Bei der Pflegeversicherung müssen Sie zwei Formen unterscheiden:
> Die seit 1995 geltende Pflegepflichtversicherung und
> die Pflegezusatzversicherung, die von privaten Versicherungsunternehmen angeboten wird.
Die Pflegeversicherung ist gesetzlich vorgeschrieben
Seit 1995 muss sich jeder gegen das Pflegerisiko absichern und zwar grundsätzlich dort, wo er krankenversichert ist. Für die gesetzlich Versicherten ist dies die Pflegekasse der eigenen Krankenkasse (soziale Pflegeversicherung). Privat Krankenversicherte müssen eine private Pflegepflichtversicherung abschließen. Achtung; Sie darf nicht verwechselt werden mit den freiwilligen Pflegezusatzversicherungen (vgl. Private Pflegezusatzversicherung).
Entlastung im Pflegefall
Die Lebenserwartung steigt kontinuierlich an und gleichzeitig die Pflegebedürftigkeit. Die Pflegeversicherung wurde eingeführt, damit die persönlichen und finanziellen Belastungen nicht nur von den Angehörigen oder vom Staat getragen werden müssen. Wer dauerhaft pflegebedürftig ist, kann daher unterschiedliche Hilfen nutzen. Er hat entweder Anspruch auf ein Pflegegeld, Hilfe einer ambulanten Pflegeeinrichtung oder stationäre Pflege in einem Heim. Nicht zuständig ist die Pflegekasse bei vorübergehender Pflegebedürftigkeit von weniger als sechs Monaten. Dann ist die Krankenkasse in der Pflicht und gewährt Leistungen wie häusliche Krankenpflege. Die Krankenkasse kommt außerdem für die medizinische Betreuung auf. Die Pflegekasse deckt bei weitem nicht den gesamten Pflegebedarf ab, sondern stellt eine Grundabsicherung zur Verfügung. Sie ist nach Pflegebedürftigkeit gestaffelt und wird nur auf Antrag gewährt. Voraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige bei alltäglichen Verrichtungen wie Aufstehen, Waschen, Anziehen und Essen auf erhebliche Hilfe angewiesen ist. Wer täglich mindestens 90 Minuten Hilfe bei zwei Verrichtungen benötigt, wird Pflegestufe I (erhebliche Pflegebedürftigkeit) zugeordnet. Die Grundpflege, also Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität wie An- und Ausziehen, muss mindestens die Hälfte der Zeit beanspruchen. Bei schwer pflegebedürftigen Personen (Pflegestufe II) erhöht sich der zeitliche Bedarf auf mindestens drei Stunden täglich. Schwerstpflegefälle der Pflegestufe III sind rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen, also sowohl tagsüber wie auch nachts. Im Tagesdurchschnitt muss die zu pflegende Person diese Versorgung mindestens fünf Stunden täglich benötigen, davon vier für die Grundpflege. Die Entscheidung über die Zuordnung zu einer bestimmten Pflegestufe trifft der Medizinische Dienst der Krankenkassen. Die privaten Pflegeversicherer haben hierfür eine eigene Einrichtung gegründet.
Geld- und Sachleistungen vorrangig für häusliche Pflege
Die Leistungen der gesetzlichen und privaten Pflegepflichtversicherungen sind prinzipiell gleich. Vorrang hat in beiden Fällen die häusliche Pflege. Ambulante Dienste mit professionellen Pflegekräften unterstützen Angehörige oder allein lebende Pflegebedürftige und ermöglichen, dass sie länger in der eigenen Wohnung und damit in der gewohnten Umgebung bleiben können. Je nach Pflegestufe können ambulante Pflegeeinsätze zwischen 440 Euro und 1.918 Euro bei Härtefällen zur Auszahlung kommen. Diese Leistungen dürfen aber nur Pflegedienste erbringen, die die Pflegekasse zugelassen hat. Mit ihnen schließt der Pflegebedürftige einen Vertrag ab, in dem die Pflegeleistungen festgelegt werden. Die ambulante Pflege wird in der gesetzlichen Pflegeversicherung als Sachleistung gewährt, während privat Krankenversicherte nur Geldleistungen erhalten. Sie bezahlen die professionellen Pflegekräfte zunächst selbst und bekommen die Honorare ersetzt – maximal bis zum Wert der entsprechenden Sachleistung in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Wer sich selbst eine andere Pflegeperson oder einen Pflegedienst sucht, kann dafür nur das Pflegegeld in Anspruch nehmen. Zwischen 225 Euro und 685 Euro monatlich gibt es bei der Pflege durch die Angehörigen, ehrenamtliche Helfer oder eine selbst eingestellte Pflegekraft.
Um die Unterstützung möglichst gut an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, können Sach- und Geldleistungen kombiniert werden.
Monatliche Leistungen in Euro auf einen Blick
Pflegestufe | Benötigte Hilfe | Stationäre Hilfe im Pflegeheim | Häusliche Pflege durch Fachpersonal* | Pflegegeld bei häuslicher Pflege** |
1: erhebliche Pflege- Bedürftigkeit | ■ einmal täglich 45 Minuten bei Körperpflege, Essen, Mobilität ■ mehrfach wöchentlich im Haushalt ■ täglich insgesamt 90 Minuten | 1.023 | 440 | 225 |
II: schwere Pflege Bedürftigkeit | ■ dreimal täglich, insgesamt zwei Stunden bei Körperpflege, Essen, Mobilität ■ mehrfach wöchentlich im Haushalt ■ täglich insgesamt drei Stunden | 1.279 | 1.040 | 430 |
III: schwerste Pflege- Bedürftigkeit | ■ vier Stunden (tagsüber und nachts) bei Körperpflege, Essen, Mobilität ■ mehrfach wöchentlich im Haushalt ■ täglich insgesamt fünf Stunden | 1.510, in Härtefällen 1.825 | 1.510, in Härtefällen 1.918 | 685 |
* diese Werte gelten auch bei teilstationärer Pflege
**durch Pflegepersonen, z. B. Angehörige, Freunde, Nachbarn
Schrittweise werden die angegeben Leistungen im Jahr 2010 und 2012 erhöht. Der Pflegebedürftige kann selbst bestimmen, in welchem Verhältnis er beide Leistungskomponenten nutzen will. Wenn beispielsweise 40 Prozent der Sachleistungen genutzt werden, besteht ergänzend ein Anspruch auf maximal 60 Prozent Geldleistungen für die jeweilige Pflegestufe. Normalerweise kann die Entscheidung frühestens nach sechs Monaten wieder verändert werden. Bis zu vier Wochen im Jahr und bis zu einer Höchstsumme von 1.510 Euro wird außerdem für eine Pflegevertretung gezahlt, wenn die Pflegeperson verhindert oder im Urlaub ist. Ergänzend zur häuslichen Betreuung sind außerdem eine teilstationäre Tages- und Nachtpflege sowie eine Kurzzeitpflege für einen begrenzten Zeitraum möglich. Bei besonders betreuungsintensiver Pflege, etwa bei Demenzkranken, können bis zu 2.400 Euro jährlich (200 Euro monatlich) für spezielle Betreuungsangebote eingesetzt werden. Darüber hinaus übernimmt die Pflegekasse Kosten für Pflegehilfsmittel wie spezielle Betten, Hausnotruf, Rollstuhl, aber auch so genannte Verbrauchsprodukte wie Betteinlagen (sofern nicht die Krankenkasse zuständig ist). Bei Verbrauchsprodukten werden maximal 31 Euro monatlich erstattet. Versicherte müssen einen Eigenanteil von zehn Prozent, maximal 25 Euro zahlen. Größere Hilfsmittel wie Gehhilfen können oft ausgeliehen werden. Für Ein- und Umbauten im Wohnbereich wie Rampen, Treppenlifte, Verbreiterung von Türen oder der Umbau des Badezimmers werden einmalig bis zu 2.557 Euro Zuschuss gewährt. Bei stationärer Pflege in einem Heim zahlt die Pflegeversicherung je nach Pflegestufe zwischen 1.023 Euro und 1.510 Euro, in Härtefällen 1.825 Euro. Sie deckt aber nur die Kosten für die Grundpflege, soziale Betreuung und medizinische Behandlungspflege. Für Unterkunft und Verpflegung, die so genannten Hotelkosten, muss der Versicherte selbst aufkommen. Falls die stationäre Pflege nicht erforderlich ist, etwa weil eine Betreuung zu Hause möglich wäre, besteht nur Anspruch auf die Leistungen bei häuslicher Pflege.
Trennung von Kranken- und Pflegeversicherung vermeiden
Gesetzlich Krankenversicherte sind automatisch Mitglied in der Pflegekasse ihrer Krankenversicherung. Freiwillig Versicherte haben jedoch die Möglichkeit, sich bei einem privaten Anbieter zu versichern. Privat Krankenversicherte können ebenfalls wählen, ob sie bei ihrer Krankenversicherung bleiben oder anderweitig eine Pflegeversicherung abschließen. Empfehlenswert ist eine Trennung von Kranken- und Pflegeversicherung aber in beiden Fällen nicht. Denn die privaten Anbieter müssen jeden Antragsteller annehmen. Und die Beiträge unterscheiden sich allenfalls geringfügig, die Leistungen und die Kriterien für die Pflegebedürftigkeit sind gesetzlich festgelegt. Dafür laufen Sie Gefahr, dass sich Kranken- und Pflegeversicherung im Pflegefall immer wieder streiten, wer für eine bestimmte Leistung aufkommen muss. Dadurch kann es Ihnen passieren, dass Sie auf Leistungen warten müssen.
Beitragshöhe ist nachrangig
In der sozialen Pflegepflichtversicherung beträgt der Beitrag 1,95 Prozent des Arbeitseinkommens. Jeweils die Hälfte wird vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber übernommen. Kinderlose Versicherte müssen – mit einigen Ausnahmen – seit 2005 zusätzlich 0,25 Prozent allein aufbringen. Als Höchstgrenze gilt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung, die sich auf 3.750 Euro im Jahr 2010 beläuft. Seit dem 1. April 2004 ist die Beteiligung des Rentenversicherungsträgers weggefallen und die Rentner müssen ihren Beitrag zur Pflegeversicherung in voller Höhe allein tragen. Bei der privaten Pflegepflichtversicherung werden die Beiträge grundsätzlich wie in der privaten Krankenversicherung nicht nach Einkommen, sondern nach persönlichen Kriterien wie Alter und Vorerkrankungen (nicht jedoch Geschlecht) berechnet, allerdings mit einigen Abweichungen. So gelten ähnlich wie in der sozialen Pflegeversicherung Elemente der Familienversicherung: Kinder sind grundsätzlich beitragsfrei mitversichert. Für den Ehegatten ist nur der halbe Beitrag zu entrichten, falls er ebenfalls zum 1.1.1995 in der privaten Pflegepflichtversicherung mitversichert war und sein Einkommen 1/7 der monatlichen Bezugsgröße der Sozialversicherung nicht übersteigt (Ehegattenregelung). Die Grenzwerte betragen für das Jahr 2009 monatlich 360 Euro bzw. 400 Euro im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung (400 Euro: Mini-Job). Wurde der Pflegeversicherungsvertrag erst nach dem 1.1.1995 geschlossen, so gilt die Begrenzung der Prämienhöhe auf den Höchstsatz der sozialen Pflegeversicherung, wenn eine 5-jährige Vorversicherungszeit erfüllt wird.
→ Gegen die Einstufung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen können Sie Widerspruch einlegen (vgl. Widerspruch bei gesetzlichen Versicherungen).
→ Verträge mit einem Anbieter von Pflegediensten können Sie innerhalb von zwei Wochen nach dem ersten Pflegeeinsatz ohne Angabe von Gründen kündigen.
→ Ausführlich informiert die kostenlose Broschüre Ratgeber Pflege: alles was Sie zur Pflege wissen müssen des Bundesministeriums für Gesundheit sowie die Ratgeber der Verbraucherzentralen Pflegefall – was tun? und Pflegegutachten (mit Pflegetagebuch). Individuelle Fragen zur Pflegeversicherung beantwortet Ihnen die Hotline des Gesundheitsministeriums unter Tel. 01805-996603 (0,14 Euro/Min.). Helfen kann Ihnen auch die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD), Tel. 0800-011 7722 (kostenfrei).
→ Pflegende Familienangehörige können für ihre Pflegeleistungen unter Umständen einen Zuschuss zur Rentenversicherung erhalten und sollten dies mit der Pflegekasse klären.
Am 1. Juli 2008 ist das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz in Kraft getreten. Es soll vor allem dazu führen, dass die Pflegeversicherung besser auf die Bedürfnisse der zu Pflegenden und ihrer Angehörige abgestimmt wird. Als ein Teil dieser Pflegereform trat zeitgleich das Pflegezeitgesetz in Kraft. Gesetzesziel ist es, Arbeitnehmern die Möglichkeit zu bieten, pflegebedürftige Angehörige in ihrer häuslichen Umgebung zu pflegen. Die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege soll dadurch verbessert werden. Arbeitgeber sind nunmehr verpflichtet, Beschäftigte für einen Zeitraum von bis zu zehn Tagen oder auch bis zu sechs Monaten freizustellen.