Die Versichertenfalle: Unfallversicherung mit Prämienrüskgewähr
Die Versicherungen kennen ihre Pappenheimer: Versicherte geben nicht gerne jahrelang Geld aus für eine Versicherung, die sie am Ende nicht gebraucht haben. Das habe sich dann ja nicht gelohnt, heißt es dann, auch wenn die Betroffenen eigentlich froh sein sollten, wenn sie ihre Unfall- oder Lebensversicherung nicht gebraucht haben. Schon bei der Lebensversicherung haben die Versicherungen daher die Kapital-Lebensversicherung erfunden. Nun soll das Konzept offenbar auch noch auf andere Sparten übertragen werden. Seit einiger Zeit bieten mehrere Gesellschaften die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr (UPR) an. Der Trick: Die Vertreter können nun den Kunden damit locken, dass er am Ende der Laufzeit Geld zurückbekommt – mit Gewinnbeteiligung, auch wenn die Versicherung in Anspruch genommen wurde, heißt es dann. Doch an den Gewinnen der Versicherungen ist der Kunde leider nicht beteiligt. Er koppelt lediglich die an sich preiswerte Unfallversicherung mit einem mager verzinsten Sparvertrag. Die Kalkulation des Produktes ist wie folgt: Die Prämie bei der UPR ist gut fünfmal so hoch wie bei der privaten Unfallversicherung. Vier Fünftel der Prämie werden angespart, und nach 30 Jahren liegt der Auszahlungsbetrag knapp unter 190 Prozent der gezahlten Beiträge. Sie bekommen also mehr zurück, als sie gezahlt haben, doch rechnen Sie einmal nach: Ihre Rendite liegt bei unter 4 Prozent im Jahr. Denn auf den Sparanteil werden nur geringe Überschussbeteiligungen gezahlt.
Da ist das Geld in festverzinslichen Wertpapieren besser angelegt. Übrigens erzielen die Versicherungen selbst mit ihren Geldern – trotz aller Kritik – wesentlich mehr: Rund 7 Prozent Rendite sind durchaus normal. Allerdings ist die Ausschüttung der UPR bei einer Laufzeit von mindestens 12 Jahren steuerfrei. Für die schlechte Rendite für die Versicherten bei der UPR gibt es zwei Gründe: Erstens gehören alle UPR-Anbieter nicht zu den günstigsten Anbietern der Unfallversicherung. Zweitens liegt die Gewinnbeteiligung nur knapp über der Mindestgrenze. Wie in der Lebensversicherung müssen mindestens 90 Prozent der erwirtschafteten Überschüsse an die Versicherten weitergegeben werden. Doch in der UPR hat sich hier noch kein Wettbewerb wie in der Lebensversicherung durchgesetzt, wo die meisten Gesellschaften mehr als 95 Prozent an die Versicherten geben. Zudem haben die Gesellschaften einen gewissen Spielraum, wie sie ihre Kosten intern aufschlüsseln. Das Angebot ist jedoch äußerst erfolgreich. Die Allianz Versicherung hat einen Marktanteil von 60 Prozent erreicht und nimmt jährlich rund 500 000 € Prämie aus der UPR ein. Auch die inzwischen am Markt befindlichen Konkurrenten wie R+V, Colonia, Gerling und Signal melden hohe Zuwachsraten. Besonders erfolgreich sind die Vertreter beim Verkauf der UPR für Kinder. Das Argument: Damit können die Eltern gleichzeitig für die finanzielle Zukunft ihrer Kinder sorgen. Die schlechte Rendite wird natürlich verschwiegen. Auch das einzige Argument für UPR – die Steuerfreiheit der Erträge – gilt mit den Steuerfreibeträgen von 3 000 € für Ledige und 6 000 € für Verheiratete nur eingeschränkt: Wer bereits einen Herzinfarkt hatte und daher von den Lebensversicherungen abgelehnt wurde, kann durch die UPR steuerfrei fürs Alter Vorsorgen und die Beiträge im Rahmen der Höchstbeträge als Vorsorgeaufwendungen von der Steuer absetzen. Das kann sich für Besserverdiener durchaus lohnen. Angesichts des großen Erfolges der UPR ist wohl damit zu rechnen, dass demnächst auch Angebote für eine Haftpflichtversicherung und eine Hausratversicherung mit Prämienrückgewähr kommen. Die Versicherten sollten die Finger davon lassen. Das Beste an solchen Konstruktionen für den Kunden sind die Kündigungsfristen: Die UPR kann jährlich gekündigt werden. Das ist zwar mit Verlusten verbunden, doch je weniger weit die Laufzeit fortgeschritten ist, desto günstiger ist die Kündigung im Vergleich zum fortgesetzten Zahlen überteuerter Prämien. Nur gegen Ende der Laufzeit ist es besser, die Zähne zusammenzubeißen und durchzuhalten.
Die Wahl der richtigen Unfallversicherung
Ein Preisvergleich lohnt in jedem Fall: Die Preisunterschiede betragen bis zu 300 Prozent – bei identischen Leistungen, versteht sich. Günstige Versicherer sind Cosmos, Debeka, Dialog, HUK-Coburg, Neu Rotterdam, VHV, Medien Versicherung und Securitas. Einige Versicherungen beteiligen ihre Kunden am Überschuss und zahlen einen bestimmten Prozentsatz des Jahresbeitrags zurück. Altere Versicherte haben es schwer, einen Versicherer zu finden: Schon jüngere Versicherte müssen teilweise Risikozuschläge zahlen, wenn der Vertrag bis ins Alter hinein gelten soll. Viele Versicherer lehnen Kunden ab, die ein bestimmtes Alter (je nach Gesellschaft zwischen 64 und 75 Jahren) überschritten haben. Als Laufzeit sollte stets nur ein Jahr gewählt werden, auch wenn der Beitrag etwas teurer ist als bei fünf- oder zehnjährigen Verträgen. Je kürzer die Laufzeit, desto flexibler ist der Versicherte. Die angebotenen reinen Freizeit-Unfallversicherungen sind übrigens meist ebenso teuer wie die kompletten Unfallversicherungen der günstigen Anbieter. Der teuerste Anbieter liegt bei 1,90 € je 1 000 € Versicherungssumme in Gruppe A.
Die Kündigung einer Unfallversicherung
Die Ausstiegsmöglichkeiten sind im wesentlichen auf den Versicherungsfall beschränkt – einen Unfall. Die beiden anderen Möglichkeiten, zu einem Vertragsende zu kommen, sind vollständige Arbeitsunfähigkeit oder Tod des Versicherten.
Schadenfall. Im Versicherungsfall kann der Versicherte kündigen, wenn der Versicherer eine Entschädigung zahlt, der Versicherte wegen einer Entschädigung klagt oder der Versicherer eine Entscheidung des Ärzteausschusses beantragt. Allerdings müssen bestimmte Fristen eingehalten werden: Die Kündigung muss innerhalb eines Monats ausgesprochen werden, nachdem die Entschädigung gezahlt wurde, die Klage anerkannt oder zurückgezogen wurde, nach einem Vergleich oder rechtskräftigen Urteil oder nach dem Spruch des Ärzteausschusses. Nach den alten Versicherungsbedingungen (bis 1987) darf sich der Versicherte dann sogar aussuchen, ob die Kündigung sofort oder zum Ende des Versicherungsjahres in Kraft treten soll. Nach den neuen Versicherungsbedingungen (ab 1988) wird die Kündigung automatisch einen Monat nach Eingang bei der Gesellschaft wirksam. Die Prämie muss nur bis zum tatsächlichen Vertragsende gezahlt werden.