Lücken für den Pflegefall schließen
Die Pflegepflichtversicherung bietet nur eine Grundabsicherung und reicht nicht für eine Rund-Um-Pflege. Ein Heimplatz kann 3.000 Euro und mehr kosten. Wenn die eigene Rente oder das Vermögen zusammen mit den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht ausreichen, müssen die eigenen Kinder oder das Sozialamt einspringen. Um das zu vermeiden, empfiehlt es sich so früh wie möglich eine Pflegezusatzversicherung abzuschließen. Das sollte allerdings erst dann erfolgen, wenn die existenziell wichtige Berufsunfähigkeitsversicherung und Privathaftpflichtversicherung besteht sowie die Risikolebensversicherung im Fall eines Immobilen Kredites (+ Wohngebäudeversicherung) und/oder einer Familie. Private Kranken- und Lebensversicherer bieten die Zusatztarife in vier verschiedenen Varianten an:
> Pflegerentenversicherungen,
> selbstständige Pflegerentenversicherung (Pflegerenten-Risikoversicherung),
> Pflegekostenversicherungen und
> Pflegetagegeldversicherung.
Bei der Pflegerentenversicherung wird die Absicherung des Pflegerisikos mit einem Sparvorgang kombiniert. Derartige Koppelungen sind intransparent und unrentabel, die Beiträge relativ hoch. Trennen Sie daher wie auch in anderen Fällen (vgl. Kapitallebensversicherung) die Sparanlage vom Risikoschutz und decken den Pflegefall entweder durch eine Pflegekosten- oder Pflegetagegeldversicherung ab.
Die selbstständige Pflegerenlenversicherung (Pflegerenten-Risikoversicherung) zahlt eine vereinbarte Monatsrente. Darüber kann frei verfügt werden. Die volle Pfiegerente gibt es erst ab Pflegestufe III. In den anderen beiden Pflegestufen wird sie je nach Tarif anteilig gezahlt, teilweise auch gar nicht. Diese Versicherung ist im Vergleich zur Pflegerentenversicherung zwar günstiger, weil sie eine Risikovariante ist, also ohne Sparvorgang läuft. Aber unterm Strich ist sie eine zu teure Lösung. Daher ist eine Pflegekosten- oder Pflegetagegeldversicherung die bessere Lösung. Durch die Pflegekostenversicherung werden Pflegekosten erstattet, sofern sie nicht von der gesetzlichen Pflegeversicherung übernommen werden, allerdings meist nur bis zu einem festgelegten Höchstbetrag oder Prozentsatz. Wenn Angehörige oder Freunde die Pflege übernehmen, wird teilweise nur ein geringes Pflegetagegeld gezahlt. Eine Kostenerstattung erfolgt selten. Ein Teil der Belastungen verbleibt also beim Versicherten. Die Kosten müssen außerdem durch Rechnungen nachgewiesen werden. Dies bedeutet viel Papierkram, den entweder der Pflegebedürftige selbst oder die Helfer zusätzlich zur Pflege bewältigen müssen.
Die Pflegetagegeldversicherung dagegen zahlt im Pflegefall einen vereinbarten Geldbetrag pro Tag. Dies ist unabhängig davon, in welchem Umfang und wofür tatsächlich Kosten anfallen. Mit dem Geld können auch Leistungen wie Begleitung beim Spaziergang bezahlt werden, die nicht zu den eigentlichen Pflegeleistungen gehören. Der volle Tagessatz wird normalerweise allerdings erst bei Pflegestufe III fällig. Voraussetzung ist jeweils ein bestimmter Grad an Pflegebedürftigkeit. Viele Versicherungsunternehmen orientieren sich an der Einstufung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse, einige behalten sich eine eigene Überprüfung vor. Vereinzelt verlangen Versicherer in regelmäßigen Abständen einen ärztlichen Nachweis über die Pflegebedürftigkeit, nicht nur bei Minderung oder Wegfall der Pflegebedürftigkeit.
Schwierige Bedarfsermittlung
Eine Bedarfsermittlung ist mit großen Unsicherheiten verbunden. Niemand kann Ihnen sagen, wie in einigen Jahrzehnten die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ausgestaltet oder wie teuer private Pflegeleistungen sein werden. Unsicher dürfte oft auch sein, ob Sie bei Pflegebedürftigkeit von der Familie oder Freunden betreut werden können oder ob nur eine Unterbringung im Heim in Betracht kommt.
Eine Pflegekostenversicherung macht vor allem dann Sinn, wenn Sie mit hohen Pflegekosten rechnen, etwa weil Sie davon ausgehen, dass Sie professionelle Dienste in Anspruch nehmen werden. Das kann der Fall sein, wenn Sie keine Angehörigen haben, die Sie betreuen können. Mit einer Pflegekostenversicherung können Sie einen größeren Teil der Auslagen abdecken, auch wenn es zwischenzeitlich zu erheblichen Preissteigerungen gekommen sein sollte. Eine Pflegetagegeldversicherung dagegen kommt in Betracht, wenn Sie frei über das Geld verfügen möchten. Vorteilhaft ist sie außerdem, wenn Sie Hilfsleistungen nicht bei professionellen Anbietern einkaufen, sondern sich von Angehörigen oder ehrenamtlichen Helfern pflegen lassen. Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass Ihnen die Pflegekosten davonlaufen.
Beitragsvergleich kaum möglich
Wie in der privaten Krankenversicherung steigen bei allen Pflegezusatztarifen die Beiträge mit zunehmendem Eintrittsalter. Frauen zahlen wegen der höheren Lebenserwartung mehr als Männer. Bei bereits bestehenden Erkrankungen können Risikozuschläge, auch Leistungsausschlüsse, erhoben werden. Ebenfalls kann der begehrte Versicherungsschutz abgelehnt werden. Ein Beitragsvergleich ist schon zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht einfach, weil die angebotenen Policen in vielen Punkten differieren und unterschiedliche Leistungsbeschränkungen aufweisen. Welche Gesellschaft auf Dauer, also meist bis an das Lebensende des Versicherten, die günstigste ist, lässt sich nicht vorhersagen. Nach Berechnungen des BdV müssen Sie zum Beispiel für eine private Pflegezusatzversicherung in Form der Pflegetagegeldversicherung mit Anspruch von 50 Euro pro Tag in Pflegestufe III Monat lieh mit folgenden durchschnittlichen Beiträgen rechnen: Bei einem Eintrittsalter von 40 Jahren zahlt ein Mann 25 Euro (möglich bis zu 45 Euro), eine Frau hingegen 35 Euro (bis zu 70 Euro möglich). Bei einem Einstieg zwanzig Jahre später beträgt der Durchschnittbeitrag eines Mannes 50 Euro (bis zu 130 Euro möglich), für eine Frau bereits 85 Euro (bis zu 195 Euro möglich).
Bei den Angeboten auf Leistungsunterschiede achten
Aus verschiedenen Gründen sollten Sie Informationen und Angebote von mehreren Versicherungsunternehmen einholen. Zum einen müssen Anbieter – wie grundsätzlich bei der privaten Krankenversicherung – nicht jeden Versicherten aufnehmen und die Gesundheitsverhältnisse des Antragstellers prüfen. Zum anderen bestehen erhebliche Leistungsunterschiede. Da die Angebote zudem unübersichtlich sind, sollten Sie die Zusatzversicherungen im Detail prüfen. Achten Sie vor allem auf folgende Punkte:
> Die Versicherung sollte sowohl für die häusliche sowie für die Pflege im Heim aufkommen und Leistungen für alle drei Pflegestufen gewähren, weil Sie nicht im Voraus wissen können, welche Art der Pflege Sie später benötigen.
> Wenn eine Pflege durch Angehörige oder Freunde in Betracht kommt, sollte das Pflegetagegeld nicht niedriger sein als für professionelle Pflegekräfte.
> Bei steigenden Pflegekosten sollten Sie die Möglichkeit haben, das Pflegetagegeld nachträglich zu erhöhen – und zwar ohne erneute Gesundheitsprüfung und Risikozuschläge.
> Die Leistungspflicht sollte einsetzen, wenn die gesetzliche Pflegeversicherung die Pflegebedürftigkeit anerkennt. Die private Versicherung sollte außerdem die Pflegestufe der gesetzlichen Pflegeversicherung übernehmen. So werden zusätzliche medizinische Untersuchungen vermieden. Hilfreich wäre es, wenn der Versicherer nicht in regelmäßigen Abständen Atteste über die Pflegebedürftigkeit verlangt. Ausnahme: Wegfall oder Minderung der Pflegebedürftigkeit.
> Das Versicherungsunternehmen sollte auf das ordentliche Kündigungsrecht innerhalb der ersten drei Vertragsjahre verzichten.
> Problematisch ist die teilweise übliche dreijährige Wartezeit, bei der im Pflegefall erst nach Ablauf dieser Fristen gezahlt wird. Achten Sie darauf, dass der Versicherer auf diese verzichtet.
> Vereinzelt sind Karenzzeiten (meistens 91 Tage) vorgesehen, bevor der Versicherer leistet. Auf diese sollte der Versicherer verzichten.
> Günstig ist es, wenn Sie bei Eintritt des Pflegefalls keinen Beitrag mehr zahlen müssen.
Geben Sie in Ihrem Schreiben zur Angebotseinholung auf jeden Fall Ihr Geburtsdatum, Ihr Geschlecht und Ihren Beruf an und erkundigen Sie sich nach den letzten und eventuell bevorstehenden Beitragserhöhungen.
Anonyme Risikovoranfrage empfehlenswert
Wie bei der privaten Krankenversicherung müssen Sie Fragen nach Ihrem Gesundheitszustand wahrheitsgemäß beantworten. Vor allem, wenn Sie bereits gesundheitliche Probleme haben, sollten Sie beim Abschluss einer Pflegezusatzversicherung über einen Versicherungsberater oder Versicherungsmakler anonyme Risikovoranfragen nutzen (vgl. hierzu Angebote einholen und vergleichen).
→ Berücksichtigen Sie bei der Bedarfsermittlung, dass die Pflegezusatzversicherung nicht alle Pflege- oder Heimkosten abdecken muss. Hotelkosten für Unterbringung und Verpflegung können Sie gegebenenfalls von der gesetzlichen Rente und anderen regelmäßigen Einkünften abdecken.
→ Als Anreiz für die Eigenvorsorge können Sie die Beiträge zur privaten Pflegezusatzversicherung bis 184 Euro pro Jahr in der Steuererklärung als Sonderausgaben geltend machen, allerdings nur wenn Sie nach 1957 geboren sind.