1. Schriftlicher Antrag nötig – Urlaub von der Pflege
Voraussetzung: Es besteht schon mehr als ein Jahr Pflege. Der Gepflegte muss bei seiner Pflegekasse einen formlosen Antrag stellen. Es sollte formuliert sein, welche Art der Betreuung der Gepflegte während des Urlaubes haben möchte, also ob die Vertretung zum Beispiel durch einen Pflegedienst oder durch jemanden aus der Familie erfolgen soll. Der Antrag bei der Kasse sollte rechtzeitig gestellt werden. In Krisensituationen, zum Beispiel bei einer plötzlichen gesundheitlichen Verschlechterung, kann der Antrag auch nachgereicht werden.
2. Ersatzpflege durch Verwandte
Übernimmt ein anderer Angehöriger die Pflege für die vier Wochen, dann bekommt er für die Zeit, in der er die Pflege übernimmt, das übliche Pflegegeld der Pflegekasse und außerdem Fahrtkosten und Verdienstausfall ersetzt. 1.432 Euro sind inklusive des üblichen Pflegegeldes immer die Höchstgrenze! Wenn die Höchstsumme der Kasse von 1.432 Euro nicht für vier Wochen Hilfe durch einen Pflegedienst ausreicht, muss der Gepflegte aus seinen privaten Mitteln etwas zuschießen oder der Urlaub des pflegenden Angehörigen muss verkürzt werden. Dasselbe gilt für einen Aufenthalt im Heim.
3. Pflegedienst
Soll ein professioneller Pflegedienst engagiert werden, sollte der Antragsteller aus einem detaillierten Pflegekatalog die passenden Leistungen zusammenstellen: zum Beispiel täglich Essen bringen, rasieren usw. Mit seinem Geld aus der Pflegekasse muss der Gepflegte die Leistungen des Pflegedienstes dann zahlen. Maximal zahlt die Kasse jedoch auch hier 1.432 Euro inklusive (!) des üblichen Pflegegeldes, egal, in welcher Pflegestufe der Gepflegte ist. Nach Meinung von Experten reicht diese Summe für Pflegebedürftige der Stufe 1 und 2 für vier Wochen Ersatzpflege aus, bei Pflegestufe 3 zumeist nicht. Bezahlt werden damit aber nur Pflegekosten. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung dagegen
müssen die Gäste selbst tragen.
An welchem Pflegeort leistet die Kasse?
Die Ersatzpflege soll in erster Linie die weitere Pflege im häuslichen Bereich sicherstellen; sie ist jedoch nicht ausschließlich auf den Haushalt des Pflegebedürftigen beschränkt. Auch in einem Wohnheim für Behinderte, einem Internat, einer Krankenwohnung oder in einer sonstigen Pflegeeinrichtung kann der Pflegebedürftige in dieser Zeit untergebracht werden. Es gibt auch Pflegeheime für Multiple-Sklerose-Betroffene, für Blinde und Sehbehinderte sowie für Schwer- und Schwerstkörperbehinderte, die Adressen nennt Ihnen die Kasse.
Gemeinsamer Urlaub von Pfleger und zu Pflegendem
Eine Alternative bietet beispielsweise das Konzept „Urlaub von der Pflege“ des Deutschen Roten Kreuzes, bei dem auch die zu Pflegenden in den Urlaub mitkommen: Pflegende Angehörige können sich in einem Hotel an Leib und Seele erholen und neue Kräfte tanken. Sie können sich mit anderen Menschen in derselben Situation austauschen. Ihre Angehörigen werden gleichzeitig im nahe gelegenen Altenzentrum betreut und gepflegt.
Zu Beginn der Reise werden die Pflegeperson und der zu Pflegende von zu Hause abgeholt und zum Urlaubsort gebracht. Das Hotel für den Pfleger und das Pflegeheim für den zu Pflegenden liegen räumlich getrennt, aber in Gehweite voneinander entfernt. So können sich die Angehörigen jederzeit besuchen und sich davon überzeugen, dass der Pflegende in guten Händen ist. Es ist sogar in einigen Einrichtungen möglich, dass der pflegebedürftige Angehörige auch im Hotel wohnt und dort die Leistungen eines örtlichen Pflegedienstes in Anspruch nimmt.
Kurzzeitpflege im Heim
Die Nachfrage nach Kurzzeitpflegeplätzen ist hoch. Gerade in der Urlaubszeit kann es daher zu Engpässen kommen. In der Praxis findet man verschiedene Organisationsformen. So gibt es reine Kurzzeitpflegeeinrichtungen, die ausschließlich Kurzzeitpflege anbieten. Häufiger findet man jedoch Kurzzeitpflegeplätze in Anbindung an ein Pflegeheim oder eine Sozialstation. Manchmal halten Heime ein oder zwei als „Gästebetten“ deklarierte Kurzzeitpflegeplätze frei.
123Vesicherung rät: Grundsätzlich sollten Sie in Frage kommende Einrichtungen vorher anschauen. Nach Möglichkeit nehmen Sie Ihren pflegebedürftigen Angehörigen dabei mit, um Ängste vor dem Abschieben von vornherein abzubauen.
Besichtigung des Pflegeheimes
Erkundigen Sie sich bei der Pflegedienstleitung nach dem Pflegekonzept. Gute Einrichtungen arbeiten individuelle Maßnahmen für den Pflegebedürftigen aus, um den Aufenthalt sinnvoll zu nutzen. Eine aktivierende pflegerische Versorgung kann die Gesundheit des Pflegebedürftigen stabilisieren und neue Kräfte freimachen. Auf diese Weise lassen sich kleine Schritte zu einer selbstständigeren Lebensführung erreichen.
Einrichtungen ohne spezielles Kurzzeitpflegekonzept werden diese Erfolge nicht erreichen. Sie sollten bei der Auswahl einer Kurzzeitpflegeeinrichtung daher gezielt nach Leistungen fragen, die auf Aktivierung und Mobilisierung gerichtet sind. Achten Sie auf qualifiziertes Personal, das rund um die Uhr Pflege und Betreuung sicherstellt. Auch die Frage nach Einzelzimmer (oder Doppelzimmer) mit Fernseher, Telefon und Notrufanlage ist wichtig. Ein reichhaltiges Frühstück, Auswahl beim Mittagessen, Nachmittagskaffee und ein abwechslungsreiches Abendessen sollten angeboten werden. Auch die Organisation ergänzender Dienste wie Fußpflege, Krankengymnastik, Friseur- und Arzttermine sollte möglich sein.
Beispielrechnung Tagespflegekosten Heim
Die Erstattungen durch die Pflegeversicherung reichen heute bei vielen stationären Pflegeheimen nicht aus, um die kompletten Kosten abzudecken. Eine beispielhafte Preistabelle aus dem September 2003, andere Heime können günstiger oder teurer sein:
Beispiel Heimkosten pro Tag in Euro:
Stufe 1 | Stufe 2 | Stufe 3 | Zahler |
Pflegekosten 47,00 | 62,70 | 80,00 | Kasse/ Privat |
Investitionskostenanteil 7,16 | 7,16 | 7,16 | Privat |
Investitionskostenanteil 5,41 für Sozialhilfeempfänger | 5,41 | 5,41 | Sozialamt |
Unterkunft und 19,00 Verpflegung | 19,00 | 19,00 | Privat |
Der Investitionskostenanteil ist entweder privat oder vom Sozialamt zu zahlen. Bei vier Wochen Pflege, aber nur 28 Tagen bedeutet dies für Privatzahler:
■ 73,16 Euro Tagessatz mal maximal 28 Tage ergeben 2.048,48 Euro schon in Pflegestufe 1,
■ bei Pflegestufe 2 erreichen die Kosten 93,86 mal 28 gleich 2.628,08 Euro,
■ bei Pflegestufe 3 erreichen die Kosten pro Monat 28 mal 106,16 insgesamt 2.972,48 Euro.
Dies bedeutet: In Stufe 1 reicht bei diesem Kostenbeispiel das Geld knapp 20 Tage, in Stufe 2 etwa 15 Tage, in Stufe 3 nur 13 Tage.
Folgende Leistungen können durch die Pflegesätze abgedeckt sein:
■ Unterkunft mit Vollverpflegung
■ Reinigung des Zimmers und der sanitären Anlagen
■ Wasserkosten
■ Stromkosten
■ Heizungskosten
■ Waschen der Leibwäsche
■ Pflegeleistungen nach Grad der Pflegebedürftigkeit
Allerdings kommen manchmal noch andere Kosten, wie etwa Telefon oder TV-An- schluss, dazu, also gilt es immer, vorher genau zu rechnen. Diese Kosten für Leistungen müssen Sie selber übernehmen:
■ Telefongebühren
■ TV-/Rundfunkgebühren
■ medizinische Hilfsmittel
■ Reinigung der Oberbekleidung
Inwieweit die entstehenden Kosten von der Pflegeversicherung übernommen werden, sollte in jedem Fall in einem persönlichen Beratergespräch geklärt werden. Über Entgelte und Kostenübernahmen durch Kostenträger informieren die Heime, die auch für alle weiteren Fragen zur Verfügung stehen.
Gerichte: Urlaub von der Pflege – Rechte werden gestärkt
Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit zwei Urteilen die Rechte der Betroffenen und ihrer Angehörigen gestärkt. Für die so genannte Verhinderungs,- Urlaubs- oder Ersatzpflege gilt: Den Familien steht (seit 25.06.1996) ein „weites Wahlrecht“ zu. Möglichst sollte die Pflege zu Hause oder in einem Heim erfolgen. Der Pflegebedürftige kann aber auch selbst an einer von einer Behinderteneinrichtung veranstalteten Ferienreise teilnehmen. Die Rechnung muss dann die anteiligen Pflegekosten überprüfbar ausweisen. Die im Reisepreis enthaltenen Fahrt- und Verpflegungskosten müssen aus eigener Tasche bezahlt werden (AZ: BSG, B 3 P 9/99).
Die Verhinderungspflege ist unabhängig von der Einstufung in eine Pflegestufe. Daher kann auch ein notwendiger Betreuungsaufwand abgerechnet werden, der sonst bei der Pflegeversicherung nicht berücksichtigt wird. So kann im zweiten Fall eines geistig behinderten Sohnes „nicht beanstandet werden, dass der Kläger wegen Aufsichtsbedarf den Pflegedienst rund um die Uhr in Anspruch nahm“ (AZ: BSG, B 3 P 8/99).
Die Dauer der Ersatzpflege war damals nach dem Gesetz auf 28 Tage, die Kosten auf € 2.800 je Kalenderjahr (1996) begrenzt. Daraus konnte nicht ein Tagessatz von höchstens € 100 abgeleitet werden. So waren im zweiten Fall die € 2.800 schon für einen zehntägigen Urlaub aufgebraucht. Angesichts der Betreuung „rund um die Uhr“ sei dies „plausibel“ und der Höhe nach gerechtfertigt, so das BSG.