Jeder wird dort pflegeversichert, wo seine Krankenversicherung besteht, nach dem Grundsatz: Die Pflegeversicherung folgt der Krankenversicherung. Entsprechend sind Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung in die soziale Pflegeversicherung einbezogen. Wer privat krankenversichert ist, hat eine private Pflegepflichtversicherung.
Ehepartner und Kinder sind in der sozialen Pflegepflichtversicherung beitragsfrei mitversichert. Dafür gelten die gleichen Voraussetzungen wie in der gesetzlichen Krankenversicherung. Bei der privaten Pflegepflichtversicherung zahlt der Ehepartner den vollen Beitrag (Ausnahme: wenn die Privatversicherung vor dem Inkrafttreten des Pflegepflichtversicherungs-Gesetzes bestand, nur den halben Beitrag). Kinder sind auch bei den Privaten beitragsfrei.
Wer gilt als pflegebedürftig?
Als pflegebedürftig gelten Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Zu den Krankheiten oder Behinderungen zählen: Verluste, Lähmungen oder andere Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat, Funktionsstörungen der inneren Organe und der Sinnesorgane, Störungen des Zentralnervensystems, wie Antriebs-, Gedächtnis oder Orientierungsstörungen sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen. Pflegebedürftigkeit kann jeden jederzeit treffen. 450000 Pflegebedürftige leben in Heimen, 1,2 Millionen zu Hause. Beides mit zunehmen- der Tendenz. Voraussichtlich wird bis zum Jahr 2010 die Zahl der über 60-jährigen Personen in Deutschland um 3,8 Millionen zunehmen. Heute hat ein 60-jähriger Mann eine durchschnittliche Lebenserwartung von 17,3 Jahren, eine gleichaltrige Frau von 21,7 Jahren. Immer mehr Menschen werden älter als 80 Jahre.
Die Hilfe durch die Pflegepflichtversicherung
Die Hilfe besteht in Unterstützung, in teilweiser oder vollständiger Übernahme der Verrichtungen des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen. Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen sind: Körperpflege (z. B. Waschen, Duschen, Zahnpflege, Darm- oder Blasenentleerung), Ernährung (z.B. mundgerechtes Zubereiten oder Aufnahme der Nahrung), Mobilität (z.B. Aufstehen, Zubettgehen, An-/Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Wohnung verlassen und zurückkehren), hauswirtschaftliche Versorgung (z.B. Einkäufen, Kochen, Reinigen der Wohnung).
Die Pflegestufen
Pflegestufe I (erhebliche Pflegebedürftigkeit) Personen, die mindestens einmal täglich für wenigstens zwei Verrichtungen der Hilfe bedürfen Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftigkeit) Personen, die mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftigkeit) Personen, die täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen Der Hilfebedarf erstreckt sich auf die Bereiche der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität, wobei zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlich sein muss. Der Aufwand der direkten Pflege einschließlich der Unterstützung bei hauswirtschaftlicher Versorgung muss pro Tag mindestens betragen
Sachleistung der Pflegepflichtversicherung für häusliche Pflegehilfe
1,5 Stunden bei Pflegestufe I bis 383
3 Stunden bei Pflegestufe II bis 920
5 Stunden bei Pflegestufe III bis 1432
bei besonderem Pflegeaufwand (Härtefälle) bis 1917
Es können auch Geldleistungen (in Form von Pflegegeld) gezahlt werden, wenn Pflegebedürftige die Pflege selbst organisieren. Das Pflegegeld beträgt monatlich
-Pflegestufe I 204
-Pflegestufe II 409
-Pflegestufe III 665
Sach- und Geldleistungen können kombiniert werden. Der Pflegebedürftige kann frei über das Verhältnis von Sach- und Geldleistungen entscheiden. Die private Pflegepflichtversicherung erbringt keine Sachleistungen, sondern übernimmt die gleichen Beträge im Rahmen der Kostenerstattung. Die Bundesregierung hat im August 2001 beschlossen, für die häusliche Pflege mit erheblichem Betreuungsbedarf (geistig Behinderte, psychisch Kranke) bis zu 460 Euro im Jahr zusätzlich zu zahlen.
Leistungsüberblick
Die Pflegepflichtversicherung erbringt Sachleistungen und Geldleistungen. Sie sind bei den gesetzlichen Krankenkassen und der privaten Krankenversicherung identisch. Diese Leistungen sind:
-Erstattung der Kosten einer geeigneten Pflegekraft
-Pflegegeld für sonstige Pflegepersonen
-Kombinationsleistung
-Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen
-häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson
-Pflegehilfsmittel und technische Hilfen
-teilstationäre Pflege
-Tages- und Nachtpflege
-(voll-)stationäre Kurzzeitpflege
-vollstationäre Pflege
-Pflegekurse
-Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen
Vorversicherungszeit
Sie ist Voraussetzung für den Leistungsbezug und beträgt fünf Jahre. Für familienversicherte Kinder reicht es, wenn ein Elternteil die Vorversicherungszeit erfüllt.
Antragstellung bis Leistungserbringung
Der Versicherungsnehmer erhält die Leistungen auf Antrag (telefonisch oder schriftlich). Die Leistungen werden ab Antragstellung erbracht, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Wird der Antrag nach Ablauf des Monats gestellt, in dem die Pflegebedürftigkeit eingetreten ist, werden die Leistungen vom Beginn des Monats der Antragstellung an erbracht. In allen Fällen ist Voraussetzung, dass eine vorgesehene Vorversicherungszeit erfüllt ist. Eintritt, Stufe und Fortdauer der Pflegebedürftigkeit, die Eignung, Notwendigkeit und Zumutbarkeit von Maßnahmen zu Beseitigung, Minderung oder Verhütung einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit und die Notwendigkeit der Versorgung mit beantragten Pflegehilfsmitteln und technischen Hilfen sind durch einen Arzt festzustellen. Die Feststellung wird in angemessenen Abständen wiederholt.
Die Untersuchung erfolgt grundsätzlich im Wohnbereich der versicherten Person. Auf Verlangen des Versicherers ist die versicherte Person verpflichtet, sich auch außerhalb ihres Wohnbereichs untersuchen zu lassen, wenn die erforderliche Feststellung im Wohnbereich nicht möglich ist (z. B. bei einem Krankenhausaufenthalt). Bei den gesetzlichen Kassen übernimmt diese Aufgaben der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK). Die privaten Krankenversicherungen haben dafür einen eigenen medizinischen Dienst, die MEDICPROOF GmbH mit Sitz in Köln, gegründet. Auf schriftliche oder telefonische Antragstellung durch den Anspruchsteller sendet das private Versicherungsunternehmen einen formularmäßigen Antrag und das Formular für die ärztliche Bescheinigung an den Versicherungsnehmer.
Vollstationäre Pflege
Zum 1. Juli 1996 wurde die zweite Stufe der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung für die stationäre Pflege eingeführt. Der Beitrag erhöhte sich in der sozialen Pflegepflichtversicherung von einem Prozent auf 1,7 Prozent. Der neue Höchstbeitrag liegt bei 57,40 Euro. Diese Höchstbeiträge gelten auch für die private Pflegepflichtversicherung, aber nur für Privatversicherte, die per 1. Januar 1995 pflegeversichert wurden und Anspruch auf die Höchstbeitragsbegrenzung haben. Voraussetzung für eine stationäre Pflege ist, dass häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder im Einzelfall nicht in Betracht kommt. Zur vollstationären Pflege können je nach Pflegestufe bzw. Pflegeklasse I, II oder III Aufwendungen von 1022 Euro, 1278 Euro oder 1432 Euro monatlich (Beihilfeberechtigte erhalten entsprechend ihrem Bemessungssatz davon 20, 30 oder 50 Prozent) erstattet werden. In besonderen Härtefällen werden bis zu 1687 Euro geleistet. Unterkunft und Verpflegung – die so genannten Hotelkosten – hat der Pflegebedürftige selbst zu tragen.
Kosten für die medizinische Behandlungspflege (Spritzen, Verbände, Infusionen usw.) sind von der Pflegepflichtversicherung zu bezahlen und werden auf die oben genannten Beträge angerechnet. Die PKV-Unternehmen bieten nahezu einheitliche Tarife an. Wer über die gesetzliche oder private Krankenversicherung pflegepflichtversichert ist, erhält – wenn er Arbeiter oder Angestellter ist – die Hälfte des Beitrages als Arbeitgeberzuschuss. Im Freistaat Sachsen, der nicht – wie die anderen Bundesländer – als Ausgleich für die Belastung der Arbeitgeber die gesetzlichen Feiertage um einen Tag vermindert hatte, übernehmen die Arbeitgeber nur 0,35 Prozent des Beitrages.
Befreiungsmöglichkeit
Wer aus der Krankenversicherungspflicht ausscheidet, kann sich von der sozialen Pflegepflichtversicherung befreien lassen und eine private Versicherung wählen. Hier gilt aber alles zur privaten Krankenversicherung Gesagte in gleicher Weise. Jüngere können zwar in den ersten Jahren Beitrag sparen. Aber wenn sie heiraten, müssen sie für einen nicht oder nur geringfügig berufstätigen Partner einen zusätzlichen Beitrag zahlen, während dieser in der sozialen Pflegepflichtversicherung der Kasse – wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung – beitragsfrei mitversichert ist. Und im Alter ist auf jeden Fall immer der Höchstbeitrag der privaten Pflegeversicherung zu entrichten, der den Höchstbeitrag der sozialen Pflegepflichtversicherung bei weitem übersteigen kann. Für Wechsler zur PKV gilt die Kappung oder Deckelung der Pflegeversicherungsbeiträge durch den Kassen-Höchstbeitrag nicht mehr. Der Ehegatte zahlt den vollen Beitrag (statt vorher bei PKV-Altversicherten höchstens 50 Prozent des Höchstbeitrages zur sozialen Pflegeversicherung).
Ein Ehepaar mit einem Verdiener, beide 50 Jahre alt, muss einen Monatsbeitrag von etwa 50 Euro aus eigener Tasche entrichten (bei einem Arbeitgeberzuschuss von etwa 29 Euro). Der Beitrag bei einer Kasse würde netto nur etwa 29 Euro betragen (bei gleichem Arbeitgeberzuschuss).