►Tarifvertrag
Der Tarifvertrag ist ein Kollektivarbeitsvertrag zwischen den Tarifpartnern, in dem
die Arbeitsbedingungen gewöhnlich für ganze Berufsgruppen eines Wirtschaftszweiges in freien Verhandlungen einheitlich festgelegt werden.
a) Arten der Tarifverträge
Man unterscheidet:
• nach den Tarifpartnern: Firmen- oder Haustarife und Verbandstarife.
Beispiele:
Haustarif der Hamburg-Mannheimer Versicherungs-AG
Verbandstarif mit der Gewerkschaft Ver.di.
• nach dem räumlichen Geltungsbereich: Werks- und Flächentarife (Bezirks-, Landes- und Bundestarife).
Beispiel:
TVöD = Tarifvertrag öffentlicher Dienst.
• nach dem Inhalt:
1. Rahmentarife (Manteltarife). Sie enthalten allgemeine Arbeitsbedingungen, die für längere Zeit gleich bleiben (Arbeitszeit, Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, Urlaub, Kündigungsfristen, Weiterbildung u.a.), sowie Bestimmungen über ein Schiedsgericht zur Beilegung von Streitigkeiten.
2. Lohn- und Gehaltstarife. Sie enthalten den Gruppenplan, in dem die Arbeitnehmer nach ihrer Vorbildung (gelernte, angelernte, ungelernte Tätigkeit) oder nach dem Schwierigkeitsgrad ihrer Arbeitsaufgabe (Arbeitswert) in verschiedene Lohn- oder Gehaltsgruppen eingeteilt sind, und die Lohnsätze für die einzelnen Lohn- oder Gehaltsgruppen. Bei Lohntarifen wird ein Grundlohn vereinbart, der die Grundlage (100%) für Zu- und Abschläge nach Lohngruppen, Arbeitswerten oder Lebensjahren ist.
Der Gruppenplan kann auch in einem besonderen Lohnrahmentarif festgelegt sein. Der Lohntarif enthält dann nur die sich häufig ändernden Lohnsätze.
3. Arbeitszeittarife. Sie regeln die täglichen und wöchentlichen Arbeitszeiten der Arbeitnehmer, sofern sie nicht schon im Rahmentarif vereinbart sind.
4.Tarifverträge über Sonderleistungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Vermögensbildung).
5.Tarifverträge über Qualifizierungsmaßnahmen (Recht auf Weiterbildung),
b) Wirkungen der Tarifverträge
– Erfüllungspflicht
Die Vertragsparteien sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Mitglieder die Verträge verwirklichen und sich an ihre Bestimmungen halten. Dabei ist der Grundsatz der Unabdingbarkeit zu beachten. Danach dürfen die Bedingungen eines Einzelarbeitsvertrages für den Arbeitnehmer nicht ungünstiger sein als die des Tarifvertrages, auch wenn der einzelne Arbeitnehmer mit einer Schlechterstellung einverstanden wäre.
►Friedenspflicht
Während der Gültigkeit des Vertrages dürfen keine Kampfmaßnahmen gegen die Vereinbarungen ergriffen werden.
►Nachwirkung
Der Tarifvertrag endet mit Ablauf der in ihm festgelegten Zeitdauer, bei Abschluss auf unbestimmte Zeit durch Kündigung oder durch Abschluss eines neuen Tarifvertrags. Die Bestimmungen des alten Tarifvertrags bleiben auf jeden Fall so lange in Kraft, bis ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen ist.
c) Bedeutung der Tarifverträge
Die Bedeutung der Tarifverträge liegt im Wesentlichen in den folgenden drei Funktionen:
• Schutzfunktion. Der Tarifvertrag soll den einzelnen Arbeitnehmer davor schützen, dass der wirtschaftlich stärkere Arbeitgeber bei der Festlegung der Arbeitsbedingungen einseitig seine Forderungen durchsetzt. Der Tarifvertrag dient damit der Chancengleichheit zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite.
• Ordnungsfunktion. Die Tarifverträge führen zu einer Typisierung der Arbeitsverträge, zu einer Überschaubarkeit der Personalkosten und damit zu einer autonomen Ordnung des Arbeitslebens.
• Friedensfunktion. Der Tarifvertrag schließt während seiner Laufzeit Arbeitskämpfe und neue Forderungen hinsichtlich der in ihm geregelten Bedingungen aus.
►Sozialpartner und Tarifautonomie
Unter Tarifautonomie versteht man das Recht der Sozialpartner (Tarifvertragsparteien), eigenständig in Tarifverträgen Arbeitsbedingungen festzusetzen. Als Sozialpartner werden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände bezeichnet,
a) Arbeitgeberverbände (Unternehmerorganisationen)
Sie dienen zur Wahrung der Interessen der Unternehmer gegenüber den Arbeitnehmern (Tarifverträge) oder gegenüber dem Staat (Gesetzgebung).
Es gibt folgende Unternehmerverbände:
• Organisationen mit beruflich-fachlichen Aufgaben, z.B. Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Verband der privaten Krankenversicherung e.V. und die Zentralverbände der übrigen Wirtschaftszweige;
• Organisationen mit tarif- und sozialpolitischen Aufgaben. In der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sind 54 Bundesfachverbände und 14 Landesvereinigungen zusammengeschlossen.
Beispiele:
Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland, München; Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V., Wiesbaden; Bundesvereinigung der Fachverbände des Deutschen Handwerks, Bonn; Hauptverband des Deutschen Einzelhandels e.V., Köln; Arbeitgeberverband des privaten Baugewerbes e.V., Köln; Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels e.V., Bonn.
b) Arbeitnehmerverbände (Gewerkschaften)
Die Gewerkschaften sind Vereinigungen der Arbeitnehmer zur Förderung und Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Das Recht zum Zusammenschluss ist im Grundgesetz verankert (Koalitionsfreiheit). Der Beitritt zu einer Gewerkschaft ist freiwillig.
Im Einzelnen haben sich die Gewerkschaften folgende Aufgaben gestellt:
• Kampfaufgabe. Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen, um die Lebensqualität der Arbeitnehmer zu heben (Lohn- und Gehaltserhöhung, Arbeitszeitverkürzung, Mitbestimmung), gegebenenfalls mithilfe des Streiks, des klassischen Kampfmittels der Gewerkschaften.
• Bildungsaufgabe. Berufliche Weiterbildung und Umschulung, Leistungssteigerung durch Vorträge, Kurse, Arbeitsgemeinschaften, Berufswettkämpfe, Mitwirkung im Berufsbildungsausschuss und in den Prüfungsausschüssen.
• Rechtliche Aufgabe. Abschluss von Tarifverträgen, Rechtshilfe und Rechtsschutz für die Arbeitnehmer und Auszubildenden bei den Arbeitsgerichten, Mitbestimmungsrecht in den Betrieben.
• Wirtschaftspolitische Aufgabe. Verbesserung der Wirtschafts- und Sozialordnung (Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer, Sozialversicherungsreform).
c) Aufgabe der Verbände
Die wichtigste Aufgabe der Verbände ergibt sich aus der im Grundgesetz geregelten Befugnis, Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen. Verhandlungsgegenstand
sind allgemeine Arbeitsbedingungen, Löhne und Gehälter, Arbeitszeiten sowie Sonderleistungen.