetzlichen Versicherung für die Berufsunfähigkeit.
Je mehr Ereignisse in den Vertragsbedingungen enthalten sind, desto besser ist dies für den Versicherungsnehmer. Ob man die Option dann eingeht, muss zum gegebenen Zeitpunkt geprüft werden.
Herr Trückmann aus Heinfeld:
„Im Zusammenhang mit der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung habe ich den Begriff, Arztanordnungsklausel gehört. Was ist damit gemeint?“ Hier haben sich die Versicherungsbedingungen über die Jahre deutlich verbessert. Der Inhalt der Klausel kann z. B. wie folgt lauten: „Anordnungen, die der untersuchende oder behandelnde Arzt nach gewissenhaftem Ermessen trifft, um die Heilung zu fördern oder die Berufsunfähigkeit zu mindern, hat der Versicherte zu befolgen, wobei ihm nicht Unbillliges zugemutet werden darf.“ Es gibt zwar unterschiedliche Rechtsauffassungen, wie weit diese Klausel gehen darf. So kommen z. B. Operationen nur in Ausnahmefällen in Betracht. Lassen Sie sich erst gar nicht darauf ein. Es gibt zwischenzeitlich viele Versicherungsgesellschaften, die auf diese Klausel gänzlich verzichten.
Frau Klee aus Schneeberg:
„Kann ich als Hausfrau eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, obwohl ich kein Gehalt bekomme?“ Der Versicherungsschutz wird auch für Hausfrauen bzw. -männer angeboten, allerdings wird die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente in den meisten Fällen begrenzt. Wenn Sie z. B. kleine Kinder zu betreuen haben und nun durch einen Berufsunfähigkeitsfall diese Arbeiten nicht mehr ausüben können, können Sie mit dieser Versicherung etwa eine Haushaltskraft einstellen. Die Notwendigkeit ist anhand der speziellen Familiensituation zu klären.