Die Auswirkungen längerer Lebenserwartung
Nun hört man in letzter Zelt vermehrt Stimmen, die sagen, dass aufgrund der erneut gestiegenen Lebenserwartung die privaten Renten sinken werden bzw., dass mehr Beitrag für die gleiche Rentenhöhe erforderlich sei. Das ist richtig, spricht aber nicht gegen die private Rente. So können zum einen die vertraglich garantierten Werte (die Werte ohne Überschüsse) nicht gesenkt werden. Und wenn aufgrund einer aktuellen Sterbetafel ein neuer Rententarif mehr Beitrag für die gleiche Rentenleistung erfordert, hat das zum anderen zur Folge, dass sich
– das Preis-Leistungsverhältnis nicht ändert (also das Verhältnis von eingezahlten Beiträgen zur Kapitalabfindung),
– die aus dem angesammelten Kapital zu leistende Rente zwar verringert, aber über einen längeren Zeitraum zu zahlen ist.
Was ist passiert?
Um es kurz zu machen: Uns Deutschen geht es gut. So gut sogar, dass wir immer länger leben. Im Jahr 1932 zum Beispiel betrug die durchschnittliche Lebenserwartung der deutschen Bevölkerung rund 60 Jahre, 1986 hingegen hatte ein Säugling 72 Jahre vor sich. Diese Erkenntnis war auch in der bisherigen Renten-Sterbetafel aus dem Jahr 1987 berücksichtigt. Allerdings zeigten die jüngsten Auswertungen, dass der langfristige Trend zu gering bemessen war, denn bis 1994 kletterte die durchschnittliche Lebenserwartung auf 74 Jahre – eine Folge des medizinischen Fortschritts, insbesondere im Bereich der chronischen Erkrankungen.
Die logische Konsequenz: eine neue Sterbetafel
Eine höhere Lebenserwartung hat natürlich auch Auswirkungen auf private Rentenversicherungen, umso mehr, da Rentenversicherungen zunehmend von Kunden abgeschlossen werden, deren Lebenserwartung über dem Durchschnitt der Bevölkerung liegt. Eine Folge der alten Sterbetafel (wenn sie denn noch Jahre weiter verwendet werden würde) wäre zum Beispiel, dass die Deckungsrückstellungen auf lange Sicht nicht mehr ausreichen würden. Eine Arbeitsgruppe der Deutschen Aktuarvereinigung hat deshalb auf der Grundlage des statistischen Materials 1994 eine neue Sterbetafel (1994 R) mit ausreichenden Sicherheitsmargen abgeleitet. Bei einem 60- jährigen sind nun 24,6 Jahre (+ 5,6 Jahre), bei einer gleichaltrigen Frau 28,3 Jahre (+ 3,5 Jahre) eingeplant.
Unter Berücksichtigung von Garantiezeiten und Todesfallleistungen respektive Beitragsrückgewähr fuhrt die Anwendung der neuen Sterbetafel bei 4 Prozent Rechnungszins und bei gleicher versicherter Tarifrente zu einer Beitragssteigerung bei Männern von circa 10 bis 15 Prozent, bei Frauen von 2 bis 5 Prozent (insbesondere bei sofort beginnenden Leibrenten).
Betrachtet man die aufgeschobene Rentenversicherung mit Beitragsrückgewähr, so sieht man, dass die neue Sterbetafel kaum Einfluss auf die Kapitalabfindung hat. Am Ende der Aufschubzeit wird bei gleichem Beitragsaufwand auch nahezu der gleiche Kapitalbetrag zur Verfügung stehen wie bei den derzeit gültigen Tarifen. Wird bei Ablauf die Rentenzahlung gewählt, so wird die garantierte Rente – als Folge der deutlich längeren Lebenserwartung – niedriger aus- fallen als bisher.
Anders ist es bei sofort beginnenden Renten. Hier hat die gestiegene Lebenserwartung einen mittelbaren Einfluss auf die Höhe der künftig zu finanzierenden Renten. So werden die garantierten sofort beginnenden Renten bei Neuabschluss künftig niedriger liegen.
Bei Altverträgen kann bzw. wird es vermutlich so sein, dass zwar die garantierten Renten bleiben, aber die Überschussrenten sicherlich reduziert werden. Auf die Kapitalabfindung wird die neue Sterbetafel höchstens marginale Auswirkungen haben!
Die Versteuerung von Leibrenten
Die in Paragraph 22 EStG enthaltene Tabelle der Ertragsanteile wurde neu gefasst. Die Ertragsanteile für Leibrenten aus privaten Rentenversicherungen werden ab 01.01.94 auf der Grundlage der Sterbetafel 1986/88 angehoben. So erhöht sich der Ertragsanteil für einen bei Rentenbeginn 65-jährigen von 1994 an von bisher 24% seiner Rentenbezüge auf 28%
Ab welcher Rente müsste Einkommensteuer gezahlt werden?
Seit dem 1.1.1996 wurden die Grundfreibeträge deutlich auf 12 000€ für Ledige bzw. 24 000,- für Verheiratete erhöht. Im Jahre 2000 soll dieser Grundfreibetrag sogar auf 13 500€ bzw. 27 000,- aufgestockt werden. Dies hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Versteuerung von Leibrenten. Zu den Grundfreibeträgen kommen noch die Werbungskostenpauschale sowie der Sonderausgaben-Pausch- betrag.
Ein lediger Mann möchte sich im Jahr 2000 mit 65 Jahren zur Ruhe setzen und hat folgende Leibrenten zu erwarten:
1. aus der GRV
2 000,- pro Monat = 24 000€ pro Jahr
2. aus der Betriebsrente
500,- pro Monat = 6 000€ pro Jahr
3. aus einer Privatrente
1 250,- pro Monat = 15 000€ pro Jahr Summe der Renten = 45 000€ pro Jahr
Weitere Einkünfte hat er nicht. Der Ertragsanteil liegt bei 28% der Renten; also bei 12 600€. Von den zu erwartenden Renten wird also keine müde Mark versteuert, so dass der Rentner ein Nettoeinkommen von 3 750€ pro Monat hat. Erst wenn die Summe der Renten in dem obigen Beispiel einen Betrag von 50 000€ übersteigt oder er weitere andere Einkünfte hat, z. B. aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung, würde er in den einkommensteuerbaren Bereich kommen und Steuern zahlen (siehe auch: Versicherungen und das Finanzamt).
Kreditfinanzierte Sofortrenten
Nach Wegfall des Berlin-Darlehens werden immer häufiger so genannte Rentenkonzepte angeboten, die grundsätzlich so aufgebaut sind: Der Kunde schließt eine sofort beginnende Rentenversicherung ab, der dafür aufgewandte Einmalbeitrag wird in voller Höhe über ein Darlehen finanziert, die Tilgung dieses Darlehens erfolgt über eine Lebensversicherung.
Im Vergleich zu den früheren Berlin-Darlehens- Programmen gilt dabei als Kapitalanlage statt des
Die steuerlichen Ertragsanteile einer lebenslänglichen Leibrente ab 1994 Berlin-Darlehens der Einmalbeitrag für die sofort beginnende Rentenversicherung.
Bei Beginn der Rente vollendetes Lebensjahr des Rentenberechtigten | Ertragsanteil in% | Bei Beginn der Rente vollendetes Lebensjahr des Rentenberechtigten | Ertragsanteil in% | ||
0 bis 3 | 73 | 44 | 49 | ||
4 bis 5 | 72 | 45 | 48 | ||
6 bis 8 | 71 | 46 | 47 | ||
9 bis 11 | 70 | 47 | 46 | ||
12 bis 13 | 69 | 48 | 45 | ||
14 bis 15 | 68 | 49 | 44 | ||
16 bis 17 | 67 | 50 | 43 | ||
18 bis 19 | 66 | 51 | 42 | ||
20 bis 21 | 65 | 52 | 41 | ||
22 bis 23 | 64 | 53 | 40 | ||
24 bis 25 | 63 | 54 | 39 | ||
26 bis 27 | 62 | 55 | 38 | ||
28 | 61 | 56 | 37 | ||
29 bis 30 | 60 | 57 | 36 | ||
31 | 59 | 58 | 35 | ||
32 bis 33 | 58 | 59 | 34 | ||
34 | 57 | 60 | 32 | ||
35 | 56 | 61 | 31 | ||
36 bis 37 | 55 | 62 | 30 | ||
38 | 54 | 63 | 39 | ||
39 | 53 | 64 | 28 | ||
40 | 52 | 65 | 27 | ||
41 bis 42 | 51 | 66 | 26 | ||
43 | 50 | 67 | 25 | ||
68 | 23 | 79 | 12 | ||
69 | 22 | 80 bis 81 | 11 | ||
70 | 21 | 82 | 10 | ||
71 | 20 | 83 | 9 | ||
72 | 19 | 84 bis 85 | 8 | ||
73 | 18 | 86 bis 87 | 7 | ||
74 | 17 | 88 | 6 | ||
75 | 16 | 89 bis 91 | 5 | ||
76 | 15 | 92 bis 93 | 4 | ||
77 | 14 | 94 bis 96 | 3 | ||
78 | 13 | ab 97 | 2 |
Der besondere Effekt soll dadurch entstehen, dass sämtliche Finanzierungskosten steuerlich abzugsfähig sind, während von den Renten nur ihr Ertragsanteil bei den sonstigen Einkünften versteuert werden muss. Durch die Tilgungsaussetzung beim Refinanzierungsdarlehen und die Rückzahlung über die Tilgungsversicherung soll eine zusätzliche Reduzierung der Finanzierungskosten erzielt werden. Dadurch hegen die Nettokreditkosten konzeptmäßig unter den versteuerten Er-trägen.
Aus steuerlicher Sicht sind also folgende Punkte von Bedeutung:
1) Besteuerung der Rente mit dem Ertragsanteil
2) Schuldzinsen für das Reh-Darlehen
3) Steuerliche Behandlung der Tilgungsversicherung
1) Besteuerung der Rente mit dem Ertragsanteil
Nach Paragraph 22 EStG sind Leibrenten aus privaten Rentenversicherungen nur mit dem Ertragsanteil in der Einkommensteuer bei den sonstigen Einkünften anzusetzen. Diese werden dort mit dem persönlichen Steuersatz des jeweiligen Rentenempfängers besteuert.
2) Schuldzinsen für das Reh-Darlehen
Ob und in welchem Umfang die für das Reh-Darlehen aufgewandten Schuldzinsen bei den sonstigen Einkünften als Werbungskosten abzugsfähig sind, ist nicht entschieden. In einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 19.06.1991 wird ein Schuldzinsabzug verneint, weil rechnerisch ein so genannter Totalüberschuss der mit dem Ertragsanteil zu versteuernden Einnahmen über die abzusetzenden Schuldzinsen nicht möglich ist. Stellt man aber beim Betrachtungszeitraum auf eine Rentenzahlungsdauer gemäß statistischer Lebenserwartung ab, so kann in den meisten Fällen dieser steuerliche Totalüberschuss doch dargestellt werden. Ob sich Finanzverwaltung und Finanzgerichte dieser Betrachtungsweise anschließen, bleibt jedoch abzuwarten. Aber selbst dann ist noch fraglich, ob die Schuldzinsen in voller Höhe anerkannt werden; denn bei den vergleichbaren Berlin-Darlehens-Programmen wollte die Finanzverwaltung durch Erlass die abzugsfähigen Schuldzinsen auf die Höhe der steuerpflichtigen Einnahmen in jedem Veranlagungszeitraum begrenzen.
Es ist also strittig, ob die Schuldzinsen in voller Höhe oder nur im Verhältnis der Ertragsanteile der Rente oder überhaupt nicht absetzbar sind.
3) Steuerliche Behandlung der Tilgungsversicherung
Bei einem Rentenstammrecht handelt es sich nach allgemeiner Meinung um eine Forderung. Deshalb führt die Verbindung des Refi-Darlehens mit einer Lebensversicherung zur Steuerschädlichkeit dieser Tilgungsversicherung. Die Beiträge sind somit nicht als Sonderausgaben abzugsfähig, und die in der Ablaufleistung enthaltenen Zinserträge sind nach Paragraph 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu versteuern.
Meine persönliche Meinung:
Aufgrund der steuerlichen Unklarheiten sollte man solchen Konzepten sehr kritisch gegenüber eingestellt sein. Im Zweifelsfall sollte der Steuerberater sein O.K. geben. Falls etwas schief geht mit dem Finanzamt, haftet der Steuerberater.