Versicherungsverträge mit Minderjährigen
Nur derjenige kann einen Versicherungsantrag rechtsverbindlich unterschreiben und somit selbstständig einen Versicherungsvertrag abschließen, der voll geschäftsfähig ist (nach Vollendung des 18. Lebensjahres).
– Geschäftsunfähige (bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres) können keine Verträge abschließen, für sie muss der gesetzliche Vertreter – in der Regel die Eltern – handeln.
– Beschränkt Geschäftsfähige (Minderjährige vom 7. bis zum 18. Lebensjahr) bedürfen der elterlichen Zustimmung, um selbst Verträge abschließen zu können.
- a) Zustimmung der Eltern in ihrer Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter
Schließt der Minderjährige ohne die Einwilligung der Eltern einen Vertrag ab, so ist die Willenserklärung des Minderjährigen grundsätzlich schwebend unwirksam, bis die Genehmigung der Eltern vorliegt.
Die Zustimmung liir die Rechtswirksamkeit des Vertrages kann also vor oder nach Abschluss des Vertrages erfolgen. Die vorherige Zustimmung heißt Einwilligung, die nachträgliche Zustimmung heißt Genehmigung.
Der Zustimmung der Eltern bedarf es nicht, wenn der Minderjährige durch den Vertrag lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt (keine Pflichten). Dies trifft auf den Versicherungsvertrag nicht zu, weil er den VN verpflichtet, Beiträge zu zahlen. Der Versicherungsvertrag eines Minderjährigen bedarf deshalb grundsätzlich der Zustimmung der Eltern.
In der Regel enthalten die Antragsvordrucke eine Unterschriftszeile für den gesetzlichen Vertreter. Beide Elternteile müssen zustimmen; natürlich können sie sich gegenseitig vertreten, sodass dann nur eine Elternunterschrift notwendig ist.
b) Zahlung des Versicherungsbeitrags mit Mitteln des Taschengeldes
Schließt der Minderjährige eine Versicherung ab, die er für eine gewisse Dauer mit seinem Taschengeld bezahlen kann, so ist Folgendes zu unterscheiden:
- Abschluss einer Schadenversicherung, z. B. einer Hausratversicherung: Der Vertrag ist für die laufende Versicherungsperiode rechtswirksam, wenn der Minderjährige den gesamten Beitrag mit Mitteln bewirkt, die ihm zur freien Verfügung überlassen worden waren (Taschengeld),
Für weitere Perioden, für die dann Folgebeiträge zu entrichten sind, ist jedes Mal zu prüfen, ob diese durch den Taschengeldparagraphen abgedeckt werden. Die Zahlung eines Jahresbeitrages durch den Minderjährigen macht einen Hausratversicherungsvertrag mit 5-jähriger Dauer aber nur für 1 Jahr gültig. Kann der Minderjährige einen Folgebeitrag nicht mit Taschengeld bezahlen, erlischt der Vertrag. Das gilt nicht, wenn die Genehmigung der Eltern vorliegt.
- Abschluss einer Todes- oder Erlebensfallversicherung: Selbst wenn der Minderjährige hier für die laufende Versicherungsperiode die Beiträge mit Taschengeld bewirkt hat, bedürfen derartige Verträge der elterlichen Zustimmung. Denn die Beitragshöhe wird hier nach dem Eintritts- und Endalter berechnet, eine Teilbarkeit des Vertrages in Versicherungsperioden ist deshalb zu verneinen. Hinzu kommt, dass bei kapitalbildenden Lebensversicherungen eine Kündigung schon nach wenigen Jahren mit erheblichen vermögensrechtlichen Einbußen verbunden ist, weil der Rückkaufswert im Verhältnis zu den eingezahlten Beiträgen sehr gering ist.
c) Familiengerichtliche Genehmigung langfristiger Verträge
Bei Versicherungsverträgen mit mehrjähriger Laufzeit, an die der Minderjährige ohne Kündigungsmöglichkeit länger als ein Jahr über das 18. Lebensjahr hinaus gebunden sein soll, reicht nicht einmal die Zustimmung der Eltern aus. Dies gilt – unabhängig von einer jährlichen Kündigungsmöglichkeit – grundsätzlich auch für Lebensversicherungsverträge selbst wenn die Eltern dem Vertragsabschluss zugestimmt und vielleicht auch die Beitragszahlungen übernommen haben.
Andererseits bleibt den Eltern die Möglichkeit, den Vertrag im eigenen Namen auf das Leben des Kindes abzuschließen, das dann bei Volljährigkeit den Vertrag als Versicherungsnehmer fortsetzen kann.
Wird die Zustimmung des Familiengerichts nicht eingeholt – dies ist fast die Regel ist der Vertrag zunächst schwebend unwirksam. Wird der Minderjährige volljährig, so kann er selbst entscheiden, ob er die Genehmigung ablehnt oder den Vertrag genehmigt und damit rückwirkend wirksam werden lässt.
- Bei der Ablehnung ist der Vertrag endgültig von Anfang an unwirksam. Der jetzt Volljährige kann die bereits bezahlten Beiträge incl. Zinsen zurückfordern.
- Die Fortsetzung der Beitragszahlungen nach Erreichung der Volljährigkeit kann dagegen als stillschweigende Genehmigung des Vertrages gewertet werden. Dies setzt allerdings voraus, dass der VR den VN nach Vollendung des 18. Lebensjahres entsprechend belehrt und unterrichtet hat; dem Volljährigen die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages bei der Beitragszahlung also bekannt ist. Ohne diese Belehung kann sich der Volljährige trotz fortgesetzter Beitragszahlungen auch weiterhin auf die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages berufen und die Genehmigung deshalb ablehnen. Rechtsmissbräuchlich wäre ein solches Verfahren erst dann, wenn die Beiträge nach Volljährigkeit jahrzehntelang weiterbezahlt wurden.
Beispiel 1: Genehmigung erforderlich
Der 15-jährige Jens will eine Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 15 Jahren abschließen, die Eltern erteilen ihre Zustimmung. Hier ist die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich, weil die Laufzeit länger als ein Jahr über das 18. Lebensjahr hinausgeht. Gegebenenfalls könnte die Genehmigung des Familiengerichts auch dadurch umgangen werden, dass bei einem mehrjährigen Abschluss der Beitrag für die gesamte Versicherungsdauer im Voraus bezahlt wird.
Beispiel 2: Genehmigung nicht erforderlich
Der 15-jährige Jens schließt eine Haftpflichtversicherung auf 3 Jahre ab mit der Verlängerungsklausel, dass der Vertrag sich jeweils um 1 Jahr verlängert, sofern er nicht frist- und termingerecht gekündigt wird.
Die Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes ist hier nicht erforderlich, da der Vertrag vor der Vollendung des 19. Lebensjahres endet, wenn er frist- und termingerecht zum Ablauf gekündigt wird.
d) Folgeerklärungen bei Verträgen mit Minderjährigen
- Willenserklärungen des VR gegenüber dem Minderjährigen werden nicht wirksam bevor sie dem gesetzlichen Vertreter zugehen. Der Zugang bei einem Elternteil genügt.
Beispiel:
Der minderjährige VN, der die Beiträge nicht bezahlt, erhält ein Mahn- und Kündigungsschreiben. Empfänger ist der minderjährige VN, die Erklärung muss aber seinem gesetzlichen Vertreter zugehen. Andernfalls ist die Mahnung nicht wirksam, und der Versicherungsschutz bleibt bestehen.
Nur wenn die Eltern ihre Zustimmung zum Empfang im voraus erteilt haben (Zustimmung als Einwilligung) genügt der Zugang beim Minderjährigen.
• Sämtliche Willenserklärungen des Minderjährigen gegenüber dem VR nach Vertragsabschluss – z. B. Erklärungen, die darauf gerichtet sind, den Vertrag zu ändern oder zu beendigen – bedürfen der elterlichen Zustimmung. Eine Kündigung des Minderjährigen ohne elterliche Einwilligung ist unwirksam. Der VR kann die Kündigung zurückweisen, wenn der Minderjährige die elterliche Einwilligung nicht in schriftlicher Form vorlegt.