Krankenversicherung
Die Mehrheit der Bundesbürger ist in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Sie kann zwischen unterschiedlichen Orts-, Ersatz-, Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie seit kurzem der Knappschaft (am 1. Januar 2008 Zusammenschluss mit Seekrankenkasse) wählen. Nur wer als Arbeitnehmer mit seinem Einkommen drei Jahre lang über der Jahresarbeitsentgeltgrenze (sog. Pflichtgrenze) liegt, selbstständig, freiberuflich tätig oder Beamter ist, kann entscheiden, ob er sich privat oder gesetzlich versichert. Außerdem gibt es inzwischen eine Fülle von privaten Zusatzversicherungen, die Lücken der gesetzlichen Kassen schließen sollen und um die Gunst (und das Geld) der gesetzlich Versicherten werben. Welche Kriterien Sie bei Ihrer Entscheidung berücksichtigen müssen und welche der Zusatzangebote Sinn machen, erläutern wir in diesem Artikel.
Gesetzliche Krankenversicherung
Versicherungspflicht für 90 Prozent der Bevölkerung
Krankenversicherungsschutz ist unverzichtbar. Gesundheit ist ein hohes Gut. Eine chronische Erkrankung, eine komplizierte Operation oder ein langer Krankenhausaufenthalt können rasch teuer werden. Um eine ausreichende und bezahlbare Gesundheitsversorgung zu ermöglichen, besteht deshalb für die meisten Arbeitnehmer eine Versicherungspflicht. Wenn Ihr jährliches Bruttoeinkommen unterhalb eines festgelegten Betrags liegt, müssen Sie sich in einer gesetzlichen Krankenkasse versichern. Diese so genannte Jahresarbeitsentgeltgrenze (= Versicherungspflichtgrenze) wird jährlich angepasst und beträgt 49.950 Euro im Jahr 2010. Wer drei Jahre lang mehr verdient, selbstständig oder Beamter ist, kann wählen, ob er sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder privat versichert (vgl. dazu Privat oder gesetzlich versichern).
Ebenfalls pflichtversichert sind
> Auszubildende, Studierende, Praktikanten,
> Rentner mit bestimmten Vorversicherungszeiten,
> Arbeitslose, die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit erhalten,
> ALG Il-Empfänger, (aber nicht, wenn sie z. B. unmittelbar zuvor privat versichert oder selbstständig waren)
> Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige,
> Künstler und Publizisten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz.
Über die Familienversicherung können Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und minderjährige Kinder beitragsfrei mitversichert werden. Kinder, die sich noch in der Schul- oder Berufsausbildung befinden, können bis zum vollendeten 25. Lebensjahr mitversichert werden. Wichtige Voraussetzung ist, dass Ihr Einkommen eine bestimmte Höhe (365 Euro monatlich bzw. 400 Euro Mini-Job für geringfügig Beschäftigte im Jahr 2010 nicht überschreitet.
Sozialhilfeempfänger sind die gesetzlich versicherten Personen leistungsrechtlich gleichgestellt und erhalten von der Kasse eine Chipkarte, sind aber keine Mitglieder. Sie können auch in der privaten Krankenversicherung versichert sein, wenn sie dieser angehören oder ihr zuzurechnen sind. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung werden für Sozialhilfeempfänger von den Sozialhilfeträgern übernommen. Sind diese Privatversicherte werden Beitrage übernommen, soweit sie angemessen sind.
→ Individuelle Fragen beantwortet das Bürgertelefon des Ministeriums unter 01805-996602 (0,14 Euro/Min.). Eine Beratung erhalten Sie auch von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD), die Sie unter 0800-0 11 77 22 kostenfrei erreichen können.
→ Studierenden steht es grundsätzlich frei, zwischen der studentischen Krankenversicherung und der Familienversicherung (bis 25 Jahre möglich) zu wählen. Unter Kostengesichtspunkten ist die Familienversicherung generell günstiger. Wenn Studierende neben dem Studium arbeiten, dürfen dabei jedoch die Einkommensgrenzen für die Familienversicherten nicht überschritten werden.
Fast identische Leistungen
Die Angebote der gesetzlichen Krankenversicherungen unterscheiden sich kaum. Etwa 95 Prozent der Leistungen sind per Gesetz vorgeschrieben. Detailregelungen legt der Gemeinsame Bundesausschuss fest. Ihm gehören Vertreter der Ärzteschaft und der gesetzlichen Krankenkassen an, außerdem nehmen Patientenvertreter beratend teil. Nur in einigen Bereichen können die Kassen Zusatzleistungen, so genannte Satzungsleistungen, anbieten (vgl. dazu Sonderleistungen – Extras, die sich lohnen? ). Auch müssen die Kassen bestimmte Wahltarife, wie z. B. Hausarztmodelle, anbieten. Weitere WahHarife, wie Selbstbehalt Tarife, können die Krankenkassen zusätzlich im Angebot haben (vgl. Wahltarife).
Gesetzlich festgelegte Leistungen
Der gesetzliche Pflichtkatalog umfasst nicht nur medizinische Hilfe bei Krankheit, sondern auch die Früherkennung und Verhütung von Erkrankungen. Als Versicherter haben Sie Anspruch auf ein breites Spektrum an Gesundheitsleistungen:
Arzt und Zahnarzt
> Sie können den Arzt und Zahnarzt unter allen niedergelassenen (Zahn-)Ärzten mit Kassenzulassung frei wählen. Das Honorar für zugelassene Leistungen wird aber nicht immer in vollem Umfang von der Kasse bezahlt, wie z.B. beim Zahnersatz. Kosten für Heilpraktiker darf die Krankenkasse nicht übernehmen.
> Bei der Zahnbehandlung werden die Kosten für Regelleistungen wie Amalgamfüllungen getragen. Für Inlays mit anderen Materialien, wie zum Beispiel Keramik oder Gold, zahlt die Kasse ebenfalls nur einen Zuschuss in derselben Höhe. Die wesentlichen Mehrkosten haben Sie in diesen Fällen selbst zu tragen.
> Beim Zahnersatz (z. B. Kronen, Brücken, Prothesen) zahlt die Kasse seit 2006 einen so genannten befundbezogenen Festzuschuss. Er beträgt bei einer Regelversorgung z. B. mit metallischen Kronen etwa 50 Prozent der Kosten für Behandlung und zahntechnische Herstellung. Bei regelmäßiger Zahnpflege und Vorsorge kann er sich bis auf 65 Prozent (Nachweis durch Bonusheft) erhöhen. Zuschüsse gibt es auch für andersartige Versorgung, z. B. für Implantate oder eine voll verblendete Krone. Sie erhalten aber auch in diesen Fällen nur den Festkostenzuschuss. Die teilweise erheblichen Mehrkosten, insbesondere bei Implantaten, gehen zu Ihren Lasten.
> Kieferorthopädische Behandlungen wie Zahnspangen werden bis zum 18. Lebensjahr übernommen. Nur bei Vorliegen der kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) mit den Graden 3, 4 und 5 besteht ein Leistungsanspruch.
> Bei einer psychotherapeutischen Behandlung richtet sich die maximale Anzahl der Sitzungen nach der zu behandelnden Erkrankung, dem Einzelfall und der jeweiligen Therapieform. Bei der analytischen Psychotherapie können z.B. maximal bis zu 300 Sitzungen bei einem ärztlichen oder psychologischen Therapeuten gezahlt werden. Erstattungsfähige Therapieformen sind die analytische Psychotherapie (Psychoanalyse), tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und Verhaltenstherapie. Bei schweren psychischen Erkrankungen finanzieren die Kassen eine Betreuung durch einen Sozialtherapeuten, wenn sich dadurch ein Krankenhausaufenthalt vermeiden oder verkürzen lässt.
> Bei Schwangerschaft und Geburt sind Betreuung und Nachsorge durch Arzt und Hebamme sichergestellt. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt die Kasse für die Hälfte der Kosten einer künstlichen Befruchtung auf.
Auf Verordnung des Arztes zahlt die Krankenkasse für bis zu vier Wochen die Kosten für häusliche Krankenpflege. Diese ist normalerweise begrenzt auf die Behandlungspflege (z.B. Wundversorgung, Spritzen). Für die Grundpflege wie Waschen, Hilfe beim Essen und die hauswirtschaftliche Versorgung wie Einkäufen und Putzen kommen die Kassen meist auf, wenn dadurch ein Krankenhausaufenthalt verkürzt oder vermieden werden kann. Voraussetzung dafür ist aber, dass kein anderes Haushaltsmitglied die Pflege übernehmen kann.
> Die Kosten für eine Haushaltshilfe trägt die Krankenkasse, wenn während einer häuslichen Krankenpflege, eines Krankenhaus- oder Kuraufenthalts mindestens ein Kind unter zwölf Jahren oder ein behindertes Kind zu Hause versorgt werden muss und kein Familienmitglied dazu in der Lage ist.
> Bei einer Zahnersatz-Behandlung sollten Sie die Kostenfrage vor Beginn klären. Der Zahnarzt muss Ihnen vor der Behandlung einen detaillierten und kostenlosen Heil- und Kostenplan erstellen. Dieser muss den Befund, die Regelversorgung sowie die tatsächlich vorgesehene Behandlung mitsamt Kosten enthalten. Außerdem ist gesetzlich vorgeschrieben, dass der Zahnarzt mit Ihnen schriftlich eine Mehrkostenvereinbarung abschließt, aus der hervorgeht, welche Kosten Sie selbst tragen müssen. Holen Sie außerdem zum Vergleich Angebote bei anderen Zahnärzten ein.
→ Informationen über die Regelleistungen erhalten Sie bei Ihrer Krankenversicherung, bei der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Gemeinsamen Bundesausschuss. Eine Liste mit Festzuschüssen finden Sie online unter g-ba de.
→ Für Versicherte mit geringem Einkommen gilt beim Zahnersatz eine Härtefallregelung. Alleinstehende mit einem monatlichen Brutto-Einkommen bis zu 1.022 Euro (2010) müssen bei der Regelversorgung gar keine Zuzahlung leisten. Danach beginnt eine gleitende Härlefallregelung mit einem Anspruch auf eine teilweise Restkostenübernahme abhängig vom Einkommen. Erkundigen Sie sich hierzu bei Ihrer Krankenkasse.
Krankenhaus, Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen (Kuren)
Übernommen werden die Kosten für eine Behandlung oder stationäre Entbindung in einem nahe gelegenen, geeigneten Krankenhaus. Abgedeckt ist die Vergütung für das Krankenhaus, die pro Fall (DRG-Fallpauschale) gezahlt wird. Darin eingeschlossen sind die Arzt-und Pflegekosten, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel sowie die Verpflegung und Unterbringung im Mehrbettzimmer (allgemeine Pflegekasse). Mehrkosten für eine teurere, weiter entfernt liegende Klinik, Chefarztbehandlung, Einzel- oder Zweibettzimmer muss der Patient selbst tragen.
> Vergleichbare Kosten übernimmt die Kasse bei einer stationären Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme (Kur) in zugelassenen Einrichtungen. Diese Leistungen gibt es normalerweise nur alle vier Jahre und für einen Aufenthalt von maximal drei Wochen.
> Bei ambulanten Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen sind die Leistungen beschränkt auf die ärztliche Behandlung, Medikamente, Heil- und Hilfsmittel. Die Dauer ist für Vorsorge auf maximal drei Wochen begrenzt.
> Auch Mutter- und Vater-Kind-Kuren gehören zu den Regelleistungen.
> Für einen Hospizaufenthalt gewähren Kassen einen Zuschuss.
→ Klären Sie die Kostenfrage vorab mit der Kasse, wenn Sie nicht in eines der nächstgelegenen Krankenhäuser eingewiesen werden wollen.
Prävention und Früherkennung von Krankheiten
> Zur Prävention gehören die Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt, Vorsorgeleistungen für Schwangere und Neugeborene, Beratung zur Empfängnisverhütung, Sterilisation und Schwangerschaftsabbruch in medizinisch begründeten Fällen sowie die bereits erwähnten Vorsorgekuren.
> Zur Früherkennung von Krankheiten übernimmt die Krankenversicherung die Kosten für Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen sowie ab bestimmten Altersgrenzen für ausgewählte Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Nieren- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Arznei-, Heil und Hilfsmittel, Fahrtkosten
> Die Kasse kommt für verschreibungspflichtige Arzneimittel auf. Bei schwerer Krankheit kann sie außerdem für einige rezeptfreie Mittel, die in der kleinen Positivliste aufgeführt sind (z. B Misteltherapie bei Krebs im Endstadium, Aspirin nach Herzinfarkt oder Schlaganfall) zahlen. Für bestimmte Arzneimittel und Wirkstoffkombinationen erstattet die Kasse einen festgelegten Höchstbetrag. Wird ein teureres Medikament verschrieben, müssen Sie als Patient die Mehrkosten tragen.
> Aus eigener Tasche müssen Patienten ab zwölf Jahren rezeptfreie Medikamente bezahlen, Bagatellarzneimittel (z B. Kopfschmerz-, Erkältungs- und Abführmittel) für Patienten ab 18 Jahren sowie Verhütungsmittel und so genannte Lifestyle-Mittel wie Appetithemmer und Potenzmittel.
> Für Heilmittel wie Krankengymnastik, Massage, Sprach- oder Ergotherapie zahlt die Krankenkasse, wenn sie vom Arzt verordnet werden und in der Heilmittel-Richtlinie aufgenommen sind. Ausgeschlossen ist daher eine Kostenübernahme für nicht zugelassene Heilmittel wie Musiktherapie. Leistungen dürfen nur Fachleute wie Physiotherapeuten erbringen
> Für ärztlich verordnete Hilfsmittel wie Rollstühle, Prothesen, Hörgeräte und Brillen zahlt die Kasse Festbeträge. Wem die einfache Ausführung nicht zusagt, der muss die Mehrkosten privat übernehmen. Bei Hilfsmitteln wie Inkontinenzhilfen, die verbraucht werden, werden 90 Prozent erstattet. Zuschüsse für Brillen erhalten nur noch Kinder und schwer Sehbehinderte. Messgeräte werden nur erstattet, wenn sie zur ständigen Überwachung einer Krankheit erforderlich sind.
> Bezahlt werden Fahrtkosten zu stationären und bestimmten ambulanten Behandlungen wie Dialyse, Chemo- und Strahlentherapie sowie bei schweren Behinderungen. Auf Verordnung des Arztes können sie auch in weiteren vergleichbaren Krankheitsfällen übernommen werden.
→ Welche Kosten die Krankenkassen übernehmen, erfahren Sie beim Gemeinsamen Bundesausschuss (g-ba*de). Dort können Sie auch das Hilfsmitteiverzeichnis sowie die Heilmittel-Richtlinien und den Heilmittel-Katalog des Gemeinsamen Bundesausschusses ab-rufen, in denen steht, welche Heil- und Hilfsmittel verordnet werden dürfen. Außerdem finden Sie Informationen, wann die Kasse bei einer Sehschwache zahlt.
→ Wenn für ein Medikament Festbeträge festgelegt sind, muss der Arzt Sie informieren, wenn er Ihnen ein teureres Mittel verschreiben will. Besprechen Sie daher mit ihm, welche Arzneimittel zum Festbetrag in Betracht kommen. Lassen Sie sich in der Apotheke beraten. Der Apotheker muss auf Ihren Wunsch ein preisgünstigeres Medikament mit den gleichen Wirkstoffen abgeben. Voraussetzung ist, dass der Arzt auf dem Rezept nicht ausschließt, dass das verordnete Medikament durch ein anderes ersetzt wird (Aut.-idem-Regelung). Alternativ kann er Ihnen nur einen bestimmten Wirkstoff verschreiben und kein bestimmtes Arzneimittel. Mit einem billigeren Medikament verringert sich auch die Zuzahlung.
→ Sparen können Sie bei rezeptfreien Arzneimitteln – und zwar gleich mehrfach. Erstens lohnt sich ein Preisvergleich, denn die Preisbindung wurde aufgehoben. Auch eine Bestellung im Versandhandel kann sich auszahlen. Dabei müssen Sie aber die Versandkosten sowie die Lieferzeiten mit einkalkulieren. Zweitens sollten Sie sich erkundigen, ob es ein preisgünstigeres Medikament mit dem gleichen Wirkstoff gibt. Denn oft bieten verschiedene Hersteller den gleichen Wirkstoff in unterschiedlichen Präparaten und zu unterschiedlichen Preisen an. Billiger sind auch Nachahmerprodukte, die so genannten Generika, weil der Patentschutz abgelaufen ist.
→ Achten Sie bei der Online-Bestellung darauf, dass die Versandapotheke seriös ist und z.B. von der zuständigen Behörde zugelassen wurde.
→ Erkundigen Sie sich bei Ihrer Kasse nach preisgünstigen Anbietern von Hilfsmitteln. Einige Hilfsmittel werden leihweise zur Verfügung gestellt.
→ Lassen Sie sich Fahrten zur ambulanten Behandlung auf jeden Fall vorher von der Kasse genehmigen.
Finanzielle Leistungen
> Kranke Arbeitnehmer erhalten zunächst noch sechs Wochen Lohn oder Gehalt vom Arbeitgeber. Danach zahlt die Krankenversicherung ein Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des regelmäßigen Bruttogehalts, maximal 90 Prozent des Nettoarbeitsentgeltes. Anspruch auf Krankengeld besteht für 78 Wochen innerhalb von drei Jahren.
> Für jedes mitversicherte Kind unter zwölf Jahren stehen Ihnen bei Erkrankung bis zu zehn Tage Krankengeld zu, wenn keine andere Person im Haushalt die notwendige Pflege übernehmen kann. Bei mehreren Kindern können Sie maximal 25 Tage beanspruchen, als alleinerziehender Elternteil jeweils die doppelte Tageszahl. Bei behinderten und schwerstkranken Kindern gilt diese Altersbegrenzung nicht.
> Mutterschaftsgeld wird für sechs Wochen vor und acht Wochen (zwölf Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten) nach der Geburt bewilligt. Die Kasse übernimmt maximal 13 Euro pro Kalendertag. Durch Arbeitgeber und Bundeszuschuss wird das Mutterschaftsgeld auf das durchschnittliche Nettoeinkommen der letzten drei Monate vor der Geburt aufgestockt. Es muss bei der zuständigen Kasse beantragt werden.
Sonderleistungen – Extras, die sich lohnen?
Neben den Pflichtleistungen haben die Kassen in begrenztem Umfang Spielraum für zusätzliche Leistungen. Je nach Ausgestaltung und den eigenen Bedürfnissen bringen diese so genannten Satzungsleistungen den Versicherten Vorteile oder aber Extras, die kaum mehr sind als gute Werbung. Interessante Angebote finden Sie vor allem für chronisch Kranke und Versicherte mit Kindern.
> Einige Krankenkassen bieten erweiterte Leistungen bei der häuslichen Krankenpflege, insbesondere für die Grundpflege und häusliche Versorgung. Sie werden beispielsweise auch übernommen, wenn keine Krankenhausbehandlung ansteht.
> Eine Haushaltshilfe stellen einige Kassen bereits dann zur Verfügung, wenn der Kranke keine häusliche Pflege erhält, aber den Haushalt nicht führen kann oder wenn ein Kind ins Krankenhaus begleitet werden soll. Unterschiede bestehen weiter bei der bewilligten Dauer und beim Alter der Kinder, die versorgt werden müssen. Teilweise gibt es Leistungen, selbst wenn keine Kinder versorgt werden müssen.
> Bei der ambulanten Rehabilitation, bei der Sie zu Hause wohnen, sowie ambulanten Vorsorgemaßnahmen (auch als ambulante Kur bekannt) können Krankenkassen einen zusätzlichen Zuschuss von maximal 13 Euro täglich für Unterkunfts-, Verpflegungs- und Fahrtkosten gewähren.
> Für den Aufenthalt im Hospiz zahlen einige Kassen einen erhöhten Zuschuss.
> Bei Impfungen gibt es vor allem Unterschiede bei den Auffrisch-und Indikationsimpfungen für Erwachsene.
> Neue und alternative Heilverfahren, die so genannten besonderen Therapierichtungen sind grundsätzlich nicht vom Leistungskatalog ausgeschlossen. Sie können finanziert werden, wenn das Verfahren in den Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) aufgeführt wird. Außerdem können die Kassen Modellvorhaben zur Erprobung neuer Vorsorge- und Behandlungsmethoden durchführen. Relativ verbreitet sind Modellprojekte für Akupunktur bei bestimmten chronischen Schmerzen, aber auch für Homöopathie und erweiterte Früherkennung für Magen-, Darm- und Hautkrebs, Schlaganfall und Infektionen in der Schwangerschaft.
> Um die Behandlung für chronisch Kranke zu verbessern und stärker aufeinander abzustimmen, müssen die Kassen neuerdings strukturierte Behandlungsprogramme, so genannte Disease-Management-Programme (DMP) entwickeln und anbieten. Das sind beispielsweise Programme für Asthma, Brustkrebs, Diabetes Typ 1 und Typ 2 sowie koronare Herzerkrankung. Die Teilnahme ist freiwillig. Für Kassen und Versicherte ist sie mit finanziellen Vorteilen verbunden, z. B. Verzicht auf Praxisgebühr oder verringerte Zuzahlungen.
> Außerdem gibt es noch die Möglichkeit der Wahl der integrierten Versorgung. Kassen bieten bei bestimmten Indikationen eine vernetzte Versorgung an. Bei dieser können beispielsweise Haus und Fachärzte, Krankenhäuser oder Reha-Einrichtungen Zusammenarbeiten. Häufig wird diese Versorgungsform z. B. bei Krebserkrankungen, Hüft- und Knieoperationen sowie der Pallativmedizin angeboten. Neue und integrierte Versorgungsformen sollen die Behandlungsschritte verschiedener medizinischer Fachleute und Einrichtungen besser koordinieren, um sowohl Kosten zu sparen wie auch die Behandlungsqualität zu verbessern. Erprobt werden vielfältige Konzepte wie ambulante Operationen bei Bandscheiben, ambulante Versorgung von Schmerz-, Krebs-, Aids- und Suchtpatienten am Wohnort oder die bessere Vernetzung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung bei Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall.
> Schulungen für chronisch Kranke finden sich inzwischen für eine Vielzahl von Indikationen wie Asthma, Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rheuma, chronischen Schmerzen, Übergewicht.
> Weit verbreitet sind auch Bonusprogramme für Versicherte, die an bestimmten Vorsorgemaßnahmen oder Behandlungsprogrammen wie DMP oder dem Hausarztmodell teilnehmen oder gesundheitsbewusst leben und beispielsweise regelmäßig Sport treiben.
Als Belohnung winken Geld- und Sachprämien sowie Wegfall oder Verringerung der Zuzahlungen oder Zuschüsse für Leistungen, die privat bezahlt werden müssen.
> Beim Hausarztmodell dient der Hausarzt als erster Ansprechpartner. Die Teilnahme ist freiwillig. Er überweist den gesetzlich Versicherten falls nötig an einen Facharzt. Das soll nutzlose und doppelte Untersuchungen ersparen. Einen solchen Tarif haben die Krankenkassen anzubieten. Der Versicherte ist bei einer Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung an diese und den gewählten Hausarzt mindestens ein Jahr gebunden.
> Das Hausarztmodell, die integrierte Versorgung und das Disease-Management-Programm sind WahHarife ohne Kassenbindung.
Wahltarife mit dreijähriger Kassenbindung – lohnenswert?
Die Krankenkassen können ihren Mitgliedern weitere Wahltarife mit einer dreijährigen Bindungsfrist anbieten, wie beispielsweise Beitragsrückerstattungs- und Selbstbehalt Tarife, die jede Kasse unterschiedlich ausgestalten kann. Für Beitragsrückerstattungstarife gilt das Alles oder Nichts-Prinzip: Sind Sie ein ganzes Jahr nicht auf Kosten der Kasse zum Arzt gegangen, bekommen Sie im Folgejahr bis zu einem Monatsbeitrag zurück. Die Regelung kann auch vorsehen, dass sich kein familienversichertes Mitglied auf Kosten der Kassen behandeln lassen darf
> Selbstbehalt Tarife: Das lohnt sich für Sie nur, wenn Sie in einem Jahr weniger Behandlungskosten verursachen, als Sie an Prämie von der Kasse zurückbekommen. Das wissen Sie allerdings nicht im Voraus. Sowohl Prämie als auch Selbstbehalt sind nach Einkommen gestaffelt.
> Kostenerstattungstarife: Sie erhalten wie ein Privatpatient vom Arzt eine Rechnung, die Sie bezahlen müssen. Nicht alle Behandlungen und Kosten werden jedoch von der Kasse übernommen. Einen Teil der Kosten müssen Sie selber bezahlen. Erst wenige Krankenkassen bieten solche Wahltarife für die Kostenerstattung an.
Der Arzt kann beispielsweise den 2,3-fachen oder sogar den 3,5-fachen Satz der Gebührenordnung für Ärzte in Rechnung stellen. Das liegt weit über dem, was die Krankenkasse normalerweise übernimmt. Erstattet werden grundsätzlich die Behandlungen, die im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse enthalten sind. Eine Kostenerstattung zum Beispiel von Heilpraktikerleistungen oder individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) ist normalerweise ausgeschlossen. Die Kassen können einen solchen Tarif anbieten, müssen es aber nicht. Zusätzlich zum Beitrag ist dafür eine Extraprämie für jede teilnehmende Person zu zahlen. Selbstbehalte sind üblich.
> Beispiel: Nach Abzug des Kassenanteils der gesetzlichen Krankenversicherung wird ein Zuschuss von 80 Prozent des Rechnungsbetrages gewährt. Der 20-prozentige Eigenanteil bleibt auf maximal 500 Euro beschränkt. Darüber hinaus wird ein Verwaltungskostenabschlag erhoben. Die Angebote der Kassen fallen unterschiedlich aus. Der Wahltarif Kostenerstattung dürfte sich nur selten lohnen. Denn der Arzt bekommt lediglich mehr Geld für die Leistung, die Sie sonst auch bekommen, wenn Sie Ihre Chipkarte vorlegen.
Zusätzliche Wahltarifangebote:
Das können beispielsweise Wahltarife sein, welche die Kosten der Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer oder für ärztlich verordnete Naturarzneimittel beinhalten. Solche Wahltarife sind eine Art von Zusatzversicherungen, die bislang nur von privaten Krankenversicherern angeboten werden durften. Bietet Ihre Krankenkasse Zusatzleistungen als Wahltarif an, könnte das eine Möglichkeit sein, wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen und/oder Altersgründen keine private Krankenzusatzversicherung abschließen können. Berücksichtigen sollten Sie allerdings, dass Sie für drei Jahre an Kasse und Tarif gebunden sind. Der Zusatzversicherungsschutz muss außerdem nicht lebenslang gelten. Die Kasse kann Wahltarife auch wieder streichen. Wenn Sie zusätzlichen Krankenversicherungsschutz benötigen, sollten Sie die Angebote Ihrer Krankenkasse mit denen der privaten Krankenversicherer genau vergleichen. Worauf Sie bei privaten Krankenzusatzversicherungen achten sollten, finden Sie im Artikel Private Kranken-Zusatzversicherungen. Auch ein Vergleich mit Angeboten anderer Krankenkassen kann sinnvoll sein. Allerdings gibt es bisher keine marktübergreifende Auswertung. Eine kostenfreie Beratung zu den Wahltarifen der gesetzlichen Krankenkassen können Sie beispielsweise von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) unter 0800-0 11 77 22 erhalten.
Sachleistung oder Kostenerstattung?
Im Gesundheitswesen erhalten Versicherte überwiegend Sachleistungen. Wer zum Arzt oder ins Krankenhaus geht, muss nur die Versichertenkarte vorlegen. Um die Kosten muss sich der Patient nicht kümmern. Der Arzt oder ein anderer Leistungserbringer rechnet direkt mit der Krankenkasse ab. Das ist bequem, hat aber zur Folge, dass Versicherte keinen Überblick über die entstandenen Kosten erhalten und nicht nachprüfen können, ob korrekt abgerechnet wurde. Wer einen Nachweis haben möchte, kann sich neuerdings aber eine Patientenquittung ausstellen lassen. Alternativ besteht die Möglichkeit das Kostenerstattungsverfahren zu wählen. Patienten bezahlen die Rechnung zunächst selbst und reichen sie im Anschluss bei ihrer Krankenkasse ein. Für Patienten ist dies aber mit Risiken verbunden. Denn der Arzt darf nach der Gebührenordnung für Privatpatienten abrechnen. Er kann damit ein deutlich höheres Honorar veranschlagen. Erstattet werden aber nur die niedrigeren Kassensätze. Außerdem kann er Posten auf die Rechnung setzen, die nicht zu den Kassenleistungen gehören. Ein Zurück gibt es erst nach einem Jahr, so lange sind Sie für alle Behandlungen in dem von Ihnen gewählten Bereich (oder Bereichen), wie z. B. ambulant, gebunden. Das Ergebnis: Als Patient bleiben Sie auf erheblichen Zusatzausgaben sitzen, die Sie allein tragen müssen. Eine private ambulante Zusatzversicherung abzuschließen, um diese Restkosten aufzufangen, bietet sich deshalb nicht an, weil diese erstens zu teuer ist und zweitens meist dennoch Restkosten übrig bleiben, die aus eigener Tasche zu zahlen sind. Der Rat lautet daher: Finger weg von der Kostenerstattung.