Nächtlicher Hilfebedarf – Sachverhalt: Streitig war die Einstufung des Klägers in die Pflegestufe 3. Der Kläger erlitt 1987 eine Rückenmarksverletzung in Höhe des 6. und 7. Brustwirbelkörpers, die zur Lähmung von Blase und Mastdarm sowie beider Beine geführt hat. Bis zum Inkrafttreten des SGB XI erhielt er nach § 53 SGB V Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit. Mit Wirkung vom 1.4.1995 wurde er in die Pflegestufe 2 übergeleitet. Die Beklagte lehnte seinen Antrag auf Leistungen nach der Pflegestufe 3 ab. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die hiergegen eingelegte Berufung nach Anhörung eines Sachverständigen zur Frage des zeitlichen Hilfebedarfs zurückgewiesen. Danach lägen die Voraussetzungen der Schwerstpflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegestufe 3 beim Kläger nicht vor. Voraussetzung für eine Betreuung „rund um die Uhr“ sei, dass eine Pflegeperson jederzeit unmittelbar erreichbar sei, weil der Hilfebedarf jederzeit Tag und Nacht anfallen könne. Dieser Hilfebedarf werde beim Kläger nicht dadurch begründet, dass es bei ihm nachts zu einer spontanen Entleerung des Darms kommen könne. Diese Folge seiner Behinderung könne auch durch ein für ihn mögliches und zumutbares Stuhltraining in Verbindung mit einer entsprechenden Ernährung nahezu ausgeschlossen werden.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, das LSG habe dem Gutachten nicht folgen dürfen, weil der Sachverständige zu seinem Nachteil den Hilfebedarf unter Berücksichtigung des Umstandes bewertet habe, dass er im Besitz einer nach seinen Bedürfnissen umgebauten Wohnung sei. Soweit er zur Verhinderung der nächtlichen Darmentleerungen auf ein entsprechendes Stuhltraining hingewiesen worden sei, beruhe die Einschätzung des Hilfebedarfs auf einer unsicheren Zukunftsprognose.
Entscheidung:
Die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen. Für die Einstufung in die Pflegestufe 3 fehlt es an einem regelmäßigen nächtlichen Hilfebedarf. Beim Kläger kommt es nur gelegentlich zu spontanen Blasen- und Stuhlentleerungen, die einen nächtlichen Hilfebedarf verursachen können. Die Bereitschaft der Eltern zur Hilfeleistung reicht allein nicht aus. Wegen des Fehlens eines regelmäßigen nächtlichen Hilfebedarfs bedurften die weiteren Fragen, ob bei der Bemessung des Pflegebedarfs die Prognose des medizinischen Sachverständigen bezüglich der Beherrschbarkeit der spontanen Harn- und Stuhlabgänge zu berücksichtigen ist und ob der Pflegebedarf auf der Grundlage der behindertengerecht ausgestatteten Wohnung des Klägers bemessen werden darf, keiner Entscheidung. (Bundessozialgericht, 19.02.1998 / SG Lübeck – S 21 P 4/95 / Schleswig-Holsteinisches LSG – L 3 P 2/96 – B 3 P 2/97 R)