Am Unfallort. Es passiert schnell, unerwartet und etwa 2 Millionen Mal im Jahr: ein Unfall. Es gilt Ruhe zu bewahren, eventuelle Verletzte zu versorgen, den Schock zu verdauen und auch noch an die Versicherung zu denken: Zunächst müssen Zeugen festgestellt werden. Bei größeren Unfällen sollten Fotos und Skizzen von der Unfallstelle mit Fahr- und Bremsspuren gemacht werden, wenn möglich sogar mit Hilfe der Zeugen. Rufen Sie bei größeren Unfällen in jedem Fall, aber auch bei kleineren Unfällen die Polizei: Aussagen von Unfallgegnern am Unfallort werden später oft widerrufen. Auf keinen Fall darf der Versicherte Ansprüche des Geschädigten anerkennen oder gar befriedigen, bevor er dazu nicht das Einverständnis der Versicherung hat. Die einzige Ausnahme ist, dass er den Schaden selbst zahlen will und der Unfallgegner schriftlich auf alle Ansprüche verzichtet.
Nach dem Unfall. Jeder Unfall muss der Versicherung schriftlich innerhalb einer Woche gemeldet werden. Auch wenn sich der Fahrer schuldlos fühlt, sollte der Zusammenstoß dem eigenen Versicherer gemeldet werden. In zwei von zehn Fällen ergibt sich später eine Mitschuld. Bei nicht gemeldeten Unfällen zahlt der Autoversicherer dann zwar trotzdem, er kann sich die Schadenleistung aber bis zu 10 000 € vom Kunden zurückholen. Nur Schäden bis zu 500 €, die der Versicherte selbst zahlt, müssen nicht gemeldet werden. Ebenfalls mitgeteilt werden muss der Versicherung, wenn gegen den Versicherten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird oder ein Strafbescheid kommt. Wenn nur die Autonummer oder der Name des Unfallgegners bekannt ist, können Sie über den Zentralruf der Autoversicherer die Versicherungsnummer und Gesellschaft erfragen. Den Zentralruf erreichen Sie unter der einheitlichen Telefonnummer 0180/2 50 26.
Bei unverschuldetem Unfall. Wenn Sie nicht schuld sind, sollten Sie der gegnerischen Versicherung den Schaden melden und diese so formell haftpflichtig machen. Der Sicherheit halber sollten Sie den Schaden Ihrer Versicherung melden. Auch bei Kasko-Schäden müssen Sie sofort Ihren Versicherer benachrichtigen, damit dieser den Schaden eventuell besichtigen kann. Bei Diebstahl, Brand- oder Wildschäden muss die Polizei benachrichtigt werden. Nach einem unverschuldeten Autounfall können Sie vom Unfallgegner und seiner Versicherungsgesellschaft verlangen: Reparaturkosten, Wertminderung, Mietwagen oder Nutzungsausfall für die Dauer der Reparatur, Kostenpauschale, bei Körperschäden Schmerzensgeld. Nach einem unverschuldeten Unfall werden die Reparaturkosten dem Geschädigten auch dann ersetzt, wenn er den Schaden selbst repariert. Unfallopfer brauchen sich nicht zu scheuen, einen Rechtsanwalt aufzusuchen. Für die Kosten kommt die Versicherung des Gegners auf. Bei Fahrerflucht oder wenn der Unfallgegner keine ordnungsgemäße Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, braucht der Geschädigte nicht zu verzweifeln: Es gibt für Verkehrsopfer bei Ansprüchen wegen Schmerzensgeld oder Sachschäden einen Fonds Verkehrsopferhilfe (Glockengießerwall 1, 20095 Hamburg, T. 040/3 0180-0). Er kann nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten beansprucht werden.
Bei verschuldetem Unfall. Für einen Haftpflichtversicherten, der einen Unfall verursacht, ist die Gretchenfrage: Soll er den Schaden selbst bezahlen? Der Grund ist das System der Schadenfreiheitsrabatte. Wer selbst zahlt, kann eine Rückstufung in eine ungünstigere Beitragsklasse und damit über Jahre hinweg höhere Beiträge vermeiden. Die Autoversicherer haben mit ihrem neuen Beitragsstaffelsystem ab 1995 still und heimlich die Rückstufungsregeln zu Lasten der Versicherten verschlechtert. Ein Anfänger mit einem Beitragssatz von 260 Prozent zahlt nun nach einem Unfall 17 Jahre lang mehr Prämie – ingesamt 245 (vorher 170) Prozent des Beitrages. Und wer in der Klasse SF 3 zu 70 Prozent Beitrag kutschiert, der muss sogar über 16 Jahre mit 165 statt 95 Prozent Mehrbelastung bluten. Eine verbraucherfreundliche Neuregelung wäre die Begrenzung des Rabattverlustes auf drei bis fünf Jahre. Wann soll der Versicherte selbst zahlen? In der Teilkaskoversicherung ist die Antwort einfach, solange es keine Rückstufung in eine andere Schadenfreiheitsrabatt-Klasse gibt. Was über die Selbstbeteiligung von meist 300 € hinausgeht, wird der Versicherung gemeldet. In der Vollkaskoversicherung sowie bei kleineren Haftpflichtschäden kann eine Selbstregulierung dagegen Geld sparen. Faustregel: Schäden bis 1 000 € werden selbst bezahlt. Dies gilt ab 2001 auch für Teilkasko-Policen, bei denen ein Schadenfreiheitsrabatt gewährt wird. Wichtig ist: Für die Rückstufung beim Schadenfreiheitsrabatt ist die Zahl der Unfälle entscheidend. Mehrere kleine Unfälle sorgen so für einen höheren Rabattverlust als ein großer Schaden. Wer also in einem Jahr zwei und mehr Schäden verursacht, sollte prüfen, ob er alle Schäden meldet, nur den teuersten Schaden oder ob er alle Schäden selbst zahlt.
Tip: Der Anspruch auf Mietwagen
Wenn Sie schuldlos in einen Unfall verwickelt wurden und Ihr Wagen fahruntüchtig ist, bezahlt die gegnerische Haft-pflichtversicherung einen Leihwagen. Der Mietwagen darf höchstens der Typklasse des beschädigten Wagens entsprechen. Empfehlenswert ist das Mieten eines Fahrzeuges einer niedrigeren Typklasse: Dann verzichtet der Versicherer auf den Abzug von 15 bis 20 Prozent der Mietwagenkosten als Eigenbetriebskosten des Versicherten. Allerdings sollte der Geschädigte drei Vergleichsangebote einholen und die gegnerische Versicherung um Kostenübernahme bitten. Sonst bekommt er eventuell nur einen Teilbetrag erstattet, wenn die gegnerische Versicherung nachweisen kann, dass er das Auto bei anderen Unternehmen viel günstiger hätte mieten können (OLG Köln, Az.: 19 = 166/92). Wer auf den Wagen verzichten kann, sollte die sogenannte Nutzungsausfallentschädigung wählen. Hier bekommt der Geschädigte statt Leihwagen Bargeld. Je nach Wagenklasse bekommen Sie dann zwischen 45 und 145 € pro Tag. Ein VW Golf CL 55 kW wird mit 53 € angesetzt. Die Versicherung zahlt Nutzungsausfall oder Mietwagen für die Dauer der Reparatur, bei einem Totalschaden bis zu 14 Tage. Allerdings gilt dies nur, wenn der Wagen tatsächlich repariert wird oder ein Totalschaden vorliegt. Bei Abrechnung auf Gutachterbasis jedoch gibt es keine Nutzungsausfallentschädigung. Hier ersetzt der Versicherer die durch einen privaten Sachverständigen kalkulierten Reparaturkosten im Voraus. Das Auto-Tagegeld lohnt vor allem, wenn die Schuldfrage noch ungeklärt ist. Bei einem Mitverschulden muss der Autofahrer die anteiligen Mietwagenkosten bezahlen. Beim Nutzungsausfall bekommt er dagegen den Teilbetrag ausgezahlt.
Wenn der Autofahrer erst im Nachhinein merkt, dass es für ihn günstiger gewesen wäre, selbst zu zahlen: keine Bange! Er kann seine Entscheidung ändern. Der Versicherte kann den Schaden innerhalb eines Kalenderjahres nachträglich melden, wenn er teurer war als angenommen oder inzwischen ein weiterer Unfall hinzugekommen ist. Umgekehrt kann er in der Haftpflichtversicherung auch eine bereits gezahlte Leistung seiner Versicherung aus eigener Tasche wieder zurückzahlen. Wenn er das innerhalb von sechs Monaten nach Erhalt der Regulierungsleistung tut, macht die Versicherung die Rückstufung rückgängig. Zahlt der Versicherer bei Verschulden des Versicherten dem Unfallgegner weniger als 1 000 €, dann muss sie das dem Versicherten mitteilen.
Massenunfall. Für Massenkarambolagen ab 50 Autos haben die Versicherungen einen Maßnahmenkatalog entwickelt, mit dem die Schäden schnell reguliert werden sollen. Für kleinere Auffahrunfälle mit wenigen Fahrzeugen gilt der Grundsatz, dass der Auffahrende die Schuld trägt. Bei größeren Auffahrunfällen muss der Auffahrende zwei Drittel des Schadens des Vordermanns tragen und ein Drittel seines eigenen Schadens. Damit geht auch der Schadenfreiheitsrabatt verloren. Die einzige Ausnahme ist, wenn der Auffahrende nachweisen kann, dass er schuldlos war. Das ist vor allem der Fall, wenn der Hintermann das Fahrzeug in die Blechschlange hineingeschoben hat. Dann muss der Hintermann für beide vor ihm liegenden Fahrzeuge den Schaden zahlen. Der Nachweis ist allerdings schwierig.
Versichertenfallen. Vorsicht ist geboten, wenn der Versicherer mittels Schadenschnelldienst den Schaden schnell reguliert. Der Versicherte ist hier im Nachteil, wenn die Reparatur teurer als erwartet wird. Hier ist eine schriftliche Bestätigung ratsam, dass die Zahlung nur als Teilleistung gilt. Vorsicht gilt bei Unfallhelfern. Unterschreiben Sie nichts. Lassen Sie sich kein Abschleppunternehmen, keine Reparaturwerkstatt und keinen Mietwagen aufchwatzen. Nehmen Sie lieber den Nutzungsausfall.
Rückstufung im Schadenfall (Kfz-Haftpflicht) Wie ein Schaden die Kfz-Haftpflicht-Versicherung verteuert* | |||||
bisherige SF-Klasse | Beitragssatz (%) | Rückstufung nach SF-Klasse | Beitragssatz (%) | Mehrbeitrag in den 4 Folge-Jahren (1) | Gesamt -verlust (2) |
20 | 30 | 18 | 30 | 0 | 0 |
19 | 30 | 10 | 45 | 15 + 10 + 10 + 10 | 45 |
18 | 30 | 10 | 45 | 15 + 10 + 10 + 10 | 45 |
17 | 35 | 7 | 50 | 20 + 20 + 15 + 15 | 70 |
16 | 35 | 7 | 50 | 15 + 20 + 15 + 15 | 65 |
15 | 35 | 6 | 55 | 20 + 15 + 20 + 15 | 70 |
14 | 40 | 6 | 55 | 20 + 15 + 15 + 15 | 65 |
13 | 40 | 5 | 60 | 20 + 20 + 15 + 15 | 70 |
12 | 40 | 5 | 60 | 20 + 15 + 15 + 15 | 65 |
11 | 40 | 5 | 60 | 20 + 15 + 10 + 15 | 60 |
10 | 45 | 4 | 65 | 25 + 20 + 15 + 10 | 70 |
9 | 45 | 4 | 65 | 20 + 20 + 15 + 10 | 65 |
8 | 50 | 4 | 65 | 20 + 15 + 15 + 10 | 60 |
7 | 50 | 3 | 75 | 25 + 20 + 15 + 15 | 75 |
6 | 55 | 2 | 85 | 35 + 25 + 20 + 15 | 95 |
5 | 60 | 2 | 85 | 30 + 25 + 15 + 15 | 85 |
4 | 65 | 1 | 100 | 40 + 30 + 25 + 15 | 110 |
3 | 75 | 1 | 100 | 35 + 25 + 20 + 15 | 95 |
2 | 85 | 0,5 | 120 | 45 + 35 + 25 + 20 | 125 |
1 | 100 | 0,5 | 120 | 35 + 25 + 20 + 15 | 95 |
0,5 | 120 | S | 155 | 55 + 15 + 10 + 10 | 90 |
S | 155 | M | 245 | 145 + 15 + 10 + 10 | 180 |
M | 245 | M | 245 | 145 + 15 + 10 + 10 | 180 |
O | 260 | O | 260 | 160 + 15 + 10 + 10 | 195 |
Quelle: ein großer deutscher Autoversicherer
* unter der Voraussetzung, dass? sich die Typklasse nicht ändert und der Beitrag sich wie der Lebenshaltungskosten-Index entwickelt
(1) in Prozent des Basisbeitrages (Beitragssatz 100 Prozent)
(2) nach vier Jahren in Prozent des Beitrages vor dem Schaden
Tip: Stillegung von Fahrzeugen
Bei unterbrochenem Versicherungsschutz – zum Beispiel wenn das Fahrzeug für einige Zeit stillgelegt wird – gilt folgendes: Bei Stillegung unter sechs Monaten bleibt der Schadenfreiheitsrabatt erhalten, die Zeit wird sogar als unfallfreie Zeit gewertet. Bei Stillegung bis zu einem Jahr gilt die Klasse, die vor der Unterbrechung galt. Bei Stillegung bis zu sieben Jahren dagegen wird der Vertrag für jedes angefangene Jahr um eine Klasse zurückgestuft. Einige Versicherer bieten jedoch günstigere Regelungen an und verändern die Schadenfreiheitsklasse auch bei längeren Unterbrechungen nicht.