Begutachtungsverfahren der Pflegeversicherung
Wenn Sie den Bescheid über die Pflegeeinstufung erhalten, gibt dieser außer der Nennung der Pflegestufe, oder auch der Ablehnung einer Pflegestufe, nichts her, was für Sie als Betroffenen irgendwie greifbar wäre. Falls Sie mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind, können Sie es anfechten.
Wichtig: Die privaten Pflegeversicherungen kennen das Widerspruchsverfahren nicht! Privat Versicherte müssen also in jedem Fall klagen, wenn ihnen der Bescheid über die Einstufung nicht gefällt. Allerdings sollte man zuvor der Versicherung seine Absicht zur Klage schriftlich mitteilen und dies auch detailliert begründen. Gar nicht selten wird ein solches Schreiben eine nochmalige Prüfung des Sachverhalts auslösen, inklusive einer gewissen Chance, auf eine Klage doch noch verzichten zu können.
123Vesicherung rät: Private Pflegeversicherungen sind vom Gesetz her nicht verpflichtet, dem Versicherten das Gutachten zu übersenden. Wenn Ihnen als privat Versichertem die Einsicht in Ihr Gutachten verwehrt wird, so haben Sie die Möglichkeit, dieses von Ihrem Hausarzt anfordern zu lassen. Ähnlich wie Anwälte, die im Vergleich mit den direkt Betroffenen erweiterte Rechte in die Einsichtnahme von Akten bei Strafverfahren haben, haben Ärzte das Recht, Gutachten ihrer Patienten einzusehen. Über diesen Umweg gelangt der Versicherte also doch noch an sein Gutachten. Es soll nicht verschwiegen werden, dass es auch private Versicherungen gibt, die so kundenfreundlich sind, auf derlei Umwege zu verzichten, und das Gutachten ohne weiteres an den Versicherten senden.
Ein Widerspruch kann zunächst ohne nähere Begründung eingelegt werden. In einem kurzen Brief an die Pflegekasse teilen Sie lediglich mit, dass Sie mit der Einstufung nicht einverstanden sind und Widerspruch gegen den Einstufungsbescheid einlegen wollen. Wenn Sie noch dazuschreiben, dass Sie eine nähere Begründung nachreichen, haben Sie genügend Zeit, um eine ausführlichere Begründung zu schreiben.
Weitere unterstützende Unterlagen für einen Widerspruch:
■ ein (fach-)ärztliches Attest mit einer kurzen Beschreibung der Symptomatik und des Krankheitsstadiums. Es sollte vor allem auf Symptome eingegangen werden, die einen höheren zeitlichen Aufwand in der Pflege zur Folge haben, wie zum Beispiel Bewegungs- und Koordinationsstörungen, Langsamkeit, Ängstlichkeit, Unruhe oder aggressive Reaktionen (ein Musterattest ist über die Alzheimer Beratungsstelle zu erhalten),
■ die Pflegedokumentation eines Pflegedienstes oder des Pflegeheimes.
Rein statistisch gesehen bewegt sich die Zahl der Widersprüche, je nach Region unterschiedlich, zwischen 6 und 8 Prozent. Das heißt, sechs bis acht von hundert Versicherten wehren sich gegen ihren Bescheid. Die Zahl der Widersprüche ist bei zu Hause lebenden Versicherten etwas höher als bei Heimbewohnern, dafür ist die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges geringer. Man führt dies auf die Ausbildung der im Altenheim arbeitenden Pflegekräfte zurück, die somit besser beurteilen können, ob sich ein Widerspruch lohnt. Die Erfolgsquote liegt im häuslichen Bereich bei etwa 35 Prozent, im Altenheimbereich bei 45 Prozent. Bei dieser Statistik kann naturgemäß nicht berücksichtigt werden, ob es Versicherte gibt, deren Widerspruch erfolgreich verlaufen wäre, hätten sie ihn denn eingelegt.
Die folgenden Punkten sollten Ihnen also nicht nur dazu dienen, einen Widerspruch möglichst aussichtsreich mit Argumenten zu hinterlegen, sondern auch zu prüfen, ob ein Widerspruch grundsätzlich betrachtet wirklich aussichtsreich wäre.
Findet sich auf dem Schreiben der Pflegekasse eine Rechtsmittelbelehrung – das ist der Hinweis auf Widerspruchsmöglichkeit und Fristen -, muss innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Fehlt dieser Hinweis, dann kann man noch innerhalb eines Jahres widersprechen. Ratsam ist es jedoch, auch in diesem Fall so bald wie möglich den Widerspruch zu verfassen. Gleichzeitig sollten Sie das Gutachten anfordern. Ein aussichtsreicher Widerspruch kann nur und ausschließlich anhand des Gutachtens formuliert werden. Die allermeisten Pflegekassen versenden nur einen Bescheid, sie verzichten in aller Regel auf die Übersendung des Gutachtens. Diese ist nur im Falle eines Widerspruchs verpflichtend, und die Begebenheiten, anlässlich derer eine gesetzliche Krankenversicherung etwas ohne gesetzlichen Zwang für den Versicherten tut, sind in den letzten Jahren zunehmend aus dem persönlichen Erleben verschwunden.
Die Einforderung des Gutachtens kann ganz zwanglos und ohne festgelegte Form geschehen. Die Zeile „Hiermit lege ich Einspruch gegen den Bescheid vom …. ein und fordere Sie auf, mir das Gutachten zu übersenden“, reicht vollkommen. Enthalten Sie sich jeglicher Argumentation über das Wieso und Warum. Unsachliche Argumentationen werden beim MDK bei dessen Stellungnahme einfach weggelassen. Es ist also so, als hätten Sie diese Dinge nie gesagt.
Lesen Sie das Gutachten genau!
Je sorgfältiger der Gutachter die Situation des Versicherten schildert, desto geringer werden die Aussichten für einen Widerspruch. Das bedeutet, dass sehr knapp gehaltene Gutachten womöglich viel Raum lassen für vorgebrachte neue Fakten durch den Versicherten. Daneben kann natürlich auch der Versicherte seine eigene Prüfung auf Plausibilität durchführen.
Vergleichen Sie es mit der von Ihnen erlebten Realität
Der Anspruch an das Gutachten lautet, den Versicherten und seinen Alltag bestmöglich abzubilden. Deshalb gilt es zu prüfen, ob sich der Versicherte korrekt abgebildet sieht. Speziell: Sind alle Einschränkungen und Probleme, aus denen sich Hilfebedarf ergibt, korrekt und im richtigen Umfang dargestellt? Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, dass alle Medikamente erwähnt oder womöglich zwei von zwölf Krankheiten nicht aufgelistet wurden, sondern um die vollständige und sachlich richtige Berücksichtigung aller Auswirkungen im Alltag.
Konkrete Tatsachen benennen
Wenn Sie den Widerspruch formulieren, dann lassen Sie alles weg, was abstrakt oder global Ihre Situation beschreibt. Der Hilfebedarf setzt sich aus Details zusammen, aus einzelnen Verrichtungen und damit verbundenem Hilfebedarf. Äußerungen der allgemeinen Art, wie etwa „Mir fällt alles schwer“ oder „Ich bin so erschöpft, weil ich eigentlich nichts mehr alleine machen kann“, werden vom Gutachter mit seiner konkreten Auflistung der relevanten Verrichtungen gekontert und letztendlich ausgehebelt. Argumentieren Sie besser streng nach den Verrichtungen orientiert, zum Beispiel: „Beim Aufstehen morgens ist mir derart schwindelig, dass ich ohne Hilfe hinfallen würde. “
Überprüfen Sie die Plausibilität
Ein wesentlicher Prüfpunkt ist die Frage, ob das Gutachten in sich schlüssig ist. Ergeben sich Lücken in der Auflistung der hilfebedürftigen Verrichtungen, so ergibt sich hier eine aussichtsreiche Möglichkeit des Widerspruchs. Bei vorliegender und vom Gutachter bereits anerkannter Einschränkung beim Bücken kann es Vorkommen, dass der entsprechende Hilfebedarf beim Waschen anerkannt wurde, nicht aber beim Ankleiden. Deshalb prüfen Sie, ob alle Verrichtungen, die durch eine anerkannte Einschränkung der Hilfe bedürfen, berücksichtigt wurden. Bei Einschränkungen der Feinmotorik zum Beispiel, wenn zwar das Kleinschneiden der Nahrung aufgelistet ist und das Knöpfen der Kleidung, nicht aber das Binden der Schuhe. Vor allem aber: Wurde der Hilfebedarf bei all diesen Verrichtungen in gleicher Weise berücksichtigt, also überall Teilhilfe, oder mal Teilhilfe, mal Unterstützung?
Argumentieren Sie nicht mit dem Alter
Zwar steigt die Wahrscheinlichkeit, mit fortschreitendem Alter pflegebedürftig zu werden, immer stärker an, es handelt sich aber nicht um eine Unausweichlichkeit. Wie beim Rauchen oder Rasen kommen auch etliche Zeitgenossen um die prognostizierten Auswirkungen herum. Konkret bedeutet das, dass zum Beispiel von den begutachteten Personen über 90 Jahre nur circa 50 Prozent eine Pflegeeinstufung erhielten. Andersherum ist es nämlich genauso wahrscheinlich, dass man schon sehr robust ist, um ein solches Alter überhaupt erreichen zu können. Genau diese Robustheit versetzt den Versicherten dann in die Lage, trotz biblischen Alters weitgehend selbstständig zu bleiben. Im Sinne des Gesetzes, versteht sich.
Außerdem: Alter ist keine Krankheit. Der Gutachter benötigt aber als Begründung für pflegebegründende Auswirkungen im Alltag eine anerkannte Krankheit. Besser wäre es also, in der Argumentation das hohe Alter mit einer Leidensgeschichte zu verbinden, aus der hervorgeht, dass der Versicherte schon seit so und so vielen Jahren an diesen und jenen Krankheiten leidet.
Nebenbei: Alter ist relativ. Ein wirklich hohes Alter erreicht nur der, der seine statistische Lebenserwartung übertrifft. Damit ist nicht nur die normale Lebenserwartung gemeint (bei Frauen circa 79 Jahre, bei Männern um die 74 Jahre), sondern auch die ganz persönliche Lebenserwartung bei bestimmten Erkrankungen. Ärzte neigen immer wieder dazu, für das Ableben ihrer Patienten Termine zu nennen. Hat zum Beispiel ein Arzt bei vorliegender Krebserkrankung eine mutmaßliche Lebenserwartung genannt, die dann aber zum Zeitpunkt der Begutachtung bereits um Monate oder sogar Jahre überschritten war, dann lohnt sich die Erwähnung durchaus. Man geht in aller Regel davon aus, dass sich der Hilfebedarf bei Annäherung an das vermutete Lebensende fortlaufend steigert, bei Überschreitung sowieso.
Wie war die Prüfungssituation?
Prüfen Sie, ob der Versicherte bei der Begutachtung einen „guten“ Tag hatte und seine Hilfebedürftigkeit anlässlich der Ausnahmesituation „Begutachtung“ wesentlich geringer als normalerweise war. Das ist eines der besseren Argumente, weil sich dies am Schreibtisch nicht abschätzen lässt und somit die Chance auf einen neuen Begutachtungstermin steigt.
Ist das Gutachten vollständig?
Immer da, wo etwas fehlt, fällt es ziemlich schwer, den Widerspruch zu entkräften. Wenn zum Beispiel im Gutachten nichts über nächtliche Toiletten-Gänge vermerkt ist (also weder dass sie stattfinden, noch dass sie nicht nötig sind), hat der Gutachter nicht danach gefragt. Wenn in der Argumentation des Widerspruchs Hilfe bei nächtlichen WC-Gängen reklamiert wird, ist es für einen Gutachter sehr schwer, Ihnen die Notwendigkeit abzusprechen.
Grundregel: Was nicht im Gutachten steht, wurde vom Gutachter nicht überprüft. So sehen es jedenfalls die Gerichte. Hat der Gutachter zum Beispiel darauf verzichtet, sich vorführen zu lassen, ob der Versicherte mit seinen Händen den Rücken erreicht, so wird es einigermaßen schwer fallen, den Einwand abzuwehren, dass dies dem Versicherten eben nicht gelingt. Insofern steigen die Chancen umso mehr, je weniger Text ein Gutachten enthält.
Hat der Gutachter sachliche Fehler gemacht?
Prüfen Sie auch immer zur Sicherheit, ob der Gutachter die richtigen Minutenwerte angesetzt hat, und zwar im Sinne der Plausibilität. Wenn zum Beispiel beim Waschen Vollübernahme festgestellt wurde, aber nur die Minuten für Teilübernahme berücksichtigt wurden, dann stellt dies einen sachlichen Fehler dar, der korrigiert werden muss, und zwar im Sinne des Versicherten. Die Rücknahme der Vollübernahme geht also nicht, statt dessen wird der Minutenwert angepasst.
Scheuen Sie sich nicht, sachliche Fehler zu benennen. Wenn der Gutachter etwa beschreibt, dass die Greifkraft des Versicherten ausreicht, um eine Selters-Flasche zu öffnen, dies aber nicht zutrifft, so erwähnen Sie das. Schildern Sie quasi als Gegenbeobachtung, bei welchen konkreten Tätigkeiten welche konkreten Einschränkungen bestehen.
Wurden Erschwernisfaktoren übersehen?
Wie bereits an anderer Stelle unter diesem Punkt erwähnt, haben wir hier den aussichtsreichsten Punkt vor uns, wenn man die Zahl der zu erreichenden zusätzlichen Pflegeminuten betrachtet. Erschwernisse stellen praktisch die einzige Möglichkeit dar, über die bekannten Minutenwerte hinauszugehen. Wenn der Gutachter die vom Versicherten genannten Verrichtungen nach Zahl und Häufigkeit anerkennt, aber auf Grund der normalen Minutenwerte zu einer unerwartet niedrigen Einstufung kommt, bleiben als echte Möglichkeit nur noch die verschiedenen Erschwernisse. Ohne Erschwernis werden höhere Minutenwerte meistens nicht anerkannt.
Überprüfen Sie das Gutachten durch ein Pflegetagebuch
Eigentlich ist das Pflegetagebuch ein Instrument, um den Gutachter bei seiner Einschätzung zu unterstützen. Die Pflegeversicherungen halten die Pflegetagebücher bereit, manche schicken es dem Versicherten im Vorfeld zu, andere müssen erst darum gebeten werden. Ein Pflegetagebuch ist nichts anderes als eine Auflistung der gesetzlichen Verrichtungen, in die man nur noch Häufigkeit und Minutenwerte einzutragen braucht. Allzu oft misst der Gutachter aber in der konkreten Situation seinen eigenen Beobachtungen und Erhebungen mehr Bedeutung zu als dem Pflegetagebuch. Es besteht somit die Gefahr, dass es untergeht. Deshalb sollte man auf jeden Fall ein Pflegetagebuch führen, auch wenn es erst für den Widerspruch Bedeutung erlangt.
Zumindest sollte man sich eine Kopie aufheben. Wirklich wirkungsvoll ist ein Pflegetagebuch nur, wenn es zeitnah am Begutachtungstermin erstellt wurde. Wenn diese Art der Informationssammlung erst Monate später anlässlich des Widerspruchsverfahrens erstellt wird, kann der Gutachter dies mit der Vermutung abtun, in der Zwischenzeit sei es zu einer Verschlechterung gekommen. In diesem Fall wird er zu einer Neubegutachtung wegen Verschlechterung raten. Das kann zwar auch seine Vorteile haben, wenn dabei wirklich eine Höherstufung herausspringt; die Monate zwischen ursprünglicher Begutachtung und Widerspruchserhebung sind dann aber verloren. Da heißt es abwägen und genau überlegen. Außerdem sollten Sie im Pflegetagebuch die anerkannten Minutenwerte verwenden, es sei denn, es liegen Erschwernisfaktoren vor. Maßlos überzogene Zeiten werden in aller Regel ignoriert.
Was mit Ihrem Widerspruch geschieht
Die Pflegekasse kümmert sich nach dem Eingang Ihres Widerspruchs erst einmal gar nicht um Ihre Argumentation. Der Sachbearbeiter leitet Ihr Schreiben direkt an den MDK weiter. Dort holt man Ihre Akte heraus, heftet Ihr Schreiben ein und legt das Ganze dem Gutachter vor, der bei Ihnen war und das Gutachten verfasst hat.
Dieser ist nun aufgefordert, Ihre Widerspruchs-Argumentation zu prüfen. Von allen Beschäftigten bei Kasse und MDK kennt er Sie schließlich am besten und kann anhand des Widerspruchs erkennen, ob er womöglich einen Fehler gemacht hat. Zu den Vorteilen einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst gehört es, als Gutachter durchaus Fehler einräumen zu dürfen, ohne gleich seinen Job zu gefährden. Insofern kommt es durchaus öfters vor, dass der Gutachter den Einspruch positiv würdigt und anhand der geltend gemachten zusätzlichen Minuten sein Gutachten korrigiert.
Wenn er so verfährt, ergeht ein entsprechend geändertes Gutachten an die Pflegeversicherung, die sich ihrerseits dem neuen Votum anschließt. Die Änderung gilt ab Antragstellung des ursprünglichen Antrags auf Pflegeleistungen, nicht erst ab dem Tag des Widerspruchs! Ist der Gutachter von Ihrer Argumentation nicht überzeugt, fertigt er einen Aktenvermerk an, in dem er seinerseits gegen die Argumentation des Widerspruchs argumentiert. Er muss also Ihre Gründe entkräften und erklären, warum aus seiner (des Gutachters) Sicht alles so bleiben muss wie gehabt und der Widerspruch abgelehnt werden sollte.
In diesem Fall wandert die Akte, nun um die Aktennotiz des Gutachters reicher, zu einem anderen Gutachter. Üblicherweise wird ein Gutachter der anderen Profession auf den Fall angesetzt. Hat Sie ein Arzt besucht, wird nun eine Pflegefachkraft den Widerspruch bearbeiten, und umgekehrt.
Auch bei der Bearbeitung durch den Zweitgutachter kann die Entscheidung zu Ihren Ungunsten ausfallen, oder eben zu Ihren Gunsten. Es kann nun dreierlei passieren:
1. Ablehnung
Der MDK schickt an die Pflegeversicherung in Form eines Kurzgutachtens seine Begründung, weshalb die ursprünglich erfolgte Bewertung der Pflegebedürftigkeit trotz Widerspruch aufrechterhalten wird. Die Pflegeversicherung formuliert daraus einen neuerlichen Bescheid, der dem Versicherten zugeht. Damit ist der Widerspruch abgelehnt.
2. Neuerliche Begutachtung
Der Zweitgutachter findet genügend Anhaltspunkte, die das erste Gutachten unsicher erscheinen lassen. Das muss nicht immer im Gutachten selbst begründet liegen. Auch die vorausschauende Sicht auf ein mögliches Verfahren vor Gericht gehört zu den Dingen, die abgewogen werden können. Wenn zum Beispiel die nächste Pflegestufe nur ein paar Minuten entfernt liegt, könnte ein Richter auf die Idee kommen, den MDK zu fragen, was denn der ganze Zirkus wegen der paar Minuten eigentlich soll. Aus diesem und anderen guten Gründen lautet dann die Entscheidung: neuerlicher Hausbesuch.
In diesem Fall erhalten Sie von der Pflegeversicherung einen entsprechenden Zwischenbescheid, der MDK kündigt einen neuerlichen Besuch an und es folgt eine weitere Begutachtung. Diese läuft im Prinzip wie die erste Begutachtung ab. Nur werden diesmal schwerpunktmäßig die strittigen Punkte ausführlich abgefragt bzw. untersucht.
Die Widerspruchsbegutachtung führt immer ein anderer Gutachter durch, nie der gleiche Gutachter, der die erste Begutachtung durchgeführt hat. Das neuerliche Gutachten wird in aller Regel umfangreicher ausfallen als das erste Gutachten, denn es muss neben der eigentlichen Begutachtung vor Ort auch die Ergebnisse des Vorläufers würdigen. Konkret bedeutet dies, dass bei allem und jedem genau erklärt und begründet werden muss, warum das neue Gutachten in diesem oder jenem Punkt vom Vorläufer abweicht – sofern es das überhaupt tut. Auch die im Widerspruch angeführten Argumente des Versicherten müssen erwähnt und berücksichtigt werden, und vor allem muss ausführlich erläutert werden, wenn der Gutachter einzelne angeführte Einwände nicht in der vom Versicherten gewünschten Weise berücksichtigt. Am Ende heißt es entweder Ablehnung oder Zustimmung zum Widerspruch.
3. Zustimmung
Der zweite Gutachter erkennt die Einwände des Versicherten an. Ob er sie als sachlich richtig ansieht oder nur aus dem Gutachten heraus einfach nicht wiederlegen kann, spielt dabei keine Rolle. Dem Widerspruch wird stattgegeben, ein demzufolge geändertes Votum geht an die Pflegeversicherung und von dort an den Versicherten. Gewonnen, Ende des Verfahrens.
Wichtig ist aber, dass dabei bestimmte Fristen eingehalten werden.