Jeder Halter eines Kraftfahrzeugs ist gesetzlich verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung für sein Auto, Motorrad oder sonstige Fahrzeuge (auch Anhänger) abzuschließen. Deshalb braucht jeder Fahrzeughalter eine Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung schon aus dem Grunde, weil er ohne diese Versicherung keine Versicherungsbestätigung und ohne diese Deckungskarte kein Zulassungskennzeichen erhält, also sein Fahrzeug nicht zulassen kann und fahren darf. Zum Schutz der Verkehrsopfer hat der Gesetzgeber die Kraftfahrt- Haftpflichtversicherung zu einer Pflichtversicherung gemacht. Damit auch jeder Fahrzeughalter eine Versicherung erhält, müssen alle Gesellschaften grundsätzlich jeden Antrag auf Kfz-Haftpflichtversicherung annehmen. Seit Mitte 1994 können sie allerdings in besonderen Fällen eine von ihrem allgemeinen Tarif abweichende Prämie verlangen, müssen dafür aber eine schriftliche Begründung liefern. Es gibt für diese Sonderangebote jedoch keinen gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen, sodass jede Gesellschaft bestimmte Fahrzeughalter – theoretisch – mit horrenden Prämienforderungen abschrecken kann.
Die Kfz-Haftpflichtversicherung zahlt bei berechtigten Ansprüchen an die Geschädigten oder Verletzten. Sie wehrt aber auch unberechtigte Forderungen ab. Und wenn es über die Berechtigung oder Höhe von Ansprüchen zu einem Prozess kommt, übernimmt die Versicherung alle anfallenden Prozess- und Anwaltskosten, sogar Gutachterkosten. Sie ist insoweit eine Art Rechtschutzversicherung für den Fahrer oder Fahrzeughalter, aber auch für jeden Geschädigten. Wenn nämlich jemand gegen einen Unfallgegner oder dessen Gesellschaft einen Schadenersatzanspruch geltend machen kann, sind bei größeren Schäden (also nicht bei einer Beule im Stoßfänger) die Anwaltskosten des Geschädigten als ein Teil des Schadenersatzanspruchs von der Kfz- Haftpflichtversicherung des Unfallgegners mit zu ersetzen.
Welche Versicherungssumme wählen?
Sie haben im Allgemeinen die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten:
1. gesetzliche Mindestdeckungssumme von 2,5 Millionen Euro für Personenschäden (bei Verletzung mehrerer Personen bis zu 7,5 Millionen Euro) und 500000 Euro für Sachschäden,
2. unbegrenzte Deckungssummen (Zuschlag ca. ein Prozent)
Wie und wo eine Kfz-Haftpflichtversicherung abschließen?
Diese Frage lässt sich bereits seit Jahren nicht mehr so leicht beantworten. Denn in 1994 hat es einen totalen Umbruch gegeben. Früher mussten die Bedingungen und Tarife vom Bundesaufsichtsamt genehmigt werden. Und das geschah einheitlich – bis hin zu den Tarifstrukturen (Schadenfreiheitsrabatte oder Beitragssätze, PS- bzw. kW-Klassen, Regional- und Beamtentarife usw.). Damit ist seit 1995 Schluss.
Jede Gesellschaft kann seither eigene Bedingungen und Tarife entwickeln und braucht diese nicht mehr vom Aufsichtsamt genehmigen zu lassen. Und jedes Unternehmen kann Bedingungen, Tarife und Prämien – im wahrsten Sinne des Wortes – von heute auf morgen ändern, teilweise auch für bestehende Verträge. Dann hat der Versicherte allerdings in der Regel ein Kündigungsrecht, auf das bei der jeweiligen Tarifänderung hingewiesen werden muss. Damit mussten wir uns von der bisherigen Einheitlichkeit bei den Bedingungen und Tarifen, den PS-, Typ-, Regional- und Beamtenklassen und bei den Beitragssätzen und Rückstufungen im Schadensfall verabschieden.
Jetzt kann sich tagtäglich etwas ändern, und das sehr unterschiedlich bei einzelnen Gesellschaften. So versuchen die Gesellschaften, Kunden mit ständig neuen Rabatten anzulocken – z. B. für Fahrzeughalter, die wenig fahren, für Eigenheim- oder Garagenbesitzer bis hin zu Bahncard-Inhabern. Sie erkennen daran (was auch alle Experten bestätigen): Der einzelne Verbraucher kann die Angebote nicht mehr überblicken. Dabei sollte mit der Freigabe von Bedingungen und Prämien der Wettbewerb in Gang gebracht werden. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Denn Wettbewerb erfordert Transparenz und Informationsmöglichkeiten für den Verbraucher. Und diese Voraussetzungen sind jetzt noch weniger gegeben als vorher.
Der Einzelne kann Beitragsvergleiche entweder überhaupt nicht mehr oder nur mit großem Aufwand durchführen. In den Medien und per Internet sind Prämienvergleiche wegen der vielen individuellen Kriterien, die die Beiträge bestimmen, kaum noch möglich, oder sie sind im Zeitpunkt der Veröffentlichung schon von zwischenzeitlichen Änderungen überholt. Die Redaktion der Fernsehsendung plus minus unternahm im November 1999 zehn Versuche, um von denen, die solche Vergleiche anbieten, die günstigsten Kfz-Prämien zu erfahren. Zehnmal Fehlanzeige!
Wenn Sie im Internet mit den von Maklern und so genannten virtuellen Marktplätzen angebotenen Tarifrechnern nach der günstigsten Prämie für Ihr Auto suchen, erleben Sie erst einmal ein farbiges Wunder, nämlich viel Werbung. Danach können Sie Probleme mit der Bedienung bekommen. Dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Ergebnisse oft sehr unterschiedlich sind, weil sich die Tarife der Unternehmen ständig ändern und einige Tarifrechner nicht immer auf dem allerletzten Stand sind. Teilweise werden Gebühren verlangt, teilweise will man Ihre Adresse an Makler oder Unternehmen weitergeben. Sie werden in der Regel die Prämien des wirklich günstigsten Anbieters nicht erhalten, der oft nicht in die Vergleiche mit einbezogen ist.
So kann auch keiner den besten Tarifrechner nennen oder empfehlen. Sie müssen es selbst versuchen, können aber am Ende erleben, dass die Ihnen genannte Prämie falsch oder nicht günstig ist, wenn Sie das endgültige Angebot oder die Police erhalten.
Die Kfz-Haftpflichtversicherungsprämien werden heute vor allem bestimmt
• durch den Typ des Fahrzeugs (Fahrzeugart, Typklassen)
• durch Tarifgruppen (Beamte, Landwirte, Normalbürger)
• durch den Zulassungsbezirk des Fahrzeugs (Regionalklassen)
• durch die Schadenfreiheit des Fahrzeughalters (Beitragssätze)
• durch Rabatte und Zuschläge (für die jährliche Fahrleistung, für das Alter des Fahrzeugs beim Kauf, für Eigenheim- und Garagenbesitzer, Frauen, ältere Fahrzeughalter, Alleinfahrer usw.).
In welcher Höhe diese Rabatte gewährt oder Zuschläge gemacht werden, kann nicht mehr angegeben werden, weil zum einen alle Anbieter diese unterschiedlich festsetzen und jedes einzelne Unternehmen die jeweiligen Kriterien unterschiedlich kombiniert und dazu auch noch mit unterschiedlichen Werten rechnet. So wirkt sich z. B. die jährliche Fahrleistung im Beitrag für die einzelnen Fahrzeugtypen unterschiedlich aus, sodass nicht pauschal angegeben werden kann, um welchen Prozentsatz das Merkmal jährliche Fahrleistung den Beitrag erhöht bzw. verringert.