Die Welt am Sonntag stellte fest: Für ihr Alter setzen die Deutschen unbeirrt auf Lebensversicherungen. Dabei bietet die Fondsbranche rentablere Alternativen. Die Versicherungsbranche hat den Bundesbürgern also mit Erfolg beigebracht, dass die Kapital-Lebensversicherung die bessere Alternative gegenüber einer Risiko-Lebensversicherung plus eigener Geldanlage sei. Ihr Hauptargument: Die Renditen seien garantiert und gleich bleibend. Die Frage ist also, was bedeutet die Garantie und was gleich bleibende Renditen?
Eine Antwort gab das Handelsblatt (19. 3. 1998): Das Argument der Lebensversicherungen, nur Produkte mit garantierter Leistung seien für die Altersvorsorge geeignet, muss eingeschränkt werden: langfristig ist die Rendite wichtiger als die Garantie. Altersvorsorge bedeutet langfristige Geldanlage. Und langfristig betrachtet sind im Grunde alle Renditen gleich bleibend, nur auf einem unterschiedlichen Niveau: Kapitalversicherungen zwischen fünf und sechs, in Einzelfällen um die Sieben Prozent – die Renditen von Aktienfonds gleich bleibend über zehn Prozent und mehr. Das Handelsblatt veröffentlichte im März 2000 eine Tabelle mit Durchschnittsergebnissen deutscher Aktienfonds: in zehn Jahren 17,8 Prozent, in 20 Jahren 14,5 Prozent, in 30 Jahren 13,0 Prozent Rendite.
Dabei lagen die längsten Verlustphasen, in denen ein Kursverfall wieder aufgeholt wurde, zwischen sechs Monaten und zwei Jahren. In der Regel muss keiner auf einen Schlag an sein gesamtes Vermögen, das er in Aktien oder Aktienfonds angelegt und dabei über Jahrzehnte hohe Renditen erzielt hat. Er kann Verlustphasen bis zu zwei Jahren, die seine Langzeitrendite nur geringfügig verändern dürften, locker aussitzen. Anders bei Kapitalversicherungen; da dauern die Verlustphasen zehn bis 20 Jahre, wobei es in den ersten zehn Jahren bei fast allen Gesellschaften reine Geldverluste gibt: Man bekommt weniger zurück als eingezahlt wurde! Die Zeitungen sind voll von Aussagen wie Die Altersvorsorge mit Investmentfonds ist die zeitgemäße Art, Sicherheit in privater Regie zu schaffen oder Aktien bringen durchschnittlich die höchsten Renditen oder Die Rendite langfristigen Aktiensparens ist nicht zu schlagen oder Langfristig gibt es zur Aktie keine Alternative (Otto Graf Lambsdorff).
Anhand eines kleinen Rechenbeispiels lässt sich der Unterschied zwischen Versicherungs- und Aktienrenditen sehr deutlich und ganz einfach darstellen. Jemand hat vor 20 Jahren 10000 Mark als Einmalbeitrag in eine Allianz-Lebensversicherung eingezahlt und erhält heute eine Ablaufleistung von etwa 40000 Mark. Ein anderer hat vor 20 Jahren 10000 Mark in Aktien der Allianz investiert und kann heute über einen Depotwert von etwa 270000 Mark verfügen. Beide haben ihr Geld im gleichen Zeitraum dem gleichen Unternehmen anvertraut, nur mit einem Unterschied: der eine als Kunde, der andere als Aktionär. Viele Verbraucher wissen nicht, wie viel mehr Ertrag eine höhere Rendite bringt, weil sie den Zinseszins-Effekt übersehen. Deshalb nachfolgend ein Vergleich von jährlichen Einzahlungen von jeweils 1000 Euro in eine Kapital-Lebensversicherung (KLV) und in einen Aktienfonds:
Mögliche Ablaufleistungen von Versicherungen und Fonds
nach… Jahren KLV 6 % Fonds 10% Fonds-Mehrertrag
20 Jahren 39000 Euro 63000 Euro + 24000 Euro
30 Jahren 84000 Euro 181000 Euro + 97000 Euro
Relativiert man dieses Ergebnis auf den tatsächlichen Ertrag, indem man von den Auszahlungen die eingezahlten Gelder abzieht, dann sieht die Tabelle wie folgt aus
Mögliche Erträge von Fonds gegenüber Versicherungen
nach … Jahren KLV Fonds 10%
20 Jahren 19 000 Euro 43 000 Euro (ca. 225 %)
30 Jahren 54000 Euro 151000 Euro (fast 300 %)
Hätten Sie nach 30 Jahren gerne einen dreifachen Ertrag? Dann sollten die Zick-Zack-Linien von Aktien- oder Fondsrenditen Sie nicht länger verunsichern. Schauen Sie sich einmal die DAX-Kurve der letzten 13 Jahre an – einmal im Zick-Zack, einmal geglättet entlang den Börsentiefs (dicke Linie), jeweils von 1000 Mark auf 5 700 Mark ansteigend. Und dann vergleichen Sie die geglättete Niederstwertkurve mit der Sechs-Prozent-Verzinsung eines im Jahre 1988 gezahlten Betrages von 1000 Mark (gestrichelte Linie), von 1000 auf 2000 Mark ansteigend. Diese gestrichelte Linie ist für eine Kapital bildende Versicherung mit einer Sechs-Prozent-Rendite sogar geschmeichelt, weil die Verluste bzw. Nullrenditen in den ersten Jahren nicht eingezeichnet sind.
Der Zick-Zack-DAX bzw. die geglättete Tiefststand-Linie führen für die Jahre 1988 bis 2000 auf mehr als eine Verfünffachung des Geldes (von 1000 auf 5 700 Mark), also eine Rendite von 15,7 Prozent zu. Die gestrichelte Linie landet dagegen in relativ gerader Linie bei einer Verdoppelung des Kapitals (von 1000 auf 2000 Mark), die man in zwölf Jahren mit einer Sechs-Prozent-Rendite erreicht.
Und dann stellen Sie sich einmal vor, wie groß ein Börsencrash sein musste, um am Ende der Kurve die Rendite eines soliden Aktienfonds auf die Versicherungsrendite herunterzuwerfen. Einen solchen Absturz mi Zeitpunkt der Auszahlung kann man nur mit einem spekulativen Fonds schaffen, in den man als vernünftiger Mensch sein Altersvorsorgevermögen nicht investieren sollte. Und wenn Sie ausgerechnet m einer Verlustphase Ihr gesamtes Altersvorsorgevermögen brauchen (was so nie geplant werden sollte)? Was würde Sie daran stören, Matt der kurz vorher erreichten 5 700 Mark nur 4000 oder 3 000 oder 2000 Mark zu erhalten? Aus einer Kapital-Lebensversicherung wäre es jedenfalls nicht mehr gewesen. Die Wirtschaftswoche hat also Recht, wenn sie schreibt: Es gibt durchaus attraktivere Anlagemöglichkeiten als die Kapital-Lebensversicherung. Dazu gehören regelmäßig Käufe von ausgewählten Investmentfonds und Aktien, abgesichert mit einer preiswerten Risiko-Lebensversicherung. Mit den Renditen ausgewählter Börsenpapiere kann die Lebensversicherung nicht konkurrieren.
FINANZtest: Verglichen mit Anlagen am Kapitalmarkt ist die Rendite der Lebensversicherung gering. – Die meisten Vermögensplaner fahren daher besser, wenn sie Risikovorsorge für die Familie und Sparen fürs Alter strikt trennen. Das Todesfallrisiko lässt sich mit einer reinen Risiko-Lebensversicherung preiswert absichern.
Impulse: Aktien waren – egal ob über einen Zeitraum von vier oder 40 Jahren – die weitaus rentabelste Anlage. Mit Standardwerten konnten Anleger im Durchschnitt rund 13,5 Prozent Gewinn pro Jahr erzielen.
Ein Fernsehbeitrag des WDR sollte die Bundesbürger wach rütteln: Aufwachen, wenn es um die Altersvorsorge geht! – Nicht träumen, sondern rechnen! – Plusminus hat das für Sie getan … Die beste Altersvorsorge ist in unserem Fall das Aktiensparen. Schlusslicht aber ist nach wie vor die deutsche Lebensversicherung. Auch die selbst bewohnte oder vermietete Immobilie kommt als Geldanlage fürs Alter infrage, wenn sie vernünftig – auch als Wohnung im Alter (also nicht zu groß) – geplant und finanziert ist. Hierzu schrieb die Wirtschaftswoche: Tatsache ist, dass mit Wohneigentum sehr wohl Vermögen zu bilden ist. Eine Immobilie rundet als Realwert jede Altersversorgung ab. Tatsache ist ferner, dass selbst mit einer vermieteten Wohnung langfristig gut zu verdienen ist.
Und FINANZtest meinte: Selbst genutzte Immobilien sind eine gute Altersvorsorge – vorausgesetzt die Finanzierung wird so gestrickt, dass Haus oder Wohnung rechtzeitig vor dem Ruhestand schuldenfrei sind. – So ist es mit Sicherheit besser, Wohneigentum fürs Alter zu schaffen, als Geld in einer Lebensversicherung anzusparen, die man dann im Alter Inflationiert ausgezahlt bekommt, und mit der man ständig steigende Mieten finanzieren muss. Die Frankfurter Allgemeine verglich Rentner in der eigenen und in einer gemieteten Wohnung: Wird bis zum 75. Lebensjahr gerechnet, steht der Rentner als Mieter arm da. Er ist – bei steigenden Mieten – vom Hausbesitzer überholt worden, weil dieser seit dem 60. Lebensjahr in einem schuldenfreien Eigenheim wohnt.
Innerhalb von 40 Jahren verlor eine deutsche Mark zwei Drittel an Kaufkraft – so ein Leserbrief in einer Zeitung: 1957 habe ich mit einem Aufwand von monatlich zehn Prozent meines Gehalts eine Lebensversicherung abgeschlossen, deren Ablaufsumme mir etwa 80 dieser Monatsgehälter gebracht hat. Der Betrag hat aber nur noch den Realwert von zwölf bis 13 Monatsgehältern. Dagegen hatten Immobilien und Sachwerte in dieser Zeit eine Wertsteigerung von um dir 500 Prozent, unter Berücksichtigung des Kaufkraftverlustes von etwa 200 Prozent. Das Ergebnis ist also – ohne Berücksichtigung von Zinsen bzw. Mieteinnahmen – mindestens fünfmal besser.
Kapital-Lebens- und private Rentenversicherungen sind als Geldanlage unflexibel wegen hoher Verluste bei Kündigung
Wer nun irgendwann erfährt oder jetzt erfahren hat, dass die Kapitallebensversicherung als Geldanlage nur zweite Wahl (FINANZtest) ist, erlebt eine böse Überraschung, wenn er sein in der Lebensversicherung angespartes Kapital in bessere Anlagen umschichten will, was theoretisch jederzeit möglich ist. Denn ein Gutes haben Kapitalversicherungen: Man kann sie mit Monatsfrist zu jeder Fälligkeit oder ganz einfach durch Einstellung der Beitragszahlung kündigen. Wie man aus falschen Lebensversicherungen rauskommt, ist ausführlich in den nächsten Versicherungsartikel beschrieben. Aus Verträgen der letzten zwölf Monate kommt man in der Regel sogar ohne jegliche Verluste raus. Der Trick Widerspruch ist in dem Abschnitt Wie aus falschen Lebensversicherungen rauskommen? ebenfalls ausführlich beschrieben. Experten gehen davon aus, dass die Hälfte bis zwei Drittel aller Lebensversicherungsverträge vorzeitig aufgelöst werden.
Eine in Capital veröffentlichte Studie aus dem Jahre 2001 ergab sogar, dass weniger als 30 Prozent der Verträge bis zum Ablauf durchgehalten werden. Dann zahlen aber nur ganz wenige Unternehmen (wie z. B. Hannoversche Leben) schon nach einem Jahr bis zu 80 Prozent der Beiträge zurück. Dagegen verwenden fast alle Unternehmen die ersten Jahresbeiträge bzw. große Anteile davon zunächst dafür, die Abschlusskosten und hohe Provisionen für die Vermittler zu finanzieren (die Branche nennt das Zillmerung). Eine Untersuchung der Vereinigten Wirtschaftsdienste (VWD) kam vor einigen Jahren zu dem Ergebnis, dass in einem einzigen Jahr allein zwei Millionen Lebensversicherte ihre Verträge vorzeitig gekündigt und allein in diesem einen Jahr den – so VWD – gigantischen Verlust von 10,5 Milliarden Mark (10500000000,00 Mark) erlitten hatten.
Hochgerechnet auf Jahrzehnte ergibt das Hunderte an Milliarden Verluste für Lebensversicherte allein durch Kündigungen. Eine frühere Eingrenzung der Verluste bei Kündigungen ist im Jahre 1994 wieder gestrichen worden. Theoretisch können bei einer Kündigung bis zu drei oder sogar vier Jahresbeiträge verloren gehen. Und es ist weiterhin so, dass ein Lebensversicherter bei einer Kündigung von den meisten Gesellschaften erst nach etwa zehn Jahren seine ein-gezahlten Beiträge zurückerhält – ohne Verzinsung, also mit einer Null-Rendite. Anderweitig angelegt hätte sich das Geld verdoppeln können.