Die Beitragskalkulation in der PKV erfolgt nach dem Äquivalenzprinzip. Für die Beitragskalkulation bedeutet dies:
• Die Beitragshöhe hängt vom Umfang der versicherten Leistungen ab.
• Die Beiträge werden vom Lebensalter beeinflusst, da mit steigendem Lebensalter
höhere Gesundheitsleistungen anfallen.
• Der Gesundheitszustand bei Versicherungsbeginn beeinflusst die Beitragshöhe.
• Die Tarife werden für Männer und Frauen jeweils unterschiedlich kalkuliert.
Durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wird auf die geschlechtsspezifische Beitragskalkulation entscheidend Einfluss genommen.
Jeder einzelne Tarif eines Unternehmens muss sich selbst tragen, d. h., die Verpflichtung, die der VR aufgrund des Leistungsversprechens des jeweiligen Tarifs übernimmt, muss jederzeit mittels des Beitrags erfüllbar sein.
Beitragszusammensetzung
Tarifbeiträge für ambulante Heilbehandlung (ohne Selbstbeteiligung) in der Krankheitskostenversicherung, männlicher Versicherter, Eintrittsalter: 40 Jahre
Grundlage der Beitragskalkulation bildet die Verordnung über die versicherungsmathematischen Methoden zur Prämienkalkulation und zur Berechnung der Alterungsrückstellung in der privaten Krankenversicherung (Kalkulationsverordnung – KalV) vom 18. November 1996. Nach den Vorschriften dieser Verordnung hat die Beitragsberechnung nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik unter Verwendung der maßgeblichen Rechnungsgrundlagen zu erfolgen.
– Rechnungsgrundlagen
Für die Beitragskalkulation sind folgende Rechnungsgrundlagen maßgebend.
Rechnungsgrundlagen | Erläuterung |
Rechnungszins | Der Rechnungszins darf 3,5 % nicht überschreiten. |
Ausscheideordnung | Diese enthält die Annahmen zur Sterbewahrscheinlichkeit auf der Grundlage von Sterbetafeln, die unter dem Gesichtspunkt vorsichtiger Risikoeinschätzung festzulegen sind. |
Kopfschäden | Kopfschäden sind die auf einen Versicherten entfallenden durchschnittlichen Versicherungsleistungen pro Jahr, die für jeden Tarif in Abhängigkeit vom Geschlecht und Alter des Versicherten zu ermitteln sind. |
Sicherheitszuschlag | Dieser dient zum Ausgleich zusätzlicher Schwankungen und Fehleinschätzungen in der Kalkulation. |
Sonstige Zuschläge | Dazu gehören die unmittelbaren und mittelbaren Abschlusskosten, die Schadenregulierungskosten, die sonstigen Verwaltungskosten, der Zuschlag für eine erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattung und der Zuschlag für den Standardtarif. |
– Beitragsbestandteile
Die Faktoren der Rechnungsgrundlagen bilden die Grundlage der Beitragskalkulation. Der Beitrag setzt sich im einzelnen aus folgenden Bestandteilen zusammen:
Bestandteile | Zweck |
Risikobeitrag | Erstattung der Versicherungsleistungen; Kopfschäden |
+ Sparbeitrag | Bildung der Alterungsrückstellung (3,5 % Rechnungszins) |
= Nettobeitrag | |
+ Kostenzuschlag | Deckung der allgemeinen Verwaltungskosten sowie Absicherung der Abschluss- und Regulierungskosten (als altersabhängige Stückkosten) |
+ Sicherheitszuschlag | Der Sicherheitszuschlag muss mindestens 5 % des Bruttobeitrags betragen. Er darf nicht bereits in anderen Rechnungsgrundlagen enthalten sein. |
+ Zuschlag für den Standardtarif | Zuschlag für ältere Versicherte (nur für Tarife mit Optionsrecht in den Standardtarif) |
= Bruttobeitrag | |
+ Vorsorgezuschlag | Gesetzlicher Zuschlag in Höhe von 10 % des Bruttobeitrags (unterschiedliche Regelung für Neu- und Bestandskunden) |
+ evtl, individueller Risikozuschlag | Absicherung der vermehrten Leistungen wegen Vorerkrankungen bei einzelnen Versicherten |
+ evtl. Auslandszuschlag | Berücksichtigung von Besonderheiten im Ausland (Abdeckung höherer Kosten) |
= zu zahlender Beitrag |
Für folgende Tarife wird kein Sparanteil gebildet: Tarife für Kinder und Jugendliche, Ausbildungstarife (Private studentische Krankenversicherung, Ärzte im Praktikum, Beamtenanwärter, Referendare), Tarife für Zahnbehandlung/Zahnersatz und Tarife für Auslandsreisekrankenversicherungen.
Da für Kinder und Jugendliche keine Alterungsrückstellungen gebildet werden, ist eine Umstufung des Tarifbeitrags bei der Altersgrenze 15/16 bzw. 20/21 Jahre erforderlich.
– Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist am 18. August 2006 in Kraft getreten. Ziel dieses Gesetzes ist es, Diskriminierungen zu verhindern. Wegen einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität und der Religion oder Weltanschauung ist eine unterschiedliche Behandlung nur dann zulässig, wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht.
Für Versicherungsuntemehmen schreibt das Gesetz ausdrücklich vor, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts bei Prämien oder Leistungen nur zulässig ist, wenn dessen Berücksichtigung bei einer auf relevanten und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Daten beruhenden Risikobewertung ein bestimmender Faktor ist. Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft dürfen auf keinen Fall zu unterschiedlichen Prämien oder Leistungen führen.
Eine unterschiedliche Behandlung wegen Krankheit ist nach wie vor erlaubt, da dieses Merkmal nicht zu den Diskriminierungsgrundsätzen gemäß § 1 AGG gehört.
Gemäß § 33 Abs. 4 Satz 1 AGG ist die geschlechtsneutrale Verteilung der Kosten für Schwangerschaft und Mutterschaft zunächst nur für solche Versicherungsverträge bindend, die ab dem 22. Dezember 2007 abgeschlossen werden. Satz 2 derselben Vorschrift fordert allerdings die Ausdehnung dieser Regelung auch auf den Bestand, sobald die Verträge geändert werden.
– Gesetzlicher Vorsorgezuschlag
Der gesetzliche Vorsorgezuschlag soll dazu dienen, die Beiträge ab dem 65. Lebensjahr stabil zu halten. Der Zuschlag ist für alle Krankheitskosten-Tarife in der substitutiven Krankenversicherung zu zahlen. Er beträgt 10 % des Bruttobeitrages und wird für Neukunden seit 1. Januar 2000 erhoben. Der Vorsorgezuschlag ist nicht für Risikozuschläge zu zahlen. Er fällt zwischen dem 22. und 60. Lebensjahr an. Mit Erreichen des 61. Lebensjahres entfällt der Zuschlag. Bei Arbeitnehmern wird der Vorsorgezuschlag im Rahmen der gesetzlichen Höchstgrenzen vom Arbeitgeber bezuschusst.
Der Zuschlag wird nicht für Krankentagegeld-, Krankenhaustagegeld- und Kurtagegeldversicherungen, Anwartschaftsversicherungen, Ausbildungstarife, Pflegetagegeld- und Pflegepflichtversicherungen erhoben.
Neugeschäft (VAG § 12 Abs. 4 a) | Altbestand (VAG § 12 e) |
• Alle Verträge, die nach dem 31. Dez.1999 abgeschlossen wurden:10 % Zuschlag auf den Bruttobeitrag (ohne Risikozuschläge). • Der Zuschlag wird auch für nach dem 1. Jan. 2000 innerhalb der PKV wechselnde Personen erhoben sowie bei Nachversicherungen von Personen nach diesem Termin bzw. Umstellungen von Teil- in Vollversicherungen. | • Alle Verträge, die am 1. Jan. 2000 bereits bestanden:Ab 1. Jan. 2000 steigt der Bruttobeitrag um jährlich 2 %, bis im Jahr 2005 der volle Vorsorgezuschlag von 10 % erreicht ist.• Den Versicherten stand ein Widerspruchsrecht zu. Sie konnten innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Mitteilung auf Dauer dem Zuschlag widersprechen. Das Widerspruchsrecht galt einmalig bis zum 31. März 2001. |
– Besonderheiten der Beitragskalkulation in der substitutiven Krankenversicherung
Die Beitragskalkulation erfolgt in der substitutiven Krankenversicherung nach Maßgabe der Vorschriften des VAG. Der VR darf daher nur einen nach aufsichtsrechtlichen Vorschriften kalkulierten Beitrag verlangen. Dem VR ist jedoch die Möglichkeit gegeben, mit Rücksicht auf ein erhöhtes Risiko einen angemessenen Risikozuschlag oder einen Leistungsausschluss zu vereinbaren.
Die PKV hatte 1995 erstmals eine eigene Sterbetafel entwickelt. Zum 1. Januar 2001 wurde diese von der Sterbetafel PKV 2001 abgelöst. Zwischenzeitlich liegt die PKV- Sterbetafel 2008 vor.
Der Sterbetafel 2008 liegen biometrische Daten der Jahre 1996 bis 2005 zugrunde. Mit ihr wurde eine Projektion auf das Jahr 2012 vorgenommen.
Die Lebenserwartung Neugeborener liegt nach der PKV-Sterbetafel 2008 bei 86,9 Jahren für Frauen bzw. 83,1 Jahren für Männer.
Die BaFin geht davon aus, dass die Unternehmen die neue Sterbetafel ab dem 1. Januar 2008 bei der Einführung neuer Tarife und bei Prämienanpassungen für den Neuzugang sowie den Bestand einführen, sofern nicht Besonderheiten des Bestandes bzw. von Teilbeständen noch vorsichtigere Annahmen erfordern.
In der substitutiven Krankenversicherung ist für in- und ausländische VR die Kalkulation der Beiträge im Anwartschaftsdeckungsverfahren verbindlich vorgeschrieben, seitdem im Jahr 1994 die Richtlinien für die Aufstellung technischer Geschäftspläne in der Krankenversicherung in das VAG übernommen wurden. Beim Anwartschaftsdeckungsverfahren baut jeder Versicherte selbst seine Alterungsrückstellung auf.
Die wagnisgerechte Beitragskalkulation erfolgt in der PKV durch Aufteilung der Versichertengemeinschaft in homogene Risikogruppen. Nach den Kriterien Geschlecht, Alter und Tarif wird für Männer und Frauen pro Lebensalter ein Beitrag kalkuliert. Eine Wagnisverschiebung ist nicht zulässig. So darf z.B. die Übertragung von Teilen des Frauenwagnisses auf Beiträge der Männer nicht vorgenommen werden. Die Unzulässigkeit der Wagnisverschiebung gilt umgekehrt auch für die Beiträge der Männer und der Kinder. Statistisch wurde bei den Frauen ein größeres Wagnis ermittelt, was sich bei jüngeren Frauen in höheren Beiträgen niederschlägt. Hauptgründe für die höheren Beiträge sind nicht nur die Mehrkosten für Geburt und Schwangerschaft, sondern insbesondere
• die längere Lebenserwartung,
• der höhere Arzneimittelkonsum,
• die häufigeren Arztbesuche,
• Kosten für typische Frauenkrankheiten.
Wird die substitutive Krankenversicherung betrieben, muss ein Verantwortlicher Aktuar bestellt werden.
Dieser hat sicherzustellen, dass bei der Berechnung der Prämien und der mathematischen Rückstellungen die versicherungsmathematischen Methoden eingehalten und die Grundsätze des HGB und VAG beachtet werden. Die Aufgaben des Aktuars in der PKV sind insbesondere:
• statistische Ermittlung von Sterbewahrscheinlichkeiten, Kopfschadenreihen und
Stornowahrscheinlichkeiten;
• Tarifierung und Prämienkalkulation aufgrund versicherungsmathematischer
Methoden (Risiko-, Netto-, Bruttobeitrag);
• versicherungstechnische Durchführung von Tarifänderungen
(Beitragsanpassungen, individuelle Umstellungen);
• Ermittlung der versicherungstechnischen Rückstellungen, z. B.
Alterungsrückstellung, Rückstellung für Beitragsrückerstattung;
• Durchführung der Nachkalkulation.
Nach dem VAG dürfen die Beiträge für das Neugeschäft nicht niedriger sein als die Beiträge, die sich im Altbestand für gleichaltrige Versicherte ohne Berücksichtigung ihrer Alterungsrückstellung ergeben würde.
– Beitragskalkulation in der privaten Pflegepflichtversicherung
Während die soziale Pflegeversicherung das Umlageverfahren kennt, erfolgt die Beitragskalkulation in der privaten Pflegepflichtversicherung nach dem Anwartschaftsdeckungsverfahren. Die Beiträge werden nach dem Alter des Versicherten bei Eintritt in die Versicherung festgesetzt und enthalten einen Sparanteil für die Bildung der Alterungsrückstellung. Sie sind im Gegensatz zur privaten Krankenversicherung aber für Männer und Frauen gleich hoch.
Aufgrund der Versicherungspflicht seit dem 01. Jan. 1995 gelten folgende besonderen Regelungen:
Für Bestandskunden, die versicherungspflichtig wurden, ist der Beitrag von Anfang an auf den Höchstbeitrag in der sozialen Pflegeversicherung begrenzt, die Kinder sind beitragsfrei eingeschlossen, und Ehegatten ohne eigenes Einkommen erhalten einen Beitragsrabatt..
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften sind für die Pflegebedürftigen der versicherungspflichtig gewordenen Bestandskunden sofort Leistungen zu erbringen.
Durch diese Vorschriften entstehen den PKV-Unternehmen Beitragsausfälle, die durch den übrigen Bestand getragen werden. Die Zusammensetzung der Altersstruktur und der Anteil mitversicherter Kinder und Ehegatten fallen bei den verschiedenen Unternehmen sehr unterschiedlich aus und führen deshalb zu ungleichen Risikostrukturen. Das SGB XI schreibt aus diesem Grund einen brancheneinheitlichen Risikoausgleich vor. Die PKV-Unternehmen, die eine Pflegepflichtversicherung betreiben, sind deshalb einem Pool beigetreten, der den finanziellen Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen durchführt. Auf der Basis gemeinsamer Kalkulationsgrundlagen wird von diesem Pool ein für alle Unternehmen einheitlicher Nettobeitrag kalkuliert.
Beitragsunterschiede beschränken sich daher zunächst auf die Verwaltungskostenzuschläge, die von jedem Unternehmen selbst festgesetzt werden.
Einflüsse auf die Beitragskalkulation in der privaten Pflegepflichtversicherung | ||
Versicherungsbeginn zum 1. Jan. 1995 | Versicherungsbeginn nach 1. Jan. 1995 | |
keine Staffelung der Prämien nach Gesundheitszustand | X | |
keine Staffelung der Prämien nach Geschlecht | X | X |
keine Prämienhöhe, die den Höchstbeitrag der sozialen Pflegeversicherung übersteigt | X | X(erst nach 5 Jahren Versicherung) |
beitragsfreie Mitversicherung der Kinder | X | X |
Prämienbegrenzung für Ehepaare mit 1 Geringverdiener bei 1 50 % des Höchstbeitrages der sozialen Pflegeversicherung | X |