Pflegegeldanspruch
Wenn die Pflegebedürftigkeit eines Kleinkindes die Berufstätigkeit eines Elternteils verhindert, rechtfertigt das noch nicht unbedingt einen Anspruch auf Pflegegeld. In mehreren jetzt veröffentlichten Urteilen befasste sich das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel erstmals mit der Pflege von Babys und Kleinkindern. Die noch zum alten Recht getroffenen Entscheidungen seien in weiten Teilen auch auf die neue Pflegeversicherung übertragbar, teilte das Gericht mit.
Dass Kinder unter drei Jahren grundsätzlich immer der Hilfe bedürfen, schließe Leistungen aus der Pflegeversicherung nicht aus, betonte das BSG. Wie bei älteren Kindern sei dabei der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Dabei könne aber nicht jede zusätzliche Hilfe eingerechnet werden, sondern nur die bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens.
Für Erwachsene enthält das Pflegegesetz einen weitgehend auf die frühere Rechtsprechung des BSG aufbauenden Katalog von 16 solchen Verrichtungen aus den Bereichen Körperpflege, Ernährung, Mobilität und Hauswirtschaft. Für Kleinkinder seien diese Punkte aber nicht sachgerecht, entschied das BSG. Zutreffend sei jedoch die Auswahl von Verrichtungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen: Füttern, Wickeln, An- und Auskleiden, Körperpflege sowie gegebenenfalls auf den Topf setzen. Wenn sich bei diesen Tätigkeiten ein zeitlicher Mehrbedarf von täglich eineinhalb Stunden ergibt, kommt das Kind in Pflegestufe I, bei mindestens drei Stunden in Stufe 2 oder 3. Offen blieb, ob nach dem neuen Pflegegesetz auch ein gewisser hauswirtschaftlicher Mehraufwand bei den Eltern berücksichtigt werden kann, etwa wenn wegen einer Behinderung mehr Wäsache gewaschen werden muss.
Ohne Erfolg hatte die Mutter eines gegen Milchzucker allergischen Kindes Pflegegeld verlangt, weil sie ihren Beruf aufgeben musste, um die Diät des Babys ständig überwachen zu können. Auch sei es kaum möglich, das Kind vorübergehend etwa bei Nachbarn zur Betreuung abzugeben. Das BSG ließ diese Argumente nicht gelten. Seien beide Eltern berufstätig, würden sie durch ein Baby ohnehin bis an ihre Grenzen belastet. Deshalb könne schon ein sehr geringer Mehraufwand dazu führen, dass ein Elternteil seine Arbeit aufgeben muss. Würde deswegen Pflegegeld gezahlt, wären Eltern benachteiligt, bei denen von vornherein nur einer arbeitet. Das BSG verwies den Fall aber zurück an die Vorinstanz, um feststellen zu lassen, ob sich nach einem in Stunden berechneten Mehraufwand bei den genannten Verrichtungen ein Anspruch auf Pflegegeld ergibt. (Bundessozialgericht, AZ: 3 RK 9/94 unter anderem)