Wichtig für Kapitalisten in vorgerückten Jahren! So warb vor der Jahrhundertwende die Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft um deutsche Kunden für eine lebenslängliche Leibrente. Ein Kapitalist wurde damals ein Geldsparer genannt. Wegen der damals höheren Sterblichkeit konnten bei Abschluss einer Rentenversicherung auch höhere Renten als heute bezahlt werden. Für 10 000 € Einmalprämie konnte eine 60 Jahre alte Frau damals eine jährliche Rente von gut 800 € bekommen. Heute sind es nur noch knapp 700 €. Allerdings nur auf gut Glück und mit viel Assekuranzvertrauen: 1995 platzte die Zeitbombe in der privaten Rentenversicherung. Der Präsident des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (BAV), Knut Hohlfeld, sprach deutliche Worte: Die deutschen Lebensversicherer müssen ihre Tarife umgehend auf die neue Sterbetafel von 1994 umstellen. Die Sterbetafel von 1987, die bisher zur Kalkulation verwendet wurde, stimmte nicht mehr: Die Deutschen leben längst länger als kalkuliert. Mogelpackungen nannte der Präsident daher die alten Tarife: Sie versprechen mehr, als sie halten können.
Die Folge: Die Kunden müssen für die gleiche Monatsleistung künftig zehn Prozent höhere Beiträge zahlen. Und wer schon eine Rentenversicherung abgeschlossen hat, dem wird die voraussichtliche Monatsrente gekürzt. Ein Beispiel rechnete Die Zeit vor: Eine bei der Allianz am 1. Mai 1991 abgeschlossene private Rentenversicherung mit 250 € Monatsbeitrag und 32 Jahren Laufzeit für eine damals 33 Jahre alte Frau bringt eine lebenslange Rentenzahlung von 805,70 € monatlich. Das allein wäre reichlich unattraktiv.
Daher stellte die Gesellschaft der Frau einschließlich Gewinnbeteiligung 2 833,50 € Monatsrente in Aussicht. Jetzt muss die Kundin damit rechnen, dass sich die prognostizierte Überschussbeteiligung von 2 027,80 € um rund zehn Prozent verringert. Die monatliche Rente beträgt also nur noch 2 630,72 €. Damit drohte dem Absatzboom der privaten Rentenversicherung erst einmal eine Delle. Noch 1980 wurden nicht einmal 56 000 Verträge abgeschlossen, derzeit sind es rund 500 000. Aufgrund ihres Namens profitiert die private Rentenversicherung dennoch weiter von der Krise ihrer gesetzlichen Namensvetterin: Nahezu jeder dritte Neuabschluß einer Lebensversicherung ist eine Privatrente. Auch die Versicherer priesen ihre Vorteile, denn sie brauchten eine Alternative zur vielkritisierten
Kapital-Lebensversicherung: Der Hinterbliebenenschutz im Todesfall entfällt, der Sparanteil im Beitrag ist höher, und daher fällt die Rendite höher aus als bei einer Kapital-Lebensversicherung. Je älter der Versicherte ist, desto größer ist der Renditevorteil. Bei einer privaten Rentenversicherung ist keine Gesundheitsprüfung erforderlich. Dies finden vor allem Versicherte über 40 Jahre attraktiv.
Wie die private Rentenversicherung funktioniert
Die Rentenversicherung funktioniert wie eine Kapital-Lebensversicherung ohne Risikoschutz. Da der Todesfallschutz wegfällt, ist die private Rentenversicherung etwas billiger als eine Kapital-Lebensversicherung. Die private Rentenversicherung ist daher vor allem ein Angebot für Alleinstehende, die keine Hinterbliebenen versorgen müssen. Die private Rentenversicherung zahlt eine sogenannte Leibrente als Zusatz zur gesetzlichen Rentenversicherung. Diese monatliche Rente fließt dann auf Lebenszeit. Wer 100 Jahre alt wird, kann sich also über eine glänzende Rendite freuen. Dies ist der Versicherungsteil: Denn bei Sparplänen mit Kapitalverkehr ist das Vermögen irgendwann aufgebraucht. Zweiter Vorteil der Rentenpolice: Die Monatsrenten sind nur begrenzt steuerpflichtig. Es wird wie bei der gesetzlichen Altersrente nur der sogenannte Ertragsanteil steuerlich berücksichtigt. Je älter der Rentner bei Rentenbeginn ist, desto niedriger ist der Ertragsanteil und damit die Steuerlast.
Ertragsanteil (ab 1. Januar 1994) | |||
Alter bei Rentenbeginn | Ertrags -anteil | Alter bei Rentenbeginn | Ertrags -anteil |
55 | 38 | 68 | 23 |
56 | 37 | 69 | 22 |
57 | 36 | 70 | 21 |
58 | 35 | 71 | 20 |
59 | 34 | 72 | 19 |
60 | 32 | 73 | 18 |
61 | 31 | 74 | 17 |
62 | 30 | 75 | 16 |
63 | 29 | 76 | 15 |
64 | 28 | 77 | 14 |
65 | 27 | 78 | 13 |
66 | 26 | 79 | 12 |
67 | 25 | 80 | 11 |
Zinsbeträge müssen dagegen oberhalb des Freibetrages in voller Höhe versteuert werden. Beispiel: Ein 65 Jahre alter Mann erhält eine Rente von 1 800 € im Monat. Besteuert werden 27 Prozent der Jahresrente von 21600 €, also 5832 €. Die Differenz zur Gesamtrente von immerhin 15 768 € ist steuerfrei. Von dem Ertragsanteil werden noch der Werbungskostenpauschbetrag von 200 € und der Sonderausgabenpauschbetrag von 108 € abgezogen. Es bleiben noch 5 524 €. Sie müssen jedoch nicht versteuert werden, da sie den Grundfreibetrag nicht überschreiten. Hat der Rentner zusätzliche Einnahmen, kann er weitere Freibeträge geltend machen. Werden Ehepaare zusammen veranlagt, verdoppeln sich Sonderausgabenpauschbetrag und Grundfreibetrag. Der Werbungskostenpauschbetrag verdoppelt sich nur, wenn beide Ehepartner eine Leibrente bekommen. Wer also mit 65 Jahren eine Rente bezieht und keine weiteren Einkünfte hat, für den ist eine Monatsrente bis etwa 1 800 € bei Alleinstehenden (bei Ehepaaren das Doppelte) steuerfrei.
Varianten der privaten Rentenversicherung
Im Gegensatz zur stark standardisierten Kapital-Lebensversicherung darf der Versicherte bei der Rentenpolice richtig auswählen. Will er einen hohen Einmalbeitrag oder einen laufenden, beispielsweise monatlichen Beitrag zahlen? Will er von seinem Einmalbeitrag eine sofort beginnende Rente (Verrentung) oder eine sogenannte aufgeschobene Rente zu einem späteren Zeitpunkt? Am Ende der Laufzeit einer aufgeschobenen Rente kann er noch einmal wählen: Möchte er lieber eine Rente oder das ganze Kapital auf einmal? Doch der Reihe nach:
Beitrag. Der Versicherte kann zwischen regelmäßigen Beiträgen und einem Einmalbeitrag wählen. Damit eignet sich die Rentenversicherung sowohl für den Einsteiger, der sein Vermögen noch aufbauen muss, als auch für den bereits Vermögenden.
Auszahlung. Der Versicherte kann zwischen zwei Formen wählen:
Sofort beginnende Leibrente. Diese Variante kommt nur für ältere Menschen im Rentenalter in Frage: Sie zahlen einen Einmalbeitrag und bekommen ab sofort eine Rente. Dieses Angebot machen heute die meisten Versicherer automatisch, wenn Kapital- Lebensversicherung fällig wird. Die monatliche Rentenzahlung besteht aus einem garantierten Teil und einem Überschussanteil. Der garantierte Anteil richtet sich nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn und der Höhe des eingezahlten Guthabens. Oft beträgt er nur 30 bis 50 Prozent der in Aussicht gestellten Gesamtrente. Die Leistungsversprechen der Versicherer sind also mit großer Vorsicht zu genießen. Je nach Verteilung der Überschüsse gibt es verschiedene Arten der Rentenzahlung: Bei der konstanten Rente werden die voraussichtlichen Überschüsse gleichmäßig auf die Laufzeit verteilt, bei dynamischer Verteilung der Überschüsse steigt die Rente. Einige Versicherer bieten eine sinkende Rente; die anfallenden Überschüsse werden dann stets ausgezahlt. Das Kapital sinkt dadurch ständig, die Rente auch. Bei diesem Modell ist die Rente im zweiten Jahr am höchsten. Da die Inflation an Vermögen und Rente nagt, sinkt die reale Rente immer weiter. Daher ist von diesem Modell abzuraten.
Tip: Wann sich die Verrentung lohnt
Entscheidend ist der Zinssatz auf dem Rentenmarkt. Denn bei einem Einmalbeitrag hat der Anleger die Wahl: Statt 100 000 € in die Rentenversicherung zu geben, kann er den Betrag selbst anlegen. Dann kassiert er beispielsweise laufende Zinsen aus festverzinslichen Wertpapieren. Diese Papiere kann er jederzeit verkaufen, etwa in Notfällen. Bei der sofort beginnenden Leibrente dagegen ist das Kapital gebunden. Die Rente sollte also deutlich höher ausfallen als der Zinsertrag aus Wertpapieren, um diesen Nachteil auszugleichen. Klar ist die Sache bei konservativen Anlegern, deren Zinsfreibeträge ausgeschöpft sind. Das sonstige Vermögen ist zugleich ein Grundkapital für Notfälle. Das zusätzliche Geld kann der Anleger in die Rentenversicherung zahlen: Die laufende Rente muss dann nicht voll, sondern nur mit dem Ertragsanteil versteuert werden.
Aufgeschobene Leibrente. Bei dieser Version beginnt die Rentenzahlung erst später. Typische Laufzeiten sind 12, 25 oder 30 Jahre. Der Beitrag kann monatlich oder auf einen Schlag gezahlt werden. Bei einer Einmalzahlung ruht die Versicherung bis zum Rentenbeginn; sie sammelt nur die Zinsen. Meist wird bei diesen langen Laufzeiten eine Beitragsrückgewähr vereinbart: Wenn der Versicherte während der sogenannten Aufschubzeit (zwischen Vertragsabschluss und Rentenbeginn) stirbt, bekommen die Hinterbliebenen die gezahlten Beiträge zurück.
Kapitalwahlrecht. Bei der aufgeschobenen Rentenversicherung hat der Versicherte ein Kapitalwahlrecht: Er kann bis zu einer bestimmten Frist vor Vertragsablauf entscheiden, ob er eine lebenslange Rente oder eine Kapitalabfindung mit Überschussanteilen ausgezahlt haben möchte. Die Frist ist meist spätestens drei Jahre vor Rentenbeginn, bei fünfjähriger Laufzeit drei Monate vorher. Bei einer lebenslangen Rente fungiert die Kapitalabfindung praktisch als Einmalbeitrag zu einer Sofortrente. Wählt der Versicherte den Kapitalbetrag, hat er einen Sparvertrag gehabt.