Ein Vertrag setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus.
► Möglichkeiten der Anbahnung
Anfrage
Anfragen dienen der Einholung von Angeboten. Damit soll festgelegt werden, ob und zu welchen Preisen und Bedingungen eine Ware/Dienstleistung vom Anbieter bezogen werden kann. Der Anfragende ist rechtlich nicht gebunden. Daher ist es möglich, gleichzeitig an Mehrere Anfragen zu stellen, um so die bestmögliche Bezugsquelle zu ermitteln.
► Aufforderungen zur Abgabe eines Antrages
Anpreisungen von Waren/Dienstleistungen, die nicht an eine bestimmte Person, sondern an die Allgemeinheit gerichtet sind, gelten nicht als Angebot im rechtlichen Sinn. Sie sollen lediglich die Kunden anregen, ihrerseits einen Kaufantrag abzugeben (sog. Aufforderung zur Abgabe eines Antrages). Solche Anpreisungen finden sich beispielsweise in Zeitungsanzeigen, Prospekten, Katalogen, Plakaten, im Internet oder auch in Schaufensterauslagen. Daher hat der Kunde keinen Anspruch auf Aushändigung des Ausstellungsstücks. Auch das Aufstellen von Waren im Selbstbedienungsladen gilt noch nicht als Angebot. Hier macht der Käufer durch das Vorzeigen der Ware an der Kasse einen Kaufantrag (= Willenserklärung). Der Erfassungsvorgang an der Kasse stellt regelmäßig die Annahme durch den Verkäufer das (= Willenserklärung), womit der Vertrag zustande kommt.
Die Aufstellung eines Automaten gilt als Angebot an jeden, der die richtige Münze einwirft; dabei wird vorausgesetzt, dass der Automat technisch funktioniert und der Wareninhalt ausreicht.
Willenserklärungen als Voraussetzungen eines Kaufvertrages
a) Kaufantrag und Annahme
Vor allem die Einkäufe des täglichen Lebens laufen im Rechtssinne nach dieser Form ab.
Beispiel:
Ein Kunde, der eine ausgesuchte Ware an der Kasse bezahlen will, stellt im Rechtssinne einen Kaufantrag. Das schlüssige Verhalten der Verkäufers (Ware einpacken/ Kassieren stellt die Annahme dar.
b) Antrag (verbindliches Angebot)
Das verbindliche Angebot ist eine an eine bestimmte Person gerichtete Willenserklärung zu den angegebenen Bedingungen, Waren zu liefern oder Dienstleistungen zu verrichten.
Zu diesen Bedingungen gehören Angaben über Art, Beschaffenheit und Güte, Menge, Preis, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, Erfüllungsort und Gerichtsstand.
► Form des Angebots
Für das Angebot gelten keine Formvorschriften. Es kann abgegeben werden
a) unter Anwesenden: mündlich, telefonisch oder durch schlüssiges Handeln durch den Geschäftsinhaber oder Verkäufer, durch Reisende oder Vertreter;
b) unter Abwesenden: schriftlich durch Brief, mittels Telefax oder online. Mündliche oder telefonische Angebote werden häufig schriftlich bestätigt, damit Irrtümer durch Verhören, Versprechen und Übermittlungsfehler vermieden werden und bei Rechtsstreitigkeiten schriftliche Unterlagen vorhanden sind.
► Rechtliche Wirkung des Angebotes
Wer einer bestimmten Person ein Angebot ohne Einschränkung abgibt, ist an dieses Angebot gebunden.
Die Bindung an das Angebot ist nicht zeitlich unbegrenzt, sondern richtet sich nach gesetzlichen Vorschriften bzw. vertraglichen Vereinbarungen.
• Gesetzliche Bindungsfrist:
Das einem Anwesenden gemachte Angebot wird sofort mit der Abgabe wirksam und
bindet den Anbietenden, solange die Unterredung dauert.
Beispiele:
Angebote in der Verkaufsstelle, auf dem Markt, durch Telefon. Der zögernde und später wiederkehrende oder anrufende Kunde muss damit rechnen, dass der Gegenstand nicht mehr verfügbar oder nur zu anderen Bedingungen zu haben ist.
Das einem Abwesenden gemachte Angebot wird erst wirksam, wenn es ihm zugeht, und bindet den Anbietenden nur so lange, bis der Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwartet werden darf (Beförderungsdauer und Überlegungsfrist). Gewöhnlich beträgt die Frist bei einem brieflichen Angebot etwa eine Woche. Ein Angebot mittels Telefax muss spätestens binnen 4 Tagen angenommen werden. Ein Angebot, durch E-Mail versandt, muss sofort angenommen werden.
• Vertragliche Bindungsfrist:
Bei Angeboten unter Anwesenden oder unter Abwesenden kann der Anbietende für die Annahme des Angebots eine Frist bestimmen, z. B. gültig bis 25. Mai (befristetes Angebot). Die Annahme kann nur innerhalb dieser Frist erfolgen. Die Bestellung muss bis zum angegebenen Zeitpunkt zugegangen sein.
• Freizeichnung:
Der Anbietende kann die Bindung an das Angebot durch Freizeichnungsklauseln ein-schränken oder ganz ausschließen:
►Erlöschen der Bindung an das Angebot
Die Bindung an das Angebot erlischt,
•wenn es vom Empfänger ausdrücklich oder stillschweigend abgelehnt,
•wenn es von ihm abgeändert,
•wenn es von ihm nicht rechtzeitig angenommen wird.
Auch wenn die Verspätung der Annahme durch unverschuldete Zwischenfälle (Verkehrsunfall, Störung der Nachrichtenübermittlung) verursacht wird, ist der Anbietende nicht mehr an sein Angebot gebunden. Musste er allerdings erkennen, dass die Verspätung durch den Briefdienstleister verursacht wurde, so muss er den Besteller unverzüglich davon benachrichtigen, weil dieser sonst mit der Lieferung rechnet.
► Widerruf des Angebots
Da ein Angebot erst wirksam ist, wenn es dem Empfänger zugegangen ist, kann es bis zum Eintreffen beim Kunden widerrufen werden. Der Widerruf muss möglichst vor, spätestens gleichzeitig mit dem Angebot beim Kunden eingehen. Es empfiehlt sich also, ein briefliches Angebot mittels Telefon, E-Mail oder Telefax zu widerrufen. Stattdessen könnte der Anbietende auch versuchen, den bei der Deutschen Post AG aufgegebenen Angebotsbrief zurückzurufen. Dieser Weg hat den Vorteil, dass das Angebot dem Kunden gar nicht zu Gesicht kommt (nur bei Einschreibesendungen und Wertbriefen möglich).
c) Bestellung
Die Bestellung ist die Willenserklärung des Käufers, eine bestimmte Ware zu den angegebenen Bedingungen zu kaufen.
Zu diesen Bedingungen gehören wie beim Angebot Angaben über Art, Beschaffenheit und Güte, Menge, Preis, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, Erfüllungsort und Gerichtsstand. Liegt der Bestellung ein ausführliches Angebot zugrunde, mit dessen Bedingungen der Käufer einverstanden ist, so genügt es, wenn er sich auf dieses bezieht. Die Bestellung wird häufig auch Auftrag genannt.
► Form der Bestellung
Die Bestellung ist an keine besondere Form gebunden. Schriftlich kann sie durch Postkarte, Brief, Telefax oder online erfolgen. Mündliche oder telefonische Bestellungen sollten schriftlich wiederholt werden, wenn die Gefahr eines Irrtums besteht und ein Beweismittel erwünscht ist.
►Rechtliche Wirkung der Bestellung
Wie der Anbietende an sein Angebot, so ist der Besteller an seine Bestellung gebunden.
Die Bindung wird erst wirksam, wenn die Bestellung dem Empfänger zugegangen ist (empfangsbedürftige Willenserklärung). Ein Widerruf muss daher spätestens gleich-zeitig mit der Bestellung beim Lieferanten eingehen.
Durch eine Bestellung, die auf ein verbindliches Angebot folgt, kommt ein Vertrag zustande. Ging der Bestellung kein Angebot oder nur ein unverbindliches Angebot voraus, bedarf sie noch der Bestellungsannahme (Auftragsbestätigung), damit ein Vertrag zustande kommt. Gibt der Besteller mit der Bestellung den Antrag (1. Willenserklärung) zum Abschluss eines Kaufvertrages ab, kann er für die Annahme der Bestellung eine Frist bestimmen (befristeter Antrag). Die Annahme kann dann nur innerhalb dieser Frist erfolgen.
d) Bestellungsannahme
Die Bestellungsannahme ist eine Willenserklärung des Verkäufers, mit der er sich bereit erklärt, die bestellte Ware zu den angegebenen Bedingungen zu liefern.
Die Bestellungsannahme ist rechtlich erforderlich, sofern der Kaufvertrag nicht bereits durch Angebot und Bestellung zustande gekommen war. Die unverzügliche Lieferung ohne Bestellungsannahme stellt eine Annahme der Bestellung durch schlüssiges Handeln dar. Die Bestellungsannahme wird häufig auch Auftragsbestätigung genannt. Die Bestellungsannahme kann mündlich, schriftlich oder durch schlüssige Handlung (Lieferung) erfolgen. Häufig ist sie mit der Übergabe eines Lieferscheines oder einer Rechnung verbunden.
Abschluss des Kaufvertrages
Jeder Kaufvertrag beruht auf zwei übereinstimmenden Willenserklärungen. Durch ihre Willenserklärungen verpflichten sich die Parteien (Verpflichtungsgeschäft).
Folgende Kombinationen aus den vorbeschriebenen Willenserklärungen führen jeweils zu einem Vertrag.
1. Willenserklärung 2. Willenserklärung
• Kaufantrag des Käufers • Annahme durch Verkäufer
• Angebot des Verkäufers (Antrag) • Bestellung durch Käufer (Annahme)
• Bestellung durch Käufer (Antrag) • Bestellungsannahme durch Verkäufer
Beispiel:
Der Verkäufer macht ein Angebot, der Käufer bestellt rechtzeitig und ohne Änderungen. Damit ist der Kaufvertrag zustande gekommen.
Folgende Besonderheiten sind zu beachten:
• Der Verkäufer macht ein Angebot, der Käufer bestellt zu spät oder mit Abänderungen (Erweiterungen und Einschränkungen). Die verspätete Annahme eines Antrags oder eine Annahme mit Änderungen gilt als neuer Antrag. Der Kaufvertrag kommt erst durch die Annahme des neuen Antrags zustande. Besonders bei großen und bedeutsamen Kaufabschlüssen sind oft längere Verhandlungen nötig. Dann ist der Vertrag erst abgeschlossen, wenn sich die Parteien über alle Punkte geeinigt haben.
• Der Verkäufer macht ein freibleibendes Angebot, der Käufer bestellt. Der Vertrag kommt zustande, wenn der Lieferant den Auftrag bestätigt oder die Ware sofort ausliefert.
• Der Verkäufer sendet unbestellte Ware zu. Die Warensendung stellt nur ein Angebot dar. Der Vertrag kommt zustande, wenn der Empfänger den Kaufpreis bezahlt, die Ware in Gebrauch nimmt oder erklärt, dass er die Ware annehme. Ist der Empfänger ein Privatmann, dann gilt sein Stillschweigen als Ablehnung. Er ist weder zur Aufbewahrung, noch zur Rücksendung oder Bezahlung verpflichtet, auch dann nicht, wenn der Lieferant schreibt: Wenn die Rücksendung nicht bis … erfolgt, wird der Rechnungsbetrag durch Nachnahme erhoben. Die Zusendung unbestellter Ware an einen Privatmann gilt als Verstoß gegen die gute kaufmännische Sitte und damit gegen das UWG.
Verpflichtungsgeschäft und Erfüllungsgeschäft beim Kaufvertrag
Beim Kaufvertrag ist wie bei jedem Vertrag zwischen dem Abschluss des Vertrages (Verpflichtungsgeschäft) und dessen Erfüllung (Erfüllungsgeschäft) zu unterscheiden.
a) Pflichten der Vertragspartner aus dem Verpflichtungsgeschäft Kaufvertrag
Die Abgabe eines Antrages und dessen Annahme sind für Käufer und Verkäufer frei-willig. Durch den Abschluss des Vertrages aber werden beide Teile verpflichtet, den Vertrag zu erfüllen. Der Kaufvertrag ist ein verpflichtendes Rechtsgeschäft.
Der Verkäufer ist verpflichtet
dem Käufer den Kaufgegenstand
dem Käufer das Eigentum daran zu
Der Käufer ist verpflichtet
• den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen,
• den Kaufgegenstand anzunehmen, verschaffen.
b) Erlöschen des Schuldverhältnisses durch das Erfüllungsgeschäft
Das durch den Abschluss des Kaufvertrages (Verpflichtungsgeschäft) entstandene Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldeten Leistungen an die Gläubiger bewirkt sind (Erfüllungsgeschäft), d. h. wenn
• der Verkäufer Besitz und Eigentum am Kaufgegenstand auf den Käufer übertragen und das Entgelt angenommen,
• der Käufer den Kaufgegenstand angenommen und das Entgelt bezahlt hat.
Beispiel:
Der Versicherungsvertreter Müller beschließt, ein Auto zu kaufen.